Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
Felswände gebaut.« Zuckerbrot stutzt. »Vielleicht hat Frau Hofer ihren Mann gehasst. Gerade wenn das mit der Scheidung so gelaufen ist, wie Sie es gestern unserem Ermittler erzählt haben.«
»Gehasst? Das ist das falsche Wort. Sie wollte einfach nichts mehr mit ihm zu tun haben, sie wollte ihre Ruhe haben und neu anfangen.«
»Zur Feier der Scheidung hat es eine ›wilde Party‹, gegeben – bei der übrigens auch Sie dabei waren.«
Und da soll noch einer sagen, unsere Polizei arbeite nicht schnell.
»Es war keine ›wilde Party‹, es war anders: Gerda war über das, was im Urteil stand, ziemlich verzweifelt, sie hat sich über den Tisch gezogen gefühlt, ich habe ihr eingeredet, dass es besser sei, den Neuanfang zu feiern.«
»Mit jeder Menge Wein. Mir ist erzählt worden, die Damen hätten sogar auf den Stühlen getanzt.«
»Ist das eine typische Verhaltensweise für eine Mörderin und ihre Freundinnen? Meine Güte, es ist eben spät geworden, und wir haben einiges getrunken, wir haben übrigens nicht auf den Stühlen getanzt, sondern sind bloß einmal kurz hinaufgestiegen, um anzustoßen. Es war eine Ausnahmesituation.«
»Da haben Sie Recht«, sagt Zuckerbrot, »eine emotionale Ausnahmesituation. Alles in Unordnung.«
»Sie kennen sich da aus?«
»Bin zweimal geschieden, das ist eine ziemlich typische Sache, wenn man bei der Polizei ist. Morde passieren nicht nur zwischen 9 und 17 Uhr. Beruf und Privatleben auf Kollisionskurs.«
»Und Sie hätten Ihre jeweilige Frau während oder nach der Scheidung umbringen können?«
»Nein, aber sie mich – wenn ich dem trauen darf, was sie mir erzählt haben. Ich war immer nur deprimiert.«
»Ich nehme an, Sie wollen mit Gerda reden, nachdem Sie mich ausgefragt haben. Ich kann Sie in die Fotoredaktion bringen.«
»Nein, ich gehe wirklich mit Droch essen. Frau Hofer ist längst in der Sicherheitsdirektion.« Er wünscht mir noch einen schönen Tag und bewegt sich Richtung Droch-Büro.
Ich muss sofort Vesna anrufen. Und Oskar. Und diese Dr. Beer.
Oskar lässt beinahe den Hörer fallen, als er hört, was ich zu sagen habe. »Das könnte eng werden für deine Fotografin.« Er macht sich erbötig, Angelika zu verständigen. Irgendwie ist mir trotz allem lieber, dass nicht ich mit ihr reden muss.
Ich telefoniere mit Vesna.
»Bin ganz in der Nähe«, antwortet sie, »in fünfzehn Minuten bei Türken ums Eck, okay? Das geht nicht am Telefon.« Offenbar hat sie einen Detektivvirus eingefangen, Angst vor Abhörattacken und all so was.
Oskar ruft zurück, seine ehemalige Affäre hat sich bereits in die Sicherheitsdirektion verfügt, Gerda hatte ihre Anwältin ohnehin schon informiert. Und mich nicht, denke ich und bin ein wenig eifersüchtig. Aber fairerweise muss man sagen, dass sie wohl wenig Zeit hat, alle durchzurufen, wenn sie zu einem Verhör geladen wird, weil ihr Mann ermordet worden ist. Ich hätte gerne gewusst, wie sie diese Nachricht aufgenommen hat. Erleichtert, dass es doch kein Selbstmord war?
Ich eile zum Türken, eine junge Frau kommt, um die Bestellung aufzunehmen. »Ist Özal nicht da?«, frage ich.
»Mein Vater«, antwortet sie in akzentfreiem Deutsch, »ist daheim in der Türkei. Das Gästehaus, das er am Meer gebaut hat, ist fast fertig, und wenn alles gut geht, wird er es im Frühjahr eröffnen, und ich übernehme das Lokal hier.«
Schon wieder Neuigkeiten. Ich habe mich an Özal gewöhnt, dass er heimgeht, tut mir leid.
Ich erzähle Vesna, was ich weiß, und meine dann: »Als Privatdetektivin kannst du ja einmal herumfragen, wer Interesse an seinem Tod gehabt haben könnte. Ich denke an Freunde, Freundinnen – was weiß man? Geschäftspartner, nicht zu vergessen Patienten wegen möglicher Behandlungsfehler. Oder Sprechstundenhilfen.«
Vesna sieht mich an. »Und zuallererst ehemalige Ehefrau und Kinder. Mordermittlungen sind in Detektivbüros ganz selten, Mira Valensky, das macht Polizei. Wir kümmern uns um Sachen, die Polizei nicht interessiert. Meistens.«
»Tja, als Putzfrau hast du das noch anders gesehen.«
»Ich habe eben gelernt. Und ich kann natürlich schauen, aber einfach als Vesna. Auch wenn ich nicht viel Zeit habe, denn ich hab noch nicht alle Fotos von untreuen Ehemann. Der hat nicht eine, sondern drei Freundinnen. Mein Plan ist: Ich lasse sie aufeinander los.«
»Ist das nicht ein wenig … brutal?«
»Ist nicht feine Gesellschaft. Er hat das Geld von seiner Frau, und seine Freundinnen wollen sein Geld und nehmen
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