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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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habe?«
    »Nachdem er die Schule verlassen hatte — oder eher gebeten wurde, sie zu verlassen, ist er nach Dundee gezogen. Er ist erst Jahre später nach Edinburgh zurückgekommen. Den Akten zufolge hat er etwa sechs Monate für die Bande gearbeitet, vielleicht auch weniger.« Sie zögerte. »Verraten Sie mir, worum es hier geht?«
    »Um einen Hotelbrand.«
    »Sie meinen diese Akten auf dem Fußboden hinter Ihrem Schreibtisch?«
    »Genau die.«
    »Ich konnte mir nicht verkneifen, einen Blick hineinzuwerfen.«
    »Sie könnten etwas mit dem Überfall auf Brian zu tun haben.« Siobhan drehte ihm den Kopf zu. »Schauen Sie auf die Straße und konzentrieren Sie sich auf das Fahren. Ich erzähle Ihnen jetzt eine Geschichte. Die reicht vielleicht sogar bis Aberdeen.«
    Und das tat sie auch.
    »Herein mit dir, Jock. Meine Güte, ich hätte dich ja fast nicht erkannt.«
    »Das letzte Mal, als du mich gesehen hast, hab ich noch kurze Hosen getragen, Tante Ena.«
    Die alte Frau lachte. Sie benutzte ein Laufgestell, um durch den engen, muffigen Flur zurück in die kleine hintere Stube zu gelangen, die mit Möbeln voll gestopft war. Bestimmt gab es auch nach vorn hinaus noch einen Raum, ein richtiges Wohnzimmer, das nur zu ganz speziellen Anlässen benutzt wurde. Doch Rebus gehörte zur Familie, und Familienmitglieder wurden in der hinteren Stube begrüßt.
    Tante Ena wirkte gebrechlich, hatte einen Buckel und trug einen Schal um die knochigen Schultern. Ihr silbernes Haar war straff nach hinten gekämmt und zu einem festen Knoten zusammengefasst. Die Augen sahen in ihrem pergamentartigen Gesicht wie eingesunkene Punkte aus. Rebus konnte sich überhaupt nicht an sie erinnern.
    »Du musst drei Jahre alt gewesen sein, als wir das letzte Mal in Fife waren. Du konntest einem Esel das Hinterbein abschwatzen, hattest aber einen so starken Akzent, dass ich kaum ein Wort verstanden hab. Ständig wolltest du einen Witz erzählen oder ein Lied singen.«
    »Ich hab mich verändert«, meinte Rebus.
    »Was?« Sie hatte sich in einen Sessel neben dem Kamin sinken lassen und reckte den Hals. »Ich kann nicht mehr so gut hören, Jock.«
    »Ich hab gesagt, ich werd nicht Jock genannt!«, rief Rebus. »Ich heiße John.«
    »O aye, John. Natürlich.« Sie zog sich eine Reisedecke über die Beine. In dem Kamin befand sich ein elektrisches Feuer, so eins mit künstlichen Kohlen, künstlichen Flammen und — soweit Rebus feststellen konnte — mit künstlicher Hitze. Ein blassoranger Heizstab brannte, doch er strahlte keine Wärme ab.
    »Danny hat dich also gefunden?«
    »Du meinst Andy?«
    »Ein guter Junge. Eine Schande, dass man ihn entlassen hat. Ist er mit dir zurückgekommen?«
    »Nein, er hält sich noch in Edinburgh auf.« Ihr Kopf ruhte an der Rückenlehne des Sessels. Sie sah aus, als würde sie gleich einschlafen. Vermutlich hatte der Gang zur Haustür und zurück sie erschöpft.
    »Seine Eltern sind nette Leute, immer so freundlich zu mir.«
    »Du wolltest mich sprechen, Tante Ena?«
    »Was?«
    Er hockte sich vor sie hin und legte die Hände auf die Sessellehnen. »Du wolltest mich sehen.« Nun ja, sehen konnte sie ihn … aber dann wurden ihre Augen glasig, und sie begann mit weit offenem Mund zu schnarchen.
    Rebus stand mit einem Seufzer auf. Die Uhr auf dem Kaminsims war stehen geblieben, doch er wusste, dass er noch mindestens zwei Stunden totschlagen musste. Das Gespräch mit Siobhan über das Central Hotel hatte ihn dermaßen erregt, dass er sich am liebsten gleich wieder an die Arbeit gemacht hätte. Stattdessen saß er hier in diesem Miniaturmuseum fest. Er schaute sich um und rümpfte die Nase über eine chromverzierte Kommode, die in einer dunklen Ecke stand. In einer Vitrine entdeckte er Fotos. Er trat näher heran und betrachtete sie. Er erkannte ein Bild von seinen Großeltern väterlicherseits, aber es gab keine Fotos von seinem Vater — wohl das Resultat der Fehde oder was immer es gewesen war.
    Die Schotten vergaßen nie. Das war Last und Geschenk zugleich. Von der Stube gelangte man direkt in eine kleine Küche. Rebus warf einen Blick in den uralten Kühlschrank, fand ein Stück Rinderbrust und schnupperte daran. In einer großen Blechdose war Brot, und auf dem Ablaufbrett stand ein Schälchen mit Butter. Er brauchte etwa zehn Minuten, um die Sandwiches zu machen, und weitere fünf, um herauszufinden, in welcher der vielen Büchsen sich Tee befand.
    Neben dem Spülbecken stand ein Radio. Er schaltete es ein, um einen

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