Verschleppt
nicht reagierte. Sie wirkte verängstigt. „Hm, ja. Alles gut“, erwiderte sie, aber Sara glaubte ihr kein Wort. „Lilly, ich bitte dich, du hast doch was. Mir ist das bei dir schon öfter aufgefallen.“ Lilly strich sich zitternd eine Strähne aus der Stirn. Draußen ertönten die Kirchenglocken, es musste 12 Uhr sein. Sara schaute kurz hoch. Als ihr Blick zurück zu Lilly ging, sah sie, dass ihre Augen mit Tränen gefüllt waren. Sie versuchte es erneut. „Was ist los, Lilly?“, fragte Sara skeptisch und schaute Lilly dabei ernst an. Sara dachte, Lilly würde jede Sekunde anfangen zu weinen, aber sie fing sich. Sie atmete tief durch. „Es ist alles okay“, erwiderte sie schließlich. Josie brachte das Essen.
Kapitel 14
Lilly wollte nicht weiter über die Angelegenheit – wie sie es nannte – sprechen und beide Frauen aßen in Ruhe und ohne ein Wort zu verlieren ihr Essen, dann gingen sie zurück ins Büro. Sara versuchte, im Laufe des Nachmittages nochmals mit Lilly zu sprechen, aber ihre Kollegin blockte alles ab. Der weitere Tag verging ohne besondere Vorkommnisse. Es hatte mittlerweile angefangen zu regnen und der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet. Der Regen prasselte gegen die Scheiben. Alle brüteten über den Akten. Sara war müde, ihr Körper meldete sich zunehmend. Ihr Nacken war steif und als sie eine Pause machte, um sich zu strecken, merkte sie, wie erhitzt und verkrampft sie war. Es war mittlerweile nach 22 Uhr. Sara und Shawn waren die letzten, die ihren Computer ausschalteten. Das Putzpersonal war schon im Büro zugange. Sara packte alle Unterlagen in ihre Tasche, sie wollte zu Hause alles noch einmal durchgehen. Sie nahm ihre Jacke und ging zum Fahrstuhl. Shawn ging ihr hinterher. Sara drückte den Knopf und beide warteten. Sara fühlte sich verpflichtet, eine Unterhaltung mit Shawn zu führen, wusste aber nicht worüber. Sie stiegen in den Aufzug. Sara blickte starr geradeaus, beobachtete die wechselnde Stockwerksanzeige und vermied jeglichen Blickkontakt mit Shawn. Schweigen, betretenes Schweigen. Schließlich spielte sie unbeholfen an ihrem Handy, als würde sie eine SMS lesen. Sie war froh, als die Fahrstuhltür wieder aufging, Smalltalk war eben nicht ihre Stärke.
Als sie nach draußen traten, klingelte plötzlich Saras Diensthandy. Die Luft war zwar noch feucht, aber der Regen hatte nachgelassen. Sara blieb stehen und schaute auf das Display, es war die Zentralnummer, die alle Anrufe bezüglich des Phantombildes entgegennahm. Sie schaute Shawn an, er blieb ebenfalls stehen. Sara nahm den Anruf entgegen. „Sara Cooper.“ „Hi, Sara. Ich bin es, Trish. Ich hab da jemanden, der felsenfest behauptet, er kenne den Kerl auf dem Phantombild.“ Sara spürte, wie sich ihr Magen vor Aufregung zusammenzog. „Alles klar, Trish. Stell ihn durch. Danke.“ Trish verband Sara mit dem Anrufer. „Sara Cooper, Police Department.“ Am anderen Ende hörte sie erst nichts. Die Verbindung war sehr schlecht. Doch dann erkannte sie die Stimme eines älteren Mannes. „Hallo, ich rufe an wegen des Phantombildes.“ Der Mann sprach sehr laut. Sara sprach automatisch auch laut. „Ja, Sir. Wie ist Ihr Name?“ Sara machte den Lautsprecher an, damit Shawn mithören konnte. Der Mann am anderen Ende des Hörers ging nicht auf Saras Frage ein und sagte nur: „Lady. Der Kerl ist mein Nachbar!“ Sara wurde hellhörig, ihr Körper straffte sich. Shawn ging näher an Saras Handy. „Sir, sind Sie sich sicher?“ „Klar, mein Gehör ist zwar nicht mehr das beste, aber meine Augen sind top.“ Sara und Shawn schauten sich an, wussten den Anruf nicht wirklich einzuordnen. „Sir, geben Sie uns Ihre Adresse. Wir kommen zu Ihnen.“ Der Mann gab Name und Adresse durch. Sara legte auf. Shawn ging zu Saras Auto. „Was wird das, Shawn?“ fragte Sara. Ihr Kollege rührte sich nicht und hob nur die Schultern. „Na los, wir fahren zu dem alten Herrn. Glaubst du, ich lasse dich um diese Uhrzeit alleine fahren?“ Auch wenn Sara kein großer Fan von Shawn war, war sie in diesem Moment froh über seine Gesellschaft. Beide stiegen ins Auto. Shawn schmiss seine Tasche auf die Rückbank, stellte den Sitz richtig ein und schnallte sich an. Sara fuhr los.
Der ältere Herr wohnte in El Cajor, nicht weit vom Police Department. Nach knapp 15 Minuten Fahrt waren Sara und Shawn am Ziel angekommen. Die Fahrt lang hörten sie den Jazz-Sender. „Ich liebe diese alten Schinken“, meinte Shawn und trommelte im Takt mit
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