Verschlußsache Satan
Um diese Zeit fuhr kaum noch ein Auto.
»Was ist denn jetzt, Erwin?«
»Ich höre und sehe nichts.«
»Trotzdem habe ich mich nicht geirrt.«
Erwin Newton fror. Er drehte sich vom offenen Fenster weg und schloss es. Seine Frau hatte sich inzwischen angezogen. Sie trug einen dicken Pullover, eine Hose und war auch in ihre Schuhe geschlüpft.
»Wir können.«
»Noch nicht ganz.«
»Beeil dich doch!«
Erwin verstand das Drängen seiner Frau nicht. Er jedenfalls hatte nichts Verdächtiges gehört. Es war für ihn alles irgendwie verrückt und nicht nachvollziehbar. Überzeugt von dem, was er tat, war er nicht. Er machte es auch nur seiner Frau zuliebe, denn Doro war eine Person, die all das durchführte, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Sie wäre auch allein zur Kirche gegangen, ohne Rücksicht auf Verluste. Genau das wollte Erwin nicht zulassen. Doro hatte die Eigenschaft, sich durch Aktionen immer wieder in Schwierigkeiten zu bringen und sich mit der Obrigkeit anzulegen.
»Zieh dich schnell an, Erwin!«
»Ja, ja, nur mit der Ruhe. Die Kirche läuft uns nicht weg.«
»Die nicht. Aber das, was sich darin befindet.«
Er sagte nichts. Es hatte keinen Sinn, mit Doro diskutieren zu wollen. Möglicherweise lag sie mit ihrem Verdacht auch nicht falsch. Er musste zugeben, dass sie einen leichteren Schlaf hatte als er. Als der Pfarrer seine Lederjacke überstreifte, nickte Doro zufrieden. Sie stand schon an der Schlafzimmertür und zog sie auf. Die Haustür war von innen verschlossen. Doro erreichte auch sie als Erste und öffnete sie.
Als Erwin neben ihr stand, begann sie zu zittern. »Weißt du was?«
»Nein!«
»Ich habe Angst...«
Der Pfarrer hob nur die Schultern und erwiderte: »Komm jetzt...«
***
»Je später der Abend, umso netter die Gäste«, sagte ich, als ich die Wohnungstür öffnete und Suko vor mir sah. »Was gibt es denn? Hat Shao dich rausgeschmissen?«
»Soweit ist es noch nicht gekommen.«
»Super. Aber du willst mit mir einen Schluck trinken und dich mal richtig ausquatschen.«
»Das können wir auch bei uns.«
»Kombiniere. Ich soll zu euch kommen.«
»Ja.«
»Gegessen habe ich schon.«
Suko schüttelte den Kopf. »Es geht auch nicht ums Essen, aber wir haben etwas für dich. Oder vielmehr Shao.«
Ich schüttelte den Kopf. »Weihnachten ist vorbei. Ostern liegt noch vor uns. Geburtstag habe ich auch nicht. Was also habt ihr dann für mich auf Lager? Wie sieht das Geschenk aus?«
»Du kannst es nicht anfassen. Es ist eine Botschaft. Du hast Post bekommen.«
»Das hätte ich gewusst.«
»Nicht die normale. Eine elektronische. Eine E-Mail. Über uns an dich gerichtet.«
»Eine elektronische Störung.«
»Wenn du so willst – ja.«
»Genau das ist der Grund, weshalb ich ohne Computer lebe. Ich hasse es, auf diese Art und Weise gestört zu werden. Wer will denn was von mir?«
»Keine Ahnung, John. Weder Shao noch ich haben die Post geöffnet. Du musst schon dabei sein.«
»Gut. Ich hole nur den Schlüssel.«
Bisher war der Abend recht ruhig verlaufen. Ebenso wie der zurückliegende Tag. Wir hatten im Büro recht viel Ruhe gehabt und uns nicht weiter stören lassen. Ich hatte mal wieder ein paar Spesenabrechnungen kontrolliert und abgezeichnet und hatte mich auch mit Akten beschäftigt, die uns von anderen Abteilungen zur Verfügung gestellt worden waren.
Es ging darin um die Zukunft des Verbrechens in London. Es ging um Strömungen und Voraussagen, die man daraus ableiten konnte. Es ging um die Mafia, die ebenfalls dabei war, in neue Gebiete einzudringen und sich dabei auf die elektronischen Medien stürzte und diese für sich manipulieren wollte.
Verbrechen am Computer. Geldwäsche auf dem elektronischen Weg. Aber auch die alten Formen waren nicht in Vergessenheit geraten, und es war auch alles internationaler geworden.
Ich hatte viel gelesen, wenig behalten und war dann froh gewesen, Feierabend machen zu können.
Bis jetzt.
Wer mir da eine E-Mail hatte zukommen lassen, war noch die Frage. Okay, ich hätte mir längst einen Computer in die Bude stellen können, aber irgendwie passte er nicht in mein Wohnzimmer. Ich wollte auch irgendwann mal Feierabend haben. Über Handy, Telefon und Fax war ich sowieso immer erreichbar.
Und jetzt diese E-Mail, die bei Shao und Suko eingetroffen war. Genau an der richtigen Stelle, denn Shao gehörte zu den absoluten Computer-Freaks. Sie hatte sich in dieses weitläufige Gebiet regelrecht hineingekniet. So hatte sie zu einem Hobby
Weitere Kostenlose Bücher