Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
Rick. Ich bin mitgefahren, um zu recherchieren. Wir haben uns den Snake River hinuntertreiben lassen, haben gezeltet und die Fische gegrillt, die Carl gefangen hat. Die Fische schienen förmlich ins Boot zu springen! Wir haben Cowboykaffee getrunken. Und uns jede Menge Frauengeschichten erzählt.«
»Ihr hattet also Spaß.«
»Und ob. Wir könnten das auch mal machen, uns ein paar Tage freinehmen, sobald du das mit dem Paddeln richtig raushast, und es auf einem der ruhigeren Flüsse versuchen.«
»Wenn es ein ruhiger Fluss ist, gern. Das könnte mir gefallen.«
»Gut. Ich habe mir deine Liste durchgelesen.«
»Oh.« Es war, als habe sich eine dunkle Wolke vor die Sonne geschoben. Trotzdem, sie mussten darüber reden, fand sie, der Sache auf den Grund gehen. Sie öffnete die Tüte mit den Panini. »Was hältst du davon?«
»Ziemlich gründlich. Ich hab hie und da noch was hinzugefügt. Wenn wir uns diskret weiter umhören, sollten wir den ein oder anderen streichen können. Ich habe bereits rausgefunden, dass Reuben, Joe, Lynt und Dean in einem Hinterzimmer vom Clancy’s Poker gespielt haben. Von sieben bis kurz nach zehn, was Reuben und Joe betrifft, die sich anschließend ins Joanie’s aufgemacht haben. Dean, Lynt, Stan Urick – der nicht auf deiner Liste steht, weil er siebzig und rappeldürr ist – und Harley – der wegen des Wildwuchses in seinem Gesicht, den er Bart nennt, ebenfalls nicht infrage kommt – sind noch bis ein Uhr früh geblieben. Niemand hat sich länger als für eine Pinkelpause entfernt. Dean hat achtzig Mäuse verloren.«
»Womit wir drei schon mal streichen können.«
»Meiner Agentin hat dein Kochbuchexposee gefallen.«
»Wie bitte, was ?«
Brody biss in sein Panino – Schinken, Provolone, Tomate, brauner Senf. »Ein verdammt gutes Sandwich«, sagte er mit vollem Mund und schluckte. »Aber sie will selbst mit dir darüber reden.«
»Es ist doch noch gar nicht fertig!«
»Warum hast du’s mir dann gegeben?«
»Damit … damit du mal drüberliest, falls du Lust und Zeit hast. Nur deswegen. Damit du mir sagen kannst, wie du’s findest oder so, keine Ahnung. Mir ein paar Tipps gibst.«
»Ich fand es gut, also habe ich meine Agentin dazu befragt. Und da sie ein kluges Köpfchen ist, war sie ganz meiner Meinung.«
»Weil sie dich vertritt oder weil es gut ist?«
»Erstens vertritt sie berühmtere Leute als mich, wesentlich berühmtere. Ich bin bloß ein kleiner Fisch. Aber frag sie doch selbst. Die Gliederung hat ihr auf jeden Fall schon mal gut gefallen. Einiges muss natürlich noch etwas vertieft werden. Die Einleitung fand sie amüsant und flott geschrieben. Sie will heute Abend gleich eines von den Rezepten ausprobieren, um zu sehen, ob sie damit zurechtkommt. Sie kann kochen, wird aber eines von den einfacheren ihrer Assistentin geben, die keine Ahnung vom Kochen hat.«
»Das ist ja wie eine Prüfung.«
»Sie ist eine viel beschäftigte Frau und nimmt niemanden, den sie nicht an den Mann bringen kann. Du solltest sie morgen anrufen.«
»Ich bin nervös.«
»Klar. Aber Lydia wird dich nicht übers Ohr hauen.« Er griff nach der Cola, die sie zu den Panini gelegt hatte. »Sie wusste gleich, wer du bist.«
»Wie bitte?«
»Sie ist klug, gebildet und hält sich immer auf dem Laufenden.« Brody dachte nicht lange über Strohhalme nach, sondern zog einfach den Plastikdeckel von dem Pappbecher und trank. »Sie hat ein Gedächtnis wie ein Elefant. Sie wollte wissen, ob du die Reece Gilmore aus Boston bist, die vor ein paar Jahren das Maneo-Massaker überlebt hat. Ich habe sie nicht angelogen.«
Ihr Appetit erhielt einen gehörigen Dämpfer. »Nein, natürlich nicht. Aber was ändert das groß?«
»Für dich könnte es durchaus einiges ändern. Wenn du das Buch verkaufst, wenn du veröffentlicht wirst, wird sie nicht die Einzige sein, die das herausfindet. Du bist schon eine ganze Weile von der Bildfläche verschwunden, Bohnenstange. Aber wenn das mit dem Buch klappt, bist du wieder zurück auf der Bühne. Journalisten. Interviews. Du musst dir gut überlegen, ob du schon wieder so weit bist.«
»Überlebende einer Mordorgie und ehemalige Geisteskranke schreibt Gourmetkochbuch. Verstehe. So ein Mist aber auch!«
»Du solltest in Ruhe darüber nachdenken.«
»Ja, wahrscheinlich.« Sie sah sich um, nahm das Wasser, die Berge, die Sümpfe in sich auf. Weiden ließen ihre gefiederten, grünen Blätter in den See hängen. Auf der anderen Seite des Sees zappelte ein silbrig
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