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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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sich zu rühren, bevor er sicher war, daß sie schlief. Da war ein dicklicher Junge, der mit einem Computer spielte, und Männer in Uniform, die Raketen testeten, und andere Männer, die mit Robotern im Weltraum sprachen. Da waren Wissenschaftler, die in einem Dutzend Sprachen über Geheimnisse diskutierten, und da der Gedanke ein Teil von ihnen allen war, waren die verschiedenen Sprachen kein Hindernis. Die Symbole des Gedankens waren dem Teil des Gedankens, der Corky war, zugänglich.
    Eine zeitlose Zeit lang gab es nur noch Bewußtsein ohne Ich-Bewußtsein. Es gab kein Ich mehr, kein Ego, doch dann wandelte sich das Bewußtsein kaum merklich. Der Gedanke strömte durch jeden hindurch, doch hin und wieder wurde er abgewiesen, wurde ihm das Eindringen verwehrt, und er fühlte sich grob zurückgestoßen. Er versuchte noch angestrengter, in eine andere Richtung zu blicken, um zu erreichen, daß er in jenes Etwas eindringen konnte, das undurchdringbar zu sein schien, und er wurde noch heftiger zurückgestoßen, und zum erstenmal erkannte der Gedanke, der Corky war, daß er nicht Teil des Eskimos war, des Jungen, der sein Mädchen auf so verschrobene Art liebte, der Frau, die ihren Kindern etwas vorlas. Wie ein Kleinkind, das sich zu einem Wesen mit Ich-Bewußtsein entwickelte, wurde er sich seines Ichs bewußt, wurde ihm bewußt, daß davon eine Bedrohung ausging. Ihm wurde bewußt, daß die weitverstreuten Teile seines Ichs irgendwo einen Kern hatten, daß es ein Ich gab, und das Ich war ein Mann, der sich selbst für Corky hielt. Mit der Erkenntnis, daß es ein Ich gab und geben mußte, fügten sich die Teile, die über den ganzen Erdball verstreut waren, zu einer Einheit zusammen.
    Während er sich wieder zu einer Einheit zusammenzog, kehrte die Erinnerung zurück. Er hatte diese Frau, diese Minerva, skizziert und war ihr in das Gebäude gefolgt. Um ihren Gang zu beobachten. Tatsächlich war es genau dieses Gebäude. Er erinnerte sich an den Ausdruck, nicht ausgesprochen ängstlich, doch besorgt, der über ihr Gesicht gehuscht war, als sie merkte, daß er ihr folgte. Dann war er hinter ihr zurückgeblieben, hatte sich abgewandt und sich direkt vors Fenster gestellt. Dieses Fenster; und dort war sie.
    Er fühlte sich nicht ganz wie er selbst und wußte nicht, woher dieses Gefühl der Fremdheit kam. Vielleicht war es ein vorübergehender Schwindelanfall, eine Bewußtseinstrübung von einer Sekunde oder zwei, irgend so etwas. Er räusperte sich, und die Frau drehte sich um und schrie auf. Corky zerstob wieder, hatte keine Beherrschung mehr über sich.
    Diesmal versuchte Corky, sich so lange wie möglich an den Kern seines Ich-Bewußtseins zu klammern, obwohl er schneller als mit Lichtgeschwindigkeit zerstob. Sehr entschieden sagte er: »Scheiße!« Kein Ton entrang sich ihm, da er keinen Körper hatte, keine Lunge, keine Kehle, doch es war eine gewisse Befriedigung, einen Protest zu äußern, auch wenn es ein schweigender war. Er mußte sich an die große Frau klammern, sie als Anker benutzen. Die Einsicht war über ihn gekommen, daß er einen Anker brauchte.
    Aber es gelang ihm nicht. Selbst während er noch den Gedanken des Festhaltens hatte, setzte sich der Prozeß des Verstreutwerdens fort und wurde vollendet. Und wieder war Corky verloren in dem Gedanken, auf dem die ganze Welt beruhte.
     
    – Da ist er wieder. Das ist sehr merkwürdig, was? Ich meine, er ist so ganz anders als wir alle, und doch kann er hierherkommen. Die ganze Geschichte ist mir völlig schleierhaft.
    – Mir auch, Mann. Er ist überall, taucht hier auf und dort. Ich? – Ich bin dabei nicht gefragt worden. In einem Moment lag ich blutend auf der Straße, und das nächste, das ich weiß, ist, daß ich hier bin, und es ist so sicher wie nur was, daß ich nicht zurück kann. Wäre auch ganz schön bescheuert, das zu wollen. Weißt du, wer er ist?
    – Ich habe schon das letztemal nachgesehen, als er hier erschien. Niemand. Ein einfacher Niemand, nichts Besonderes. Eher das Gegenteil, würde ich sagen.
    – Das habe ich mir gedacht.
    – Ich möchte mal wissen …
    – Hm, was denn?
    – Nachdem er den ganzen weiten Weg zurückgelegt hat, um hier reinzukommen, glaubst du, er käme wieder raus, könnte wieder nach dort drüben zurückkehren? Ich meine, er ist nicht wie die anderen, die mal einen Blick hereinwerfen. Er möchte unbedingt Zutritt bekommen, ist scharf auf einen Besucherpaß.
    – Wie ich sagte, er ist überall. Als du ihn beobachtet

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