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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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Kopf zu geben?«
    »Red nicht so neunmalklug daher! Als ich mich auf der Insel umgeschaut habe, bevor wir herkamen, habe ich in einer der anderen Hütten eine Angelausrüstung gesehen. Sogar künstliche Köder. Und jede Menge Gläser voller Zeug, das so aussieht, als würde sich ein Fisch dadurch täuschen lassen. Morgen werden wir uns ausleihen, was wir brauchen, und angeln gehen. Okay?«
    Es entstand eine lange Pause, bevor sie sagte: »Du brichst nicht gleich in der Früh auf?«
    »Montag ist besser«, sagte er voller Überzeugung. »Morgen werden all die Sonntagskapitäne unterwegs sein. Die haben alle keine Ahnung vom Bootfahren. Es ist ziemlich gefährlich, wenn man zwischen die gerät. Montag ist viel besser.«
    »O ja, das glaube ich auch! Ich würde gern angeln gehen! Was, glaubst du, werden wir hier fangen?«
    »Wale, Haie, Lachse, Schnapperfische, Dorsche, Barsche, Flundern – Du hast die schönsten Augen, die ich je gesehen habe. Habe ich dir das schon mal gesagt? Solche Augen gibt es auf der ganzen Welt nicht noch einmal.«
    Sie sprachen über seine Vergangenheit und über ihre Vergangenheit und über die Dinge, die sie beide haßten, und über die Dinge, die sie beide mochten. Sie war überrascht, daß er Pferde haßte.
    »Du kennst sie nicht so gut wie ich«, sagte er. »Damals, als ich etwa sieben Jahre alt war, waren wir bei einem Freund meines Vaters zu Besuch, und niemand hatte mich gewarnt, daß ein Teufel auf der Weide war. Ich hatte eine Abkürzung vom Bach zum Haus genommen und lief querfeldein, und dann kann ich mich nur noch erinnern, daß dieses Ungeheuer von Pferd auf mich losging. Roter Teufel, so hieß es. Es gehörte zu ihrem Rennstall, sie machten eine Menge Geld mit ihm, und dafür war es gut. Es griff mich an, ich rannte zu einem Baum und duckte mich dahinter, und es kam hinter mir her und um den Baum herum. Eine Stunde lang wich ich diesem Teufel aus, indem ich immer wieder den Baum zwischen uns brachte. Ich hatte gar keine Zeit, den Versuch zu machen, hinaufzuklettern, und ich wußte, daß ich es niemals bis zum Zaun und hinaus aus der Koppel schaffen würde. Nach den ersten paar Minuten hatte ich keine Puste mehr, um weiter nach Hilfe zu brüllen. Pferde sind dämlich, und dieses hatte dazu noch eine Killermentalität. Dämlichkeit und Wahnsinn. Eine Scheißkombination. Ich hätte es mit Wonne umgebracht, wenn ich etwas gehabt hätte, womit ich es hätte tun können. Doch so konnte ich nichts anderes machen, als um den Baum herumzuhüpfen. Später erklärte man mir, daß das Tier durch meine roten Haare gereizt worden war.«
    Sie lagen miteinander verschlungen im Bett. Sie nahm ihn noch fester in die Arme. »Und wenn du hingefallen wärst? Es hätte dich zu Tode getrampelt! Oh, Corky, ich hasse Pferde ebenfalls. Und dein Vater ist auch von einem verletzt worden. Ich kann deine Abneigung gut verstehen.«
    »Es war nicht direkt ein Pferd, das ihn erwischt hat«, sagte er und vergrub das Gesicht in ihren Haaren. »Es war beim Pokerspielen. Er hatte getrunken und stand auf, um sein Glas neu zu füllen, und als er sich wieder setzen wollte, verfehlte er seinen Stuhl. Er brach sich das Steißbein. Und sein Einsatz war auch verloren.«
    »Oh«, sagte sie, da sie sich nicht sicher war, ob sie Mitleid zeigen oder lachen sollte. »Meine Eltern haben ihr Haus gleich nach ihrer Eheschließung gekauft, und sie wohnen immer noch darin. Ihre Vorstellung von Urlaub erschöpft sich darin, für ein paar Wochen in irgendein Seebad zu fliegen oder an einen Ferienort, wo ein paar Freunde von ihnen auch sind, und anschließend wieder heimzureisen. Ihre Freunde wissen, wann ich meinen ersten Zahn bekommen und mein erstes Wort gesagt habe und aufs Töpfchen gehen konnte, alles. Meine Schwestern und ich nannten die meisten ihrer Freunde Onkel oder Tante Soundso. Eines Tages habe ich eine Unterhaltung mitgehört, in der Onkel Jack meinem Vater riet, mir unbedingt eine gute Ausbildung angedeihen zu lassen, da ich es in puncto Schönheit mit meinen Schwestern nicht aufnehmen könnte, ja, nicht einmal mit meiner Mutter.«
    »Laß uns Onkel Jack suchen und ihn umbringen«, sagte er.
    »Wir wollen ihn auf die Weide zum Roten Teufel schicken.«
    Wie schaffte sie es nur, so gut zu riechen, fragte er sich. Sie hatten die gleiche Seife benutzt, waren im selben Wasser gesessen, und sie roch wunderbar. Als er ihr das sagte, beharrte sie darauf, daß er genauso gut röche, und sie schnupperten begeistert aneinander

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