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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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die Dunkelheit eroberte den Gang zurück.
    Tristan hätte sich gern eine Leuchtkugel herbeigezaubert, war sich aber nicht sicher, ob er im Dunkeln die richtigen Zaubermale finden würde. Er zwang sich, einige Male tief durchzuatmen, um die aufkommende Angst vor der allumfassenden Finsternis im Zaum zu halten. Schon bildete er sich ein, andere Geräusche als das gleichmäßige Atmen der anderen zu hören. Hatte da nicht etwas geschabt? Ein Spinnenbein? Sein Herz schlug schneller und er schalt sich einen Narren. Um sich zu beruhigen, lenkte er seine Gedanken auf andere Dinge.
    Was wohl die Oger taten? Das Dröhnen ihrer Trommeln war nicht zu hören gewesen, seit er erwacht war. Ob sie einfach am Ein- und Ausgang des Schachtes darauf warteten, dass sie herauskamen? Oder hatten sie ihre Spur verloren und suchten nun überall vergeblich nach ihnen? Den dummen Riesen war das durchaus zuzutrauen, aber da waren ja auch noch die Adepten und die von ihnen kontrollierten Untoten. Schaudernd dachte er an den Leichnam von Claude, der seinen eigenen Sohn erdolcht hatte.
    »Ist jemand wach?«, flüsterte plötzlich eine Stimme im Dunkeln und Tristan schrak heftig zusammen.
    »Ja«, flüsterte er zurück, aber es klang immer noch zu laut in der Stille, obwohl er sich alle Mühe gab, leise zu sein.
    »Tristan?«
    »Ja, bist du das, Tiana?«
    »Genau. Wo ist Rani?«
    Tristan zuckte die Schultern, erst dann wurde ihm klar, dass Tiana die Geste nicht sehen konnte. »Ich weiß nicht. Sie meinte nur, sie hätte eine Idee, und ist weggegangen.«
    Eine Weile herrschte ratlose Stille. »Meinst du, ich kann eine kleine Leuchtkugel herbeizaubern?«, fragte Tiana dann.
    »Ich glaub schon. Von den Ogern ist nichts zu hören oder zu sehen.« Tristan kniff die Augen zusammen, als die jähe Helligkeit von Tianas kleiner Kugel ihn blendete. »Wie machst du das bloß im Dunkeln?«, fragte er bewundernd. »Ich könnte die kleinen Male nie ohne Licht finden.«
    »Alles Übungssache. Du glaubst nicht, wie oft uns Keldra das mit geschlossenen Augen hat üben lassen.«
    Das Licht weckte Darius, der sich ruckartig aufsetzte und sich die Augen rieb. Auch er fragte nach Rani und verzog auf Tristans Antwort hin den Mund. »Wir sollten eigentlich weitergehen, aber ohne Rani und ohne Karte … Warten wir mal ab, was sie für eine Idee hat. Etwas anderes bleibt uns ja kaum übrig.«
    Schweigen setzte ein, während Darius mit Blitzzaubern vorsichtig die Schellen der Fesseln löste, die noch immer seine Handgelenke umschlossen.. Tristan war es unangenehm, mit Tiana und seinem Vater beisammen zu sitzen nach dem, was er in den letzten Stunden erfahren hatte. Auch Tiana wirkte peinlich berührt und starrte intensiv auf den Fels vor sich.
    Darius sah von einem zum anderen und seufzte. »Das tut mir alles furchtbar leid, ihr beiden. Ich war weder ein guter Vater noch ein guter Großvater. Immer habe ich nur die Pflicht gesehen, war selten da, habe mich in Gefahr begeben und nun – nun musstet ihr euch sogar meinetwegen in Gefahr bringen.«
    Keiner der beiden antwortete. Tristan wusste nicht, was er dazu sagen sollte, und Tiana fiel offensichtlich auch nichts ein. Als sich die Stille zwischen ihnen schon quälend lang hinzog, wurde sie jäh unterbrochen.
    Bum-Bum-Bum.
    »Sie haben uns gefunden!«, zischte Darius und weckte die anderen. »Los, los, packt alles zusammen, wir müssen sofort weiter, ehe sie uns den Weg abschneiden.«
    »Aber Rani…«, begehrte Tristan auf.
    »Wir können nicht warten«, unterbrach Darius barsch. »Wenn sie unten vor dem Schacht stehen, kann Rani sowieso nicht mehr zu uns zurückkommen. Los jetzt!« Er half Vinjala auf, die noch immer erschöpft wirkte, und trieb sie alle vor sich her.
    Bum-Bum-Bum.
    Bislang kam das Geräusch nur von hinten, aber nun fast pausenlos. Tristan wünschte sich die Stille zurück, fühlte sich gehetzt, gerade so, als säßen ihm die Oger selbst im Nacken und nicht nur ihre Trommelschläge, auch wenn sie langsam leiser wurden, je weiter sie voran kamen.
    Der Schacht mündete nur ein paar hundert Meter weiter in einen breiten Stollen, der nach links und rechts weiterführte. Wieder die Trommelschläge von hinten, und da, Bum-Bum-Bum , kamen sie plötzlich auch aus einer anderen Richtung, von rechts. Sie rannten nach links, nur weg von dem Lärm. Doch nach wenigen Metern kamen die Schläge auch von vorn. Wohin jetzt? Vinjala schluchzte. »Sie sind überall!«, stieß sie panisch hervor und blieb

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