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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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zurückkehren und so tun, als ginge ihn der hiesige Konflikt mit den Nekromanten nichts an? Jetzt, wo er das Land kannte und Freunde hier hatte?
    Trotz der drängenden Gedanken musste er gähnen, der lange Marsch forderte seinen Tribut. Morgen war auch noch Zeit, sich über die Fragen den Kopf zu zerbrechen, und so wünschte er seinem Vater eine gute Nacht und machte es sich neben den anderen so bequem wie möglich.
     
    Am nächsten Morgen erreichten sie nach kurzem Marsch einen kleinen Weiher. Da sie noch immer stanken und schmutzig waren, beschlossen sie sich zu waschen, auch wenn sie mangels anderer Kleider danach ihre vor Dreck starrenden Sachen wieder würden anziehen müssen. Der Sittsamkeit halber gingen die Mädchen ein paar Meter weiter, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Darius übernahm die Wache und wusch sich nur Arme und Gesicht, während die anderen Männer sich entkleideten.
    Der Blick auf den eigenen bloßen Körper war für Tristan nach der langen Reise bestürzend. Brust, Bauch und Beine waren mit Blutergüssen in allerlei Farbschattierungen bedeckt und mit schorfigen Wunden übersät. Einige der Flecken entpuppten sich bei näherem Hinsehen aber als eingetrockneter Dreck. Das Wasser des Weihers war überraschend warm – vermutlich dank einer vulkanischen Quelle – und das Bad nicht zuletzt deshalb eine Wohltat. Tristan genoss die entspannende Wirkung des warmen Wassers, tauchte unter, glitt mit einigen Schwimmzügen dahin und vergaß für einen Moment all seine Sorgen.
    »Pass auf, hier gibt es faustgroße Wasserspinnen«, rief ihm Martin zu.
    Tristan schrak zusammen und ruderte wie wild zum Ufer zurück.
    Martin lachte. »War nur Spaß!« Selbst Katmar, der zuletzt kaum ein Wort gesprochen hatte, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    Tristan bespritzte die beiden mit Wasser und es begann eine ausgelassene Wasserschlacht, die aber ein jähes Ende fand, als plötzlich der spitze Schrei von einem der Mädchen zu ihnen drang.
    Katmar sprang zum Ufer, Tristan und Martin, die weiter davon entfernt waren, schwammen hingegen mit hastigen Zügen in die Richtung, wo die Mädchen baden mussten. Sie umrundeten eine kleine Landzunge und entdeckten dahinter Tianas Kopf. Sie schwamm im Wasser. Vinjala stand näher beim Ufer, ihr reichte das Wasser nur noch bis zu den Knien. Sie kreischte erneut, als sie Martin und Tristan erblickte. Sie versuchte hastig ihre Blöße zu bedecken und ließ sich schließlich einfach ins Wasser plumpsen.
    Tristan versuchte zu erkennen, was wohl der Anlass für ihren ersten Schrei gewesen war, konnte aber nichts Verdächtiges entdecken. »Was ist denn los?«, fragte er, schon mehr amüsiert als alarmiert.
    Ehe eines der Mädchen noch etwas erklären konnte, trat Darius bereits ans Ufer. »Alles in Ordnung!«, rief er. »Zieht euch an, die Vanamiri haben uns gefunden.«
    Wenig später standen sie an Land. Die Vanamiri ließen sich nicht blicken, was Tristan erst recht das unangenehme Gefühl gab, beobachtet zu werden. Er beeilte sich mit dem Anziehen und trat dann zu seinem Vater. »Wo sind sie?«, fragte er leise.
    »Sie haben sich zurückgezogen. Ihnen selbst ist Scham zwar fremd, aber sie respektieren unsere Gefühle. Sie werden gleich zurückkommen.«
    Tatsächlich tauchten zwei Vanamiri quasi aus dem Nichts auf, kaum dass die Mädchen sich als letzte zu ihnen gesellt hatten. Tristan versuchte die Gesichter der beiden Fremden genau zu mustern, doch für ihn sahen die beiden genauso aus wie die anderen Vanamiri, die er schon gesehen hatte. Unterscheiden konnte man sie allenfalls an den Hosen, die sie trugen. Doch als sie sprachen, klangen ihre Stimmen deutlich heller als die von Lord Noldan.
    »Verzeiht unser ungebührliches Auftauchen vorhin«, begann einer der beiden an Vinjala gerichtet. »Wir sind den Umgang mit Menschen nicht gewöhnt und waren uns eurer Schamhaftigkeit nicht bewusst. Es war nicht unsere Absicht, eure Privatsphäre zu verletzen.«
    Vinjala wurde rot und nickte nur. Es war schwer zu sagen, was ihr peinlicher war, die Ansprache oder nackt gesehen worden zu sein.
    »Das ist Sildin und ich bin Maldin vom Volke Kolrons. Wir wurden angewiesen, euch so schnell wie möglich zu unserer Siedlung zu bringen. Wenn euch das recht ist, edler Paladin«, fügte sie an Darius gerichtet hinzu, auch wenn Tristan sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass ihnen Darius‘ Meinung eigentlich gleichgültig war.
    »Wir hatten gehofft, euer Volk zu treffen«, antwortete

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