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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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verschrammten Tisch und die derben Stühle und brach in Lachen aus.
    »Schlechtes Weib!« rief er, rutschte unter Wasser und zog sie mit sich.
    Sie lachten und spielten und liebten sich, bis das Wasser kühl wurde; dann trockneten sie sich gegenseitig ab und wickelten sich in Decken.
    »Schläfrig?« fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ich bleibe heute nacht auf; weißt du, es ist unsere letzte Nacht, und überhaupt. Aber wenn du müde bist, können wir ein bißchen schlafen.«
    »Ich habe das gleiche gedacht«, sagte er. Er schob noch mehr Holz in den Ofen, nahm ihre Hand und führte sie zum Tisch. »Wir sollten über die Zeit nach morgen sprechen«, sagte er. »Ich meine, keiner von uns beiden ist irgendwie verpflichtet oder so, und wenn ich weggehe und wegbleibe, an einem sicheren Ort, wie zum Beispiel Buenos Aires, nun, ich meine, du hast eine großartige Zukunft vor dir, eine Karriere, ein gutes Leben. Wahrscheinlich wirst du viel Geld verdienen, reisen.«
    »Du auch«, sagte sie und nickte. »Wenn du dir für einen neuen Anfang genug zusammengeklaut hast, dann wirst du wieder zeichnen, nehme ich an, und dir eine Frau suchen. Eine, die besser zu dir paßt; eine Frau, die dich nur glücklich machen will, ohne Fragen zu stellen.«
    »Vielleicht werde ich Cowboy. Jeder Junge träumt davon, Cowboy zu werden. Dort unten gibt es sie immer noch, in den Steppen. Manchmal bleiben sie lange Zeit ununterbrochen draußen und kochen sich Tee in einem komischen Behälter. Ich zeig’s dir.« Er fing an, eine Skizze zu machen; sie beobachtete sein Gesicht. »Es ist eine Art Kolben mit einem Henkel, ein dreibeiniges Gestell und ein Löffel mit einem Stiel aus Strohhalmen. Ganz hübsch. Und der Tee wird damit auch nicht schlecht. Gut gegen kalte Nächte in der Steppe. Dort kann es ganz schön kalt werden, weißt du.« Seine Stimme wurde während des Sprechens immer verhaltener, und schließlich verebbte sie ganz. Er sah auf und merkte, daß sie ihn beobachtete. Sie wandte den Blick schnell ab. »Noch so eine merkwürdige Erinnerung«, sagte er wegwerfend.
    »All die Dinge, die ich gesagt habe«, fing sie an, ohne ihn anzusehen, »du weißt schon, über deine Haare und deine Augen und so. Es tut mir leid. Ich hatte unrecht. Eigentlich bist du ein gutaussehender Mann, wirklich attraktiv.«
    Er blies Luft durch die Nase. »Ich weiß, wie ich aussehe. Aber ich hätte nie geglaubt, daß du dich selbst nicht hübsch findest. Es ist einfach unglaublich, daß es nicht so ist. Vielleicht läuft irgendwo auf der Welt ein Typ rum, der gut genug für dich ist, aber ich wüßte verdammt nicht wo und wer es sein könnte. Ich möchte das nächste Dutzend Jahre oder so nur damit zubringen, dich zu zeichnen.«
    »Du hast mir das Gefühl gegeben, schön zu sein«, flüsterte sie. »Zum erstenmal habe ich mich schön gefühlt. Es ist ein wunderbares Gefühl. Ich danke dir.«
    Seine Stimme war so belegt, daß sie kaum hörbar war. »Und du hast mir das Gefühl gegeben, ein toller Kerl zu sein. Das werde ich nie vergessen.«
    Nach einer Weile fragte sie: »Kannst du dich an niemanden erinnern, der weiß, was mit dir passiert ist? Der es wieder in Ordnung bringen könnte?«
    Er hob die Schultern. »Die Wissenschaftler streiten ab, daß überhaupt irgend etwas passiert ist. Sie haben keine Erklärung dafür, und ihrer Meinung nach kann es gar nicht passiert sein. Und sonst gibt es niemanden.« Er hatte den letzten Satz noch nicht ganz ausgesprochen, da wußte er schon, daß er nicht ganz stimmte. Er konnte die Gedanken der Menschen mitdenken, aber nur zur gleichen Zeit, in der sie selbst sie dachten. Irgend jemand mußte wissen, was passiert war, und irgendwann einmal müßte er es denken. Das bedeutete, wenn er es weiterhin versuchte, so lange, bis er diese Person gefunden hatte und zum richtigen Zeitpunkt ihr Denken teilte, und wenn er sich dann beim Zurückkommen erinnerte, falls er zurückkäme … Er spürte, wie ihn eine starke Beklemmung befiel bei der Vorstellung, freiwillig ›dorthin‹ zu gehen. Man hatte ihm mit Warnungen und Drohungen geraten, wegzubleiben, dachte er benommen und wußte nicht, wer ihm diese Idee eingegeben hatte und was das alles bedeutete.
    »Weißt du, was ich möchte, bevor wir dieses kleine Paradies verlassen?« fragte er. »Frischen Fisch. Kennst du dich im Fischefangen aus?«
    »Ich weiß, daß man irgendwelches Gerät braucht, Schnur, Spule, Köder. Oder hast du vor zu tauchen und ihnen eins auf den

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