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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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den Unterlagen. »Es ist beim momentanen Stand der Ermittlungen nicht auszuschließen, einige Indizien könnten darauf hindeuten.«
    »Zum Beispiel?«
    Gerda ist in sich zusammengesunken.
    »Es hat keine Bremsspuren gegeben. Und: Der Großteil der Straße ist befestigt, es handelt sich ja eigentlich um eine Sackgasse, man hat sie für die Lkws angelegt, die den Schotter abtransportiert haben, aber der Platz ist zu einem attraktiven Treff für Liebespaare geworden, und bevor etwas passiert, hat man Leitschienen montiert. Nur eben nicht durchgehend. Er ist ausgerechnet an einer Stelle von der Straße abgekommen, an der es keine Leitschienen gibt. Außerdem: Es ist gar nicht leicht, auf dieser Straße so schnell unterwegs zu sein, dass man die Herrschaft über sein Fahrzeug verliert.«
    »Das alles macht einen Unfall ziemlich unwahrscheinlich«, sage ich mit einem vorsichtigen Seitenblick zu Gerda.
    »Wäre die Sachlage klar, wären wir erst gar nicht eingeschaltet worden«, erwidert Schmidt. Er steht auf und legt Gerda besorgt die Hand auf die Schulter. »Soll ich Ihnen ein leichtes Beruhigungsmittel bringen?«
    Gerda schüttelt den Kopf. »Dass er sich wegen der Scheidung, wegen mir … Wie sollen die Kinder das verstehen? Dabei war er es ja, der sich plötzlich und so schnell scheiden lassen wollte. Und er hatte eine neue Wohnung und …«
    Der Ermittler räuspert sich. »Es war eine strittige Scheidung? Wie ist sie ausgegangen?«
    »Ich bin schuldig geschieden worden, wegen Ehebruchs. Aber ich bitte Sie, glauben Sie nicht alles, was in dem Urteil steht, der Anwalt meines Mannes hat den Text diktiert, und ich habe unterschrieben, damit es endlich vorbei ist. Vorbei ist … – aber doch nicht so!«, schreit sie auf und beginnt zu weinen.
    »Das Urteil ist gestern zugestellt worden?«, fragt mich der Ermittler leise.
    Ich nicke.
    »Das könnte in ihm etwas ausgelöst haben.«
    »Er war sehr eifersüchtig«, erzähle ich, »er wollte nicht, dass sie als Fotografin arbeitet und einen eigenen Freundeskreis hat, das hat die Ehe zerstört, erst danach hat sie ihre Affäre begonnen.«
    »Kannten Sie ihn gut? Hielten Sie ihn für selbstmordgefährdet?«
    Ich schüttle den Kopf. »Ich bin ihm nur einmal persönlich begegnet. Er soll ein ausgezeichneter Arzt gewesen sein.«
    »Dann können Sie also gar nicht wissen, wie die Sache wirklich war, Sie kennen nur die Sichtweise Ihrer Freundin.«
    »Also …«, ich will widersprechen, aber ich muss zugeben, er hat Recht.
    »Frau Hofer«, sagt er dann, »wenn Sie schon da sind, dann bringen wir es gleich hinter uns: Wo waren Sie am Nachmittag?«
    Gerda sieht unter Schluchzen auf, kramt nach einem Taschentuch. »Warum?«
    »Sagen Sie es mir bitte, ja?«
    »Ich war … Zuerst habe ich Fotos gemacht für eine Freundin, es soll ein collageartiges Familienbild werden zum Neunziger ihrer Großmutter. Und dann bin ich … zu Peter Königsberger gefahren.«
    »Ist das Ihr …«
    Gerda reckt das Kinn nach oben. »Ja, das ist mein Freund.«
    »Hat Sie jemand gesehen?«
    »Ich lege nicht besonders viel Wert darauf, bei ihm gesehen zu werden. Aber was weiß man, vielleicht ein Nachbar durch den Spion?«
    Schmidt ersucht Gerda, noch eine ganze Menge an Papieren auszufüllen, erst jetzt kommt mir Oskar wieder in den Sinn. Er wartet auf mich. Seit mehr als eineinhalb Stunden. Unser ganz spezielles Abendessen. Zur Feier einer SMS. Ich stürze auf den muffigen Gang, will ihn anrufen und merke, dass mein Akku leer ist.
    »Ich hab es ziemlich eilig, kann sich jemand um dich kümmern?«, flüstere ich Gerda zu.
    »Ich weiß nicht …«, sagt sie und sieht mich an, »es ist vor allem wegen der Kinder …«
    Ich borge mir ihr Telefon aus und eile wieder auf den Gang. Ich krame in meinem Hirn verzweifelt nach der Nummer von Oskar, mein Zahlengedächtnis ist eine Katastrophe. Ich hole mein Mobiltelefon, ernte einen neugierigen Blick von beiden, gehe wieder nach draußen, hoffe, dass der Akku gerade noch ausreicht, um seine Nummer anzuzeigen. Nichts, Pech gehabt, das Display bleibt schwarz. Wieder rein.
    »Ich brauche Oskars Nummer«, sage ich zu Gerda.
    »Du? Von mir?«
    »Mein Akku ist leer und mein Hirn auch. Ich muss ihn dringend anrufen.«
    Sie nimmt mir ihr Mobiltelefon aus der Hand, drückt herum. »Da ist sie.«
    Ich sehe auf das Display, es ist mir unverständlich, wie ich die Nummer vergessen konnte, renne wieder auf den Gang. Oskar geht nicht dran. Freizeichen, unendlich lange, bis sich seine

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