Verschärftes Verhör
dich kümmern.«
»Und wo würde ich leben?«, erkundigte sich Jamal, der sich mit der Idee schon anzufreunden schien.
»Das weiß ich nicht genau. Vielleicht wieder in Spanien.«
Seine Augen leuchteten auf. »Oder in Amerika?«
»Das kann ich dir nicht sagen.« Aber es war möglich, oder? »Vielleicht.«
Schon hatte sie das Schlimmste hinter sich.
Die Decke, die als Zellentür diente, wurde beiseitegeschoben, und Hariri steckte den Kopf herein. »Da ist ein Mann für dich. Im Verhörzentrum.«
Kurtz, dachte Kat. Der Hai, der seine Beute witterte.
»Ich komme nachher wieder«, sagte sie zu Jamal und folgte Hariri in den Flur.
»Wie geht es dem Prinzen?«, erkundigte sich Hariri.
»Wem?«
»Dem Prinzen«, wiederholte Hariri und deutete auf die Zelle. »So nennt die MP deinen Jungen.«
Kat lächelte, als sie den Spitznamen hörte. »Den Umständen entsprechend. Er hat mir eine verrückte Geschichte über ein Lager in Herat erzählt, in dem es muslimische Soldatinnen geben soll. Er behauptet, dort hätten er und seine Kumpel hingewollt.«
»Die MEK?«, fragte Hariri.
Kat schüttelte den Kopf. Sie war keine Expertin für die MEK, wusste aber, dass sie nicht in Afghanistan operierten. Die Gruppe steuerte ihre militärischen Unternehmungen traditionell vom Irak aus.
Die Mojahedin-e Khalq oder Volksmudschaheddin waren ursprünglich von Studenten der Universität Teheran gegründet worden und hatten eine wichtige Rolle in der iranischen Revolution gespielt. Seitdem hatten sie sich jedoch zu einem bizarren Militärkult entwickelt, der marxistische Ideologie und islamische Theologie mit grellem Feminismus verband.
Nicht lange nach dem Sturz des Schahs hatten sich die Ajatollahs, die sich von der aufkommenden Macht der MEK bedroht fühlten, eine gewalttätige, blutige Kampagne gegen die Gruppe gestartet. Alle Führer wurden eliminiert, die wenigen verbliebenen Mitglieder waren ins französische Exil geflohen. Unter dem Einfluss eines charismatischen Führers, seiner Frau, die einen eisernen Willen besaß, und mit Hilfe überaus gutsituierter Freunde hatten sie sich vollkommen neu aufgestellt.
»In Herat?«, fragte Kat skeptisch.
»Eher nicht«, stimmte Hariri zu.
»Für mich hörte es sich an, als hätten sie ihn zum Narren gehalten.«
Sie hatten das Verhörzentrum erreicht, und Hariri öffnete rasch die Tür.
Ich habe es getan, dachte Kat und wappnete sich für die Begegnung mit Kurtz. Sie hatte getan, was er von ihr verlangte, und fühlte sich gar nicht wohl dabei.
Doch nicht Kurtz wartete auf sie, sondern Colin. Er war schmutzig, sein Gesicht und die Kleidung voller Schmiere und Dreck. Unter dem rechten Auge, das schon blau anlief, klebte getrocknetes Blut.
»Ich höre, du warst im Camp Gibraltar«, sagte er. »Ich bin sofort gekommen.«
»Mitchell!« Stuart weckte sie am nächsten Morgen. Seine Stimme drang in die Dunkelheit des Frachtcontainers, in dem sie schliefen. Die riesige Kiste war eine von vieren, aus denen man die britische Verhöreinheit gezimmert hatte. Es gab keine Hinweise darauf, dass dort jemals Gefangene untergebracht gewesen waren, doch waren Kat und Colin offenbar nicht das erste Paar, das hier Zuflucht gesucht hatte. »Hey, Mitchell, deine Freundin hat einen Besucher am Tor. Einen amerikanischen Zivilisten namens Kurtz.«
Colin rollte sich herum und schaltete die Campinglaterne ein, die er mitgebracht hatte. Er warf einen Blick auf die Uhr.
»Wie spät ist es?«, erkundigte sich Kat.
»Halb sieben.«
»Scheiße!« Sie hatten fast zwölf Stunden geschlafen. Es kam ihr länger vor als die gesamte Zeit, die sie in Afghanistan überhaupt geschlafen hatte. Sie setzte sich auf, tastete nach ihren Stiefeln, fühlte sich kaputt und orientierungslos.
»Keine Sorge«, meinte Colin, »die MP lässt ihn nicht ins Lager.«
Er lehnte sich zurück auf dem Bett, das er aus Decken für sie gebaut hatte, und zog Kat zu sich herunter. »Kommst du heute Abend noch mal?«
Plötzlich war sie verlegen. Am Abend vorher waren sie zu erschöpft gewesen, um etwas anderes als Schlaf im Sinn zu haben. An diesem Ort aber erschien ihr die eigentlich normale Intimität, die im Lager tabu war, fast obszön, so als hätten sie wirklich Sex gehabt. »Wenn ich weg kann«, sagte sie, wich zurück und fand endlich ihre Stiefel.
Colin berührte sie am Arm. »Was ist denn los?«
»Nichts.« Kat streifte die Stiefel über und zog die Schnürsenkel fest, ohne ihn anzusehen.
Er kniete sich vor sie hin, damit
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