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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Wohnung zurückgekehrt, wo er prompt vor dem Fernseher einschlief.
    In den letzten Tagen musste er häufiger über John nachdenken. Ihm war klar, dass er seinem älteren Bruder zur Last fiel, hoffte jedoch, dass das bald ein Ende haben würde. Er hatte mit Chrissie telefoniert. Sie wohnte noch immer mit den Kindern in Kirkcaldy. Nach seiner Festnahme wollte sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Besonders empört war sie darüber gewesen, dass sein eigener Bruder gegen ihn ausgesagt hatte. Doch Michael machte John deswegen keine Vorwürfe. Er kannte Johns Prinzipien. Und außerdem hatte sich ein Teil der Aussage zu Michaels Gunsten ausgewirkt.
    Nun redete Chrissie wieder mit ihm. Er hatte während der ganzen Zeit im Gefängnis nie aufgehört, ihr zu schreiben. Auch aus London schickte er ihr Briefe, ohne zu wissen, ob sie einen einzigen davon erhalten hatte. Doch sie waren angekommen, wie sie ihm sagte, als sie miteinander telefonierten. Und sie hatte keinen Freund, den Kindern ging’s gut, und ob er sie irgendwann sehen wollte?
    »Ja, ich möchte dich sehen«, hatte er zu ihr gesagt. Es klang ehrlich.
    Er träumte gerade von ihr, als es an der Tür klingelte. Nun ja … von ihr und von Gail, der Studentin, um ganz ehrlich zu sein. Benommen rappelte er sich auf. Das Klingeln war beharrlich.
    Michael brauchte eine Sekunde, um den Riegel umzulegen, dann explodierte die Welt vor seinen Augen.
    Nachdem sie eine weitere Niederlage der Hibs miterlebt hatte, war Siobhan Clarke auf der Heimfahrt recht schweigsam, was Rebus entgegenkam. Er musste über einiges grübeln, und ausnahmsweise hatte das einmal nichts mit der Arbeit zu tun. Er dachte ohnehin viel zu viel über seinen Job nach, opferte sich dafür in einer Weise auf, wie er das noch nie in seinem Leben für einen Menschen getan hatte. Nicht für seine Ex-Frau, nicht für seine Tochter, nicht für Patience, nicht für Michael.
    Er war bereits desillusioniert und zynisch in den Polizeidienst eingetreten. Dann erlebte er, wie die guten Absichten von jungen Leuten wie Holmes und Clarke durch das System und die Haltung der Öffentlichkeit zerstört wurden. Es gab Zeiten, da wäre man den Menschen wahrscheinlich willkommener gewesen, wenn man ihnen das Pestzeichen an die Tür gemalt hätte.
    »Einen Penny für Ihre Gedanken«, bemerkte Siobhan Clarke.
    »Verplempern Sie Ihr Geld nicht.«
    »Warum nicht? So viel, wie ich heute schon verplempert habe.«
    Rebus lächelte. »Aye«, sagte er, »ich vergesse ständig, dass es immer noch Leute auf der Welt gibt, denen es schlechter geht als einem selbst … außer man ist ein Hibs-Fan.«
    »Hahaha.«
    Siobhan Clarke schaltete das Radio ein und suchte nach einem Sender, der keine Fußballergebnisse brachte.

9
    Voller guter Vorsätze öffnete Rebus die Tür der Wohnung und spürte sofort, dass niemand zu Hause war. Nun ja, schließlich war Samstagabend. Aber sie hätten zumindest den Fernseher ausschalten können.
    Er ging in die Abstellkammer und legte das alte Foto auf Michaels ungemachtes Bett. In dem Kabuff roch es leicht nach Parfüm, was Rebus an Patience erinnerte. Er vermisste sie mehr, als er zugeben mochte. Zu Beginn ihrer Beziehung hatten sie sich darauf geeinigt, dass sie beide zu alt waren für das, was man so landläufig »Liebe« nennt, und darin übereingestimmt, dass sie so richtig ausgehungert nach Sex waren. Dann, als Rebus bei ihr einzog, hatten sie wieder über das Thema Beziehung gesprochen und sich gegenseitig bestätigt, dass das Zusammenziehen keinerlei Verpflichtung beinhalte. Es sei nur derzeit praktischer. Doch als Rebus seine Wohnung untervermietete … hatte das schon eine Verpflichtung beinhaltet, nämlich die, auf dem Sofa zu schlafen, sollte Patience ihn rauswerfen.
    Jetzt lag er auf dem Sofa und stellte fest, dass er fast den gesamten Gemeinschaftsbereich der Wohnung okkupiert hatte. Die Studenten saßen jetzt meist in der Küche und unterhielten sich leise bei geschlossener Tür. Rebus konnte es ihnen nicht verdenken. Hier im Zimmer herrschte ein einziges Chaos, und es war sein Chaos. Sein Koffer lag aufgeklappt neben dem Fenster auf dem Fußboden, Krawatten und Strümpfe hingen über den Rand. Die Sporttasche stand hinter dem Sofa. Seine beiden Anzüge hingen an der Bilderleiste neben der Tür zur Abstellkammer und verdeckten teilweise ein psychedelisches Poster, das Rebus scheußlich fand. Aufgrund des Frischluftmangels herrschte in dem Zimmer ein animalischer Geruch, der jedoch irgendwie

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