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Verschärftes Verhör

Verschärftes Verhör

Titel: Verschärftes Verhör Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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das Schlimmste vor und stellte genügend Alkohol bereit, um mögliche körperliche oder seelische Schmerzen zu betäuben.
    Harry wusste nicht recht, ob er erleichtert sein sollte, als er jemanden auf den Beifahrersitz von Morrows Mercedes entdeckte. Hatte er sich Verstärkung mitgebracht? Nicht ausgeschlossen. Andererseits schien Morrow nicht zu jenen zu gehören, die ihre Probleme gewaltsam lösten. Vielleicht sollte der Begleiter nur dafür sorgen, dass Harry friedlich den Rückzug antrat. Doch es war weder Janson noch Robinson oder sonst jemand aus Saigon, sondern Susan. Sie trug ein lavendelfarbenes Hemdblusenkleid mit passendem Chiffonschal und wirkte vor der Kulisse der heruntergekommenen Kolonialvilla ungezwungen und doch fehl am Platz.
    Sie beschirmte die Augen mit der Hand und blickte nach oben, wo Harry am Fenster stand. Er wich unwillkürlich zurück.
    »Er versteckt sich vor uns«, hörte er sie lachend zu Morrow sagen. »Ich habe ihn am Fenster gesehen.«
    »Vermutlich schwärmt er für dich«, meinte Morrow belustigt.
    »Harry, wir haben Sie gesehen!«, rief sie. »Kommen Sie, wir beißen nicht.«
    Harry drückte sich flach gegen die Wand und wünschte sich verzweifelt, er könne die Uhr um einige Minuten zurückdrehen. Er kam sich ungeheuer dämlich vor. »Bin gleich da«, rief er betont fröhlich.
    Susan und Morrow waren schon ins Haus gegangen und hatten es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht, als Harry dazukam. Die Villa gehörte ihm nicht, wohl aber der Schnaps. Daher missfiel es ihm, dass Morrow sich zwanglos am zwölf Jahre alten Single Malt bediente.
    »Ich wusste nicht, dass Sie jemanden mitbringen«, sagte Harry gereizt.
    Morrow stellte drei geschliffene Kristallgläser auf den Barwagen. »Susan drängt mich schon seit Monaten, weil sie sich Ihr Teleskop ansehen möchte. Sie hat gesagt, Sie hätten sie eingeladen.«
    Harry warf ihr einen Blick zu.
    »Sicher haben Sie mich eingeladen«, sagte sie augenzwinkernd. »An dem Nachmittag im Duc, wissen Sie nicht mehr?«
    »Ich habe mich nie bedankt, dass Sie sich um Susan gekümmert haben. Leider wurde ich im Büro aufgehalten. Susan hält große Stücke auf Sie.« Morrow schenkte zwei Gläser Scotch ein und winkte Harry mit der Flasche. »Für Sie auch?«
    Harry nickte eifrig. Den hatte er jetzt nötig. »Bleiben Sie beide zum Essen? Dann sage ich An Bescheid.«
    »Ja, und auch zum Frühstück. Susan jedenfalls.« Morrow hielt ihm ein Glas hin. »Ich würde auch über Nacht bleiben, aber ich muss zurück nach Saigon. Es macht Ihnen doch nichts aus, ihr alles zu zeigen, oder?«
    »Nein.« Harry kippte den Scotch hinunter. Susan zwinkerte ihm über Morrows Schulter erneut zu. »Ganz und gar nicht.«
    »Gut, dann können Sie morgen mit Susan zurückfahren.«
    »Morgen?«
    »Ja. Ich habe für morgen Nachmittag eine Besprechung angesetzt. Geht das in Ordnung?«
    »Ja, natürlich«, murmelte Harry.
    »Dann wäre das also geklärt.« Morrow prostete ihm zu. »Auf Harry und sein Celestron.«
    »Ja«, sagte Susan, »auf Harry.«
    »Glaub ja nicht, ich wüsste nicht, dass du mich benutzt«, sagte Harry später am Abend zu ihr, nachdem Morrow aufgebrochen war. Sie saßen auf der Veranda und warteten, dass An sich in ihre Unterkunft zurückzog. Es war sinnlos, die Fassade aufrechtzuerhalten. Die Haushälterin hatte deutlich gezeigt, dass sie wusste, was vorging, aber sie hatten sich an die Täuschung gewöhnt.
    Susan zog zufrieden an ihrer Zigarette, legte den Kopf in den Nacken und schaute zum Himmel hinauf. »Es bewölkt sich.«
    »Weiß er Bescheid?« Harry wusste Morrows Bemerkungen von vorhin nicht einzuordnen.
    Susan lachte. »Natürlich nicht. Er würde dich umbringen.«
    Ihr Tonfall ließ erkennen, dass sie es ernst meinte.
    »Du wirst doch jetzt nicht spießig, oder? Ich meine, ausgerechnet du, das ist dir doch nicht neu.«
    »Was soll das nun wieder heißen?«
    »Du verstehst dich doch auch darauf, Menschen zu benutzen. Ich spiele immerhin mit offenen Karten.«
    Sie hatte natürlich recht.
    Susan berührte seine Hand. »Ich mag dich, Harry. Können wir nicht einfach ein bisschen Spaß haben?«
    Sie verströmte einen üppigen Duft, der ihn an ein französisches Kaufhaus erinnerte. Das Aroma von teurem Parfum, Kosmetika und Seidenpapier. Wie ein Geschenk, das man eigens für ihn eingepackt hatte.
    Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie. Natürlich war es gewagt, aber er konnte nicht anders.
    Dann drang Ans Stimme aus dem Haus. »Mr Harry,

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