Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

andere Veränderung in Erwägung zu ziehen.
    Sie hatte eine fantastische Lage, sodass er mit dem Gedanken spielte, sie zu kaufen und Hauseigentümer zu werden.
    Anlagewert, Eigenkapital.
    Hypothek, Unterhaltskosten.
    Nun ja, alles hatte eben seine Vor- und Nachteile.
    Und wenn ihm das Grundstück erst einmal gehörte, konnte er sein Arbeitszimmer vergrößern, vielleicht sogar eine Dachterrasse anlegen lassen. Von da oben hätte man einen noch besseren Blick auf den See, vor allem im Sommer, wenn die Bäume wieder Blätter trugen. Dann konnte man vom ersten Stock aus nämlich kaum noch einen Blick auf das glitzernde Wasser erhaschen.
    Eine Dachterrasse wäre hübsch, überlegte er. Dort könnte man sich morgens raussetzen, Kaffee trinken, sich langsam auf den Tag vorbereiten.
    Noch stand er mit seinem Kaffee am Fenster seines Arbeitszimmers und stellte sich das Ganze nur vor. Trotzdem, das könnte richtig gut werden.
    Ein Stuhl oder zwei?, fragte er sich bei dem Gedanken an die Terrasse. Wenn schon der Kauf der Hütte ein Riesenschritt für ihn war, war die Entscheidung für eine dauerhafte Beziehung ein noch viel größerer.
    Er hatte Frauen schon immer zu schätzen gewusst – für ihre Intelligenz ebenso wie für ihren Körper. Aber wenn man ihm noch vor wenigen Monaten gesagt hätte, dass er eines Tages das Bedürfnis haben würde, eine ganz bestimmte Frau ständig um sich zu haben, hätte er jede Menge Gründe aufgezählt, die dagegen sprachen.
    Doch jetzt, mit Reece, fiel ihm einfach kein Grund mehr ein. Wenn sie da war, musste er früh aufstehen, das schon. Und er hatte es sich, nachdem er die Trib verlassen hatte, nun mal angewöhnt, aufzustehen, wann ihm danach war. Aber dafür gab es jetzt immer frischen Kaffee – wirklich guten Kaffee, den er sich nicht selbst aufbrühen musste. Und etwas zu essen. Es gab nicht viel, was die Vorteile eines anständigen Frühstücks aufwiegen konnte.
    Und dann waren da noch ihre Stimme, ihr Geruch. Die Art, wie sie die Dinge kombinierte. Die Essenszutaten, ihre Kleider, die Kissen auf dem Bett. Er war auch immer wieder überraschend gerührt darüber, wie sie die Badezimmerhandtücher faltete und über die Stange hängte.
    Das war ganz schön krank.
    Aber welcher Mann konnte diesen unglaublichen Augen widerstehen, die ihn morgens, wenn auch erst noch etwas verschwommen, ansahen?
    Sie waren ein weitaus besserer Grund, morgens früh aufzustehen als jeder noch so schöne Sonnenaufgang.
    Sie hatte Probleme, war kompliziert und würde sicherlich nie alle ihrer Phobien und Neurosen loswerden. Aber genau das machte Reece so interessant und faszinierte ihn. Reece Gilmore besaß nichts, aber auch gar nichts Alltägliches.
    »Zwei Stühle«, murmelte er. »Es werden wohl zwei Stühle werden müssen.«
    Er verließ das Fenster und ging zum Schreibtisch. Er griff nach dem externen Laufwerk, das sie ihm gegeben hatte. Als er den Computer hochfuhr, sah er, dass sich zwei Dokumente darauf befanden. Eines namens KB und eines namens LISTE.
    »Das Kochbuch«, murmelte er und fragte sich, ob sie wollte, dass er es las, oder ob sie es einfach nur darauf gesichert hatte. Wie dem auch sei, er hatte das Dokument jetzt ebenfalls auf seinem Computer.
    Er öffnete es zuerst und begann den Text lesen, den sie mit EINLEITUNG überschrieben hatte.
    Ihre Schwiegereltern haben sich völlig unerwartet angekündigt – und zwar für morgen. Sie haben Ihr drittes Date und wollen Ihre Liebste bekochen – natürlich in der Hoffnung, sie am nächsten Tag mit einem Frühstück ans Bett überraschen zu können. Sie sind an der Reihe, Ihren Literaturkreis zu bewirten. Ihre ach so perfekte Schwester hat sich und ihren Verlobten – ein Arzt – bei Ihnen zum Abendessen eingeladen. Ihr Sohn hat angeboten, Muffins für die ganze Klasse mitzubringen.
    Nur keine Panik!
    Egal, wie viel Sie gerade um die Ohren haben und wie unerfahren Sie im Kochen sind: Alles wird gut! Ja sogar mehr als das, nämlich spektakulär! Ich werde Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen, Schritt für Schritt.
    Ob festlicher Anlass oder ungezwungenes Beisammensein, ob Picknick oder Dreigängemenü – Sie allein sind der Küchenchef!
    Na gut, der Küchenchef bin ich. Aber es wird nicht lange dauern, bis Sie sich zu einem Casual Gourmet entwickelt haben.
    »Nicht schlecht«, dachte er und las weiter. Sie hatte das Ganze noch um ein paar Angaben zu Zeitaufwand, Küchenausrüstung und zu verschiedenen Lebensstilen ergänzt. Alles wirkte locker,