Verschleppt
„Na wie gut, dass ich das gemacht habe.“ Er hielt ihm eine Tüte mit den Tascheninhalten hin. Matt erkannte einen Schlüsselbund, an dem mehrere Schlüssel hingen. Er strahlte. „Sie sind ein Held.“ Er drückte dem Beamten einen Kuss auf die Stirn. „Rufen Sie Sgt. Rodriquez an. Sie sollen die Suche abbrechen und wieder herkommen. Sofort.“ Matt nahm den Schlüsselbund und stürmte wieder zu der Luke, die Sanitäter dicht hinter ihm. Coop saß immer noch daneben und fiepste.
Matt stieg die Stufen erneut herunter, seine Schmerzen waren wie weggefegt. Er stand vor der Tür. Matt atmete schwer und versuchte jeden einzelnen Schlüssel durch. Er zitterte. Der vorletzte Schlüssel passte. Die Tür öffnete sich, aber nur sehr schwer. Dunkelheit. Stille. Mehr vernahm Matt aus dem Verschlag nicht. „Hallo?“, seine Stimme war leise. Er hatte Angst vor dem, was er vorfinden würde, wenn er runter geht. Er zögerte. Dann ging er die Stufen langsam hinunter. Er suchte einen Lichtschalter und fand diesen nach längerem Tasten schließlich. Das Licht flackerte aus Neonröhren über seinem Kopf auf. Matt erkannte zwei Gänge. Er musste sich für einen Weg entscheiden. Er wählte den linken. Der Gang schien unendlich lang, ein Sanitäter war hinter ihm. Ihm war genauso unwohl. Plötzlich ein Husten. Coop lief an ihnen vorbei den Gang bis zum Ende. Matt vergaß seine Angst und ging immer schneller. Die Luft wurde immer knapper. Dort war wieder eine Tür, mit einem Riegel davor, der mit einem Schloss versehen war. Mist, dachte er und kramte wieder den Schlüsselbund aus seiner Hosentasche. Das Licht über ihm schien langsam den Geist aufzugeben. Er wurde nervös. Plötzlich vernahm er ein Schnauben. Dieses Mal passte der erste Schlüssel, er schob den Riegel beiseite. Die Tür ging langsam auf, sie knarrte laut. Matt und der Sanitäter zuckten zusammen und wechselten einen schnellen Blick. Matt setzte einen Fuß in die Kammer und sah sich einer stockfinsteren Dunkelheit gegenüber, fast jeglicher Sauerstoff war aus dem Raum entwichen. „Hallo?“, sagte er vorsichtig in die Leere hinein. Seine Augen gewöhnten sich nur sehr langsam an die Dunkelheit. Er suchte auch hier einen Lichtschalter – vergebens. „Hallo“, wiederholte er. „Ist hier jemand?“ Stille. Aber Matt glaubte, ein Atmen zu vernehmen. Plötzlich ein Laut, ganz leise, aber trotzdem deutlich zu hören. „Hallo? Hallo? Wer ist da?“ Matt riss die Augen auf. Er hörte eine Kinderstimme. „Noah?! Bleibt ganz ruhig. Ihr seid in Sicherheit. Ich hol euch hier raus.“
Kinder weinten durcheinander. Wie viele konnte Matt nicht raushören, ein Junge und ein Mädchen auf jeden Fall. Matt stieg die Stufen hinunter. Der andere Sanitäter kam mit zwei Taschenlampen, eine gab er Matt. Matt leuchtete das Verlies ab. Jetzt fand er auch endlich den Lichtschalter, eine Birne hing von der Decke und spendete spärlich Licht. Er war schockiert, was er erblickte. Er ging jede einzelne Kammer ab, drei Zellen waren leer. In den anderen saßen Scott und Jessica, die völlig verängstigt waren. Matt schloss die Zellen auf. „Alles in Ordnung, Kleine!“ Matt ging langsam zu dem Mädchen, die auf ihrer Pritsche kauerte und an ihrer Haarsträhne rumkaute. Ihre Beine zitterten. Sie war ganz dreckig und ihre Augen waren voller Angst. Matt streckte ihr vorsichtig seine Hand entgegen. „Kleine, alles ist okay. Ich bringe dich nach Hause.“
Jessica stockte erst, doch dann reichte sie langsam Matt ihre kleine Hand, die ganz kalt war. Matt nahm Jessica behutsam auf den Arm, ihre Arme schloss sie ganz fest um seinen Hals, sie schluchzte. Er spürte ihren kalten Atem. „Wie heißt du?“, fragte er ruhig. „Jessica“, sagte sie leise. „Jessica. Jetzt wird alles gut, hab keine Angst mehr.“ Matt drückte sie an sich und strich ihr übers Haar. Aber wo war Noah? Er blickte sich verzweifelt um. „Noah?“ Matt bekam keine Antwort. „Noah, wo bist du?“ Wieder nichts. Ein Sanitäter nahm Scott auf den Arm und brachte ihn nach oben. Auch er war völlig dehydriert. Jessica beruhigte sich langsam auf Matts Arm, klammerte sich aber immer noch an ihn. „Noah ist nicht mehr hier“, sagte sie schließlich leise, fast flüsternd.
Kapitel 55
Matt dachte, er hatte sich verhört. „Was hast du gesagt, Jessica?“ Sie schluckte. „Er wurde geholt und weggebracht.“ Matt war entsetzt. „WANN?“ Die Kleine dachte angestrengt nach, sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
Weitere Kostenlose Bücher