verrueckt nach mehr
geht es dir inzwischen?«
Ich senkte den Blick und zuckte stumm mit den Schultern.
Einen Moment herrschte betretenes Schweigen.
Ein kleiner Junge, etwa zehn Jahre alt, kam die Treppen heruntergepoltert, stürmte an uns vorbei nach draußen.
»Ich würde mich wirklich gerne mit dir unterhalten, wenn du Zeit hast ...«, sagte Derek und klang auf einmal richtig mi t genommen.
Verwundert sah ich zu ihm hoch. »Danke, aber ich muss nicht über den Unfall reden.«
Er schüttelte hastig den Kopf. »Nein, nein. Es geht um e t was anderes«, sagte er und mir wurde ganz plötzlich seltsam unwohl. Ich wollte rauf in unsere Wohnung und dort weiter versuchen, mit Sergio in Kontakt zu treten, aber Dereks Augen sahen mich entsetzlich deprimiert an.
»Können wir uns vielleicht für ein halbes Stündchen in i r gendein Café reinsetzen? Ich lade dich selbstverständlich ein, Lexi.«
»Über was willst du denn mit mir reden?« Ich war veru n sichert.
»Das ist kompliziert ...«
»Okay«, sagte ich schließlich. Aus irgendeinem Grund hatte ich auf einmal das ungute Gefühl, dass Dereks Problem auch mich betreffen könnte. »Ich kenn ein ganz gutes türk i sches Café, wenn du Lust hast?«
»Ja, völlig in Ordnung«, sagte er erfreut.
Kurze Zeit später saßen wir uns im »Simit Sefasi« gege n über und rührten in unseren Teegläsern.
Derek wusste scheinbar nicht, wie er mit seinem Anliegen beginnen sollte, und verbrachte die ersten Minuten damit, Bemerkungen über die nette Atmosphäre und die leckeren Angebote auf der Speisekarte zu machen. Er sah verpennt aus, mit dunklen Ringen unter den Augen und blassen, eingefall e nen Wangen.
»Warum sitzen wir hier zusammen, Derek?«, fragte ich schließlich, als wäre ich die Erwachsene.
Derek Bender ließ den Blick schwermütig umherwandern, sah immer wieder nach draußen auf die belebte Einkaufstraße und räusperte sich, als hätte er einen Kloß im Hals. »Lexi, ich ... Vielleicht sitzen du und ich im selben Boot?«
»Wie meinst du das?«, fragte ich verwundert.
»Ich mag deine Mutter. Ist dir sicher nicht entgangen. G e nau genommen mag ich sie sogar sehr ...«
»Ich weiß.«
»Eigentlich glaube ich, dass ich ... dass ich sie wahrschei n lich liebe. Ja, so ist es. Ich denke, ich hab mich in sie verliebt. Denn ... sie ist nicht nur hübsch, sondern einfach ein toller Mensch, und ich glaube kaum, dass irgendwer meinen ve r drehten Humor besser versteht als sie. Aber ... ich komme nicht an sie heran ... Ich meine das hauptsächlich im romant i schen Sinne, Lexi, versteh mich nicht falsch ... Jedenfalls ... ich war bisher sehr geduldig und hab sie nie aufgegeben, wie du eventuell mitbekommen hast. Ich will sie nicht aufgeben, obwohl sie manchmal nicht einfach ist, aber ... jetzt fürchte ich, dass ich sie verliere ...«
Ich war irritiert. »Warum denn? Ich dachte, seit Weihnac h ten versteht ihr euch wieder prima.«
Er sah mich eindringlich an. »Hat sie mit dir über Mü n chen gesprochen?«
Ein plötzliches Unbehagen durchfuhr mich bei diesem Stichwort wie ein Blitz. »Nein, wieso sollte sie?«
Derek machte eine bedrückte Miene. Er schien unsicher, wie weit er sich mir gegenüber öffnen sollte. Aber dann sagte er: »Weil sie neulich zu mir meinte, dass ihr möglicherweise nach München zieht ...«
Bei diesen absurden Worten konnte ich ihn nur unve r wandt anstarren.
Derek fuhr seufzend fort: »Ich dachte, dass sie das nur so dahersagt. Aber sie hat es dann ein zweites Mal erwähnt, als wir neulich in der Spätschicht zusammensaßen. Da hab ich sie gefragt, ob diese Schnapsidee etwas mit ihrem Ex-Mann ... also, ähm, deinem Vater, zu tun hat? Leider hat sie herumg e druckst, als ginge mich das nichts an.«
Was sagte er da? »Oh mein Gott! Das ist nicht wahr, oder? Sag, dass das alles nicht wahr ist!«
Panik stieg in mir auf.
»Leider erzähle ich dir die volle Wahrheit, Lexi.«
»Das kann nicht sein«, sagte ich wie in Trance. Ich fühlte mich auf einmal ganz schwach.
»Deine Mutter beteuert, ihr Plan habe nichts mit deinem Vater zu tun, sondern ... mit dir.«
Es wurde immer besser! »Mit mir? Wieso mit mir?« Ich sah Derek ungläubig an. Meine Hände zitterten, als ich nach meinem Teeglas griff. Ich hoffte, einen Schluck Tee zu trinken würde helfen, die Realität auf magische Weise zu verändern, oder genauer gesagt, den Inhalt unserer Unterhaltung als schlechten Scherz zu entlarven.
»Sie sagt, sie mache sich Sorgen um dich«, verriet mir D e rek
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