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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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Ob sie krank war?
    Darius blickte nach oben. »Wir gehen nach Osten, also ungefähr in diese Richtung, wenn jetzt Mittag ist.«
    »Und dann?«, hakte Martin nach. »Was ist unser Ziel?«
    »In diesem Wald gibt es bestimmt Vanamiri, die können uns helfen«, erwiderte Darius.
    »Und wie sollen wir die finden?«, fragte Tiana zweifelnd.
    »Sie werden uns finden«, antwortete Darius trocken.
    »Bestimmt«, pflichtete Martin bei und grinste breit. »Wenn sie uns nicht hören oder sehen, dann werden sie uns riechen.« Er schnupperte demonstrativ an einer Achselhöhle und zog eine Grimasse.
    Tristan lachte und es war, als würde sich in ihm ein dicker Knoten lockern. Ein wenig von der dauernden Anspannung und auch von der Trauer um die Gefährten fiel von ihm ab. Auch Darius und die Mädchen lächelten, nur Katmar verzog keine Miene. Er hatte wahrscheinlich gar nicht zugehört, stand etwas abseits und starrte ins Leere.
    Sie stanken aber auch wirklich. Seit Tagen hatten sie sich nicht richtig gewaschen und seit mindestens einer Woche die gleichen Kleider an.
    »Kommt!«, forderte Darius. »Wir sollten sehen, dass wir weiterkommen, falls wir verfolgt werden.«
     
    Der Wald schien endlos zu sein. Sie schlugen sich durch das Dickicht über sanfte Hügel, und stets verwehrte ihnen das Blätterdach eine weitere Aussicht. Selbst wenn sie einmal auf eine Lichtung kamen, konnten sie ringsum nur die Baumriesen sehen. Ab und zu war der Gipfel des Vulkans Telargon zu erkennen, der sich nordwestlich von ihnen über die Wipfel erhob, doch es war schwer, die Entfernung zu schätzen. Nirgends war eine Spur von Zivilisation zu entdecken, keine Pfade oder Wege, von Behausungen ganz zu schweigen. Und auch kein Vanamiri zeigte sich ihnen.
    Wenigstens fanden sie Wasser und reichlich Beeren, die den ärgsten Hunger stillten, und als die Dämmerung hereinbrach und sie schon begannen, Holz für ein Feuer zu sammeln, erlegte Darius ein hasenähnliches Nagetier mit einem Blitzzauber. Auch wenn Tristan nicht hinsehen konnte, als sein Vater dem Tier das Fell abzog, lief ihm beim Geruch des über dem Lagerfeuer brutzelnden Fleisches das Wasser im Mund zusammen. Sie hatten das Feuer in einer kleinen Mulde entzündet, sodass es nicht zu weit sichtbar war.
    »Wir sind im Vinur-Wald, südwestlich von Kreuzstadt«, meinte Martin schmatzend, während er genüsslich eine Keule verspeiste.
    Darius nickte, ebenfalls kauend. »Das denke ich auch. Die Lage des Telargon passt ebenfalls. Wir sollten uns morgen mehr in Richtung Nordosten halten, dann müssten wir irgendwann auf den Nassoja treffen, den Fluss, der aus dem Kreuzstädter See fließt.«
    »Aber das ist hier doch Vanamiri-Reich«, meinte Tiana. »Warum zeigen sie sich uns nicht?«
    Darius zuckte die Schultern. »Das wundert mich auch. Sie leben zwar bestimmt nicht überall im Wald, aber ihre Del-Sari haben uns sicher längst entdeckt. Vielleicht war der nächste Außenposten zu weit weg und sie kommen morgen.« Nach dem Essen teilte Darius die Wachen ein, er selbst übernahm die erste, Martin und Tristan waren später an der Reihe.
    Als die anderen sich hingelegt hatten, trat Tristan zu seinem Vater, der am Rand der Mulde an einen Baum gelehnt in die Dunkelheit blickte.
    »Ich glaube, wir haben nicht mehr viel Zeit, Papa«, begann er zögernd. »Ich weiß nicht, wie lange wir in der Unterwelt waren, aber wir müssen schnell zu Svenja.«
    Darius nickte langsam. »Ja, du hast Recht. Ich hoffe, dass uns die Vanamiri Nobos geben können, dann schaffen wir es schnell bis zum Vulkan.«
    »Hast du die Erdbeben auch bemerkt? Glaubst du, der Iphigon ist ausgebrochen?«
    Darius legte ihm den Arm um die Schultern. Für einen Moment versteifte sich Tristan unter der Berührung, ließ sie dann aber doch zu. »Wenn das Portlet zerstört wäre, würden wir es spüren«, beruhigte ihn Darius. »Und bei einem Ausbruch wäre sicher eine Aschewolke am Himmel zu sehen, trotz der Bäume. Aber das Beben könnte eine Eruption angekündigt haben, ein Grund mehr, so schnell wie möglich zum Iphigon zu reisen.«
    Eine Weile standen sie schweigend nebeneinander, das Knistern des Feuers und die nächtlichen Geräusche des Waldes umfingen sie. Alles schien friedlich, so ganz anders als die ständig beengend und drohend wirkenden Tunnel der Unterwelt.
    »Ich kam das erste Mal mit deinem Großvater nach Nasgareth, da war ich kaum älter als du«, begann Darius unvermittelt. »Es war sein Geschenk zu meinem sechzehnten Geburtstag.

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