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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Richartz
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den Fingern auf seinem Knie rum. Sara schaute ihn an - ohne etwas zu erwidern. Damit hatte sich Shawns Versuch eines Gesprächsaufbaus auch schnell wieder erledigt. Er schaute aus dem Fenster. „Hier ist es, Nummer 18“, Shawn zeigte auf die Einfahrt und Sara parkte ihren Wagen davor. Sara musterte die Wohngegend. El Cajor war weniger ein Stadtteil, als vielmehr eine Reihe von einsamen Straßen. Nicht sonderlich schön hier, dachte Sara, genau genommen total hässlich. „Also, hier möchte ich mich nachts nicht hin verirren“, sagte sie sichtlich geschockt. Shawn schüttelte nur den Kopf. „Also, mein Kind lasse ich hier auch nicht spielen.“ Die Laternen auf den Straßen waren größtenteils kaputt, aber was sie sehen konnten, waren Mülltonnen, die am Straßenrand standen beziehungsweise lagen. Die Häuser waren heruntergekommen, fast überall fehlte der Putz an den Wänden. Zwei Typen mit Kapuzen, tief ins Gesicht gezogen, kamen in Richtung des Autos. Der eine trug Kopfhörer und hörte so laut Musik, dass selbst Sara im Auto noch in den Genuss der harten Hip-Hop-Töne kam. Sie hasste diese Musik. Die Kerle näherten sich langsam dem Wagen. Beide warfen Shawn und Sara ernste Blicke zu. Der eine grinste plötzlich und feuerte seinen Zigarettenstummel gegen das Fenster. Sara schnallte sich ab und wollte aussteigen. „Na warte, du Arsch!“ Shawn hielt sie am Arm fest. „Lass Sara, wir wollen nicht unnötig auffallen.“ Sara war sichtlich aufgebracht, aber sie beruhigte sich wieder. „Na gut, du hast recht. Diese Scheißkerle sind es nicht wert.“ Sie ließ sich in ihren Sitz fallen. „Was erwartest du von dem Zeugen?“, Shawn blickte seine Kollegin skeptisch an. Sie hob die Schultern. „Keine Ahnung. Lass es uns herausfinden.“ Shawn schnallte sich ab und stieg aus. Sara folgte ihm zu einem kastenförmigen Haus, welches eingezwängt war zwischen mehreren älteren, heruntergekommenen Wohnhäusern. Überall war das Holz der Wände gewellt und grau verwittert. Ringsum sah sie Fenster mit verschlissenen Vorhängen. Sie lagen im absoluten Dunkeln, als ob niemand dort wohnen würde. Sie war gespannt auf das, was der Mann zu sagen hatte.

    Die Klingel war kaputt, wie Sara feststellte, als sie draufdrückte. Also klopfte sie. Einmal, zweimal. Nichts. Doch dann hörte sie Geräusche im Haus. Jemand näherte sich der Tür, sie ging langsam auf. Ein älterer Herr mit dicker Brille schaute Sara und Shawn erwartungsvoll an. Sein zum Großteil kahler Schädel wurde von einem kläglichen grauen Haarkranz umrahmt. Er musste an die 70 Jahre sein, wie Sara schätzte. Etliche Falten durchzogen sein humorloses Gesicht. „Na endlich. Ich warte ja schon eine halbe Ewigkeit“, murrte er die beiden an. Vorhandene Zähne waren Fehlanzeige in seinem Mund – entweder waren sie braun oder fehlten gänzlich, das konnte Sara auf die Schnelle nicht erkennen. Seine Bierfahne konnte sie aber auch auf diese Entfernung riechen. Der Zigarettengestank kam aus seinem Mund und aus der Wohnung gleichfalls. Er trug viel zu große Klamotten, Hosenbeine und Ärmel waren umgeschlagen. „Tut uns leid, Mr. Roland. Wir sind so schnell gekommen, wie wir konnten. Können wir reinkommen?“ Shawn blieb freundlich. Mr. Roland nickte und ließ die beiden durch. Sie betraten den Flur und als erstes hörten sie den Fernseher in einer unglaublichen Lautstärke plärren. „Immer geradeaus ins Wohnzimmer“, rief er hinterher. Sara und Shawn kamen an einer kleinen Wohnküche vorbei, die vor Schmutz nur so stand. Überall dreckiges Geschirr und der Boden schien auch schon eine Ewigkeit nicht mehr gewischt worden zu sein. Neben dem Fenster brummte ein uralter rostiger Kühlschrank vor sich hin. Das Wohnzimmer gab kein besseres Bild von sich. Der Staub war von Weitem zu sehen. Es war vollgestopft mit Krimskrams; schwer zu sagen, was im Einzelnen dort stand. Überall lagen Klamotten, Zigarettenstummel, alte Zeitungen und Bierflaschen. Das Sofa war löchrig, darauf lag eine olivgrüne Decke, die zusammengefaltet war. An der Wand hing eine alte Uhr, die aber nicht mehr funktionierte. Die ehemals weiß gestrichenen Wände und Decken waren durch das jahrzehntelange Rauchen vergilbt und ein gelber Schimmer war überall zu sehen. Unter dem vorherrschenden Gestank nach kaltem Zigarettenqualm roch es überall muffig und nach ungewaschenen Bettlaken.

    Mr. Roland machte den Fernseher leiser. „Nehmen Sie Platz. Ist zwar kein Schloss, aber gemütlich“, sagte er

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