Verrueckt nach Liebe
mein Gott«, flüsterte er. Er hatte sich noch nie so schnell und so heftig verliebt, und es jagte ihm eine Mordsangst ein. Ängstigte ihn mehr als Taliban-Patronen, die an seiner Nase vorbeizischten und links von seinem Ohr in den Granitberg knallten. Er war beim Militär darin ausgebildet worden, wie man sich im Kampf verhielt. Vom Sheriff’s Department ausgebildet worden, wie man einen Verbrecher aufhielt, der flüchten will. Aber das hier? Das war Neuland für ihn. Dafür gab es keine Ausbildung. Kein In-Deckung-Gehen. Kein Zurückschlagen. Es gab nur Lily und die Gefühle, die sie in ihm auslöste.
Kapitel sechs
Am Montagmorgen fuhr Lily mit ihrem Jeep Cherokee auf den Parkplatz der Crockett-Grundschule. »Mein letzter Termin ist um vier. Es ist nur Schneiden und Stylen, sodass ich gegen sechs zu Hause sein sollte.« Sie hielt am Gehsteig und reichte Pippen seinen Angry-Birds-Rucksack vom Rücksitz. »Was wünscht du dir zum Abendessen?«
Er trug seine rote Jacke, deren Reißverschluss er sich bis zum Kinn hochgezogen hatte, und brummelte in den Nylonkragen: »Pizza.«
Logo. Sie beugte sich zu ihm. »Gib mir einen Kuss.«
Er schnallte sich ab. »Heute Abend«, vertröstete er sie. Er gab ihr schon seit letztem Jahr vor der Schule keinen Kuss mehr, aber einen Versuch war es immer wert. »Kommt Tucker heute zum Basketballspielen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Er muss arbeiten. Ich hab nicht mit ihm gesprochen.« Nicht, seit er gestern gegen Mittag ihr Haus verlassen hatte. Nur eine halbe Stunde, bevor Ronnie Pippen wieder zu Hause abgesetzt hatte. Vier Stunden zu früh, doch das war typisch für Ronnie. Sie war nicht sehr überrascht gewesen. Nur heilfroh, dass sie allein gewesen und schon geduscht hatte.
Pippen öffnete die Tür und stieg aus. »Vielleicht kommt er ja.«
»Vielleicht.« Sie winkte ihm zum Abschied zu. »Hab dich lieb, Pippen.«
»Ich dich auch, Mom.« Er schlug die Tür zu und lief zu seinen Freunden, die bei den Spielplatzgeräten rumlungerten. Sie nahm den Fuß von der Bremse und fuhr vom Parkplatz. Ihr erster Termin war erst gegen zwölf. Ihre stellvertretende Geschäftsführerin war kompetent genug, den Laden in Lilys Abwesenheit allein zu schmeißen.
Sie hielt an einer roten Ampel und dachte an das letzte Mal, als sie im Salon gewesen und in ihrem Büro Sex mit Tucker gehabt hatte. Der Sex war so gut gewesen, dass sie seinen Namen vielleicht ein bisschen zu laut gestöhnt hatte. Sie hoffte, dass dem nicht so war und alle bereits gegangen waren, wie er behauptet hatte. Bis sie sich wieder angezogen und das Büro verlassen hatten, war der Laden leer gewesen. Zum Glück.
Nachdem sie an jenem Abend den Salon verlassen hatte, war Tucker in seinem Truck hinter ihr hergefahren und sie hatten den Rest des Abends in ihrem Bett verbracht – Sex gehabt und geredet. Zumindest sie hatte geredet. Ihr war, als hätte er jedes Mal, wenn sie ihm eine persönliche Frage stellte, rasch das Thema gewechselt oder sie geküsst, bis sie keine Lust mehr zum Reden hatte.
Sie fuhr den Jeep Cherokee in die Garage und schloss das Tor. Sie konnte über seine wortkargen persönlichen Auskünfte nicht so richtig wütend sein, da es auch in ihrer Vergangenheit gewisse Dinge gab, über die sie nicht sprechen wollte.
Noch bevor sie durch die Hintertür ins Haus gelangt war, klingelte das Handy in ihrer Handtasche. Sie nahm an, dass es jemand vom Salon war, und ging ran, ohne auf die Nummer zu achten. »Hier ist Lily.«
»Hier ist dein Nachbar. Komm rüber, damit ich dir einen Gutenachtkuss geben kann.«
Lily lächelte. »Mom?«
Tucker lachte, und sie konnte sein Lächeln förmlich vor sich sehen. Ein Lächeln, das um seine Lippen spielte und seine braunen Augen aufleuchten ließ. »Komm rüber, oder ich komme und hole dich.«
Das konnte sie nicht zulassen. Ihre Mutter könnte reinplatzen und sie überraschen. »Gib mir ein paar Minuten.« Sie legte auf und zog das Yoga-Outfit aus, das sie anhatte, weil sie trainieren wollte. Doch jetzt hatte sie ein ganz anderes Training im Sinn und schlüpfte in ein rosablau getupftes Nachthemd, einen rosa Tanga und rosa Cowboystiefel. Sie band sich ihren Trenchcoat um die Taille zu und überprüfte im Spiegel ihren rosa Lippenstift.
Am hinteren Teil des Zaunes, der ihren Garten von Tuckers trennte, fehlten drei Latten. Griffin, der Neufundländer des vorherigen Besitzers, hatte lieber in ihrem Garten getobt; und egal wie oft sie die Latten wieder
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