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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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wehren. Was wie ein leichtes Durchbrechen zum Tor des Palastes ausgesehen hatte, drohte in einem Fiasko zu enden. Es musste schnell etwas passieren.
    Martin stieß einen wilden Kampfschrei aus und Tristan sah, wie er seine Axt einem Oger zwischen die Beine trieb und blutig wieder herausriss. »Tristan!«, rief er. »Wir brauchen eine große Schockwelle! Schnell!«
    Tristan sah sich nach Meister Johann um, aber der alte Paladin lehnte schwach an einer Hauswand und keiner der Paladjur würde einen so starken Zauber wirken können. Tristan schluckte, die Verantwortung lag nun allein bei ihm. Aber welche Male brauchte er nochmal für den Zauber? Der unglaubliche Lärm um ihn herum machte es schwer, sich zu konzentrieren. Er wählte das größte Stärkemal und die anderen und spürte das vertraute, unangenehme Kribbeln im Finger, das – wie Keldra ihm erklärt hatte – auf jeden Fall einen Angriffszauber ankündigte. »Duckt euch! Schockwelle!« brüllte er aus Leibeskräften und kniete sich selber hin. Er gab den anderen eine Sekunde, um zu reagieren, dann feuerte er den Zauber ab.
    Es kam wieder zu dem Knick in der Luft. Tristan hatte auf die Brusthöhe der Oger gezielt und in dieser Höhe entfaltete die Welle ringförmig ihre ganze Wucht. Auch die Wolfsmenschen traf sie und einige Soldaten wurden umgerissen, aber vor allem erwischte sie die Oger, die um ihr Gleichgewicht kämpften, aber zumeist doch fielen und dabei Wolfsmenschen mitrissen oder unter sich begruben.
    Auch Tristan landete unsanft auf dem Rücken, rappelte sich aber außer Atem sofort wieder auf und griff nach seinem Schwert. Dabei fiel sein Blick auf Tiana, die nicht weit entfernt auf dem Pflaster lag. Sie hatte eine klaffende Wunde an der Stirn, ob sie noch lebte? Zum Glück war schon ein anderer Paladjur bei ihr und kümmerte sich um sie.
    »Nachsetzen!«, brüllte Martin weiter vorn. »Für die Paladine!«
    Unbändige Wut erfüllte Tristan, als sein Blick über all die toten und verletzten Paladjur schweifte. Dieser Anblick ließ ihn endgültig alle Zweifel vergessen und er sprang den ersten Oger an und schlug ihm die Klinge bis zum Knauf in den Hals, noch ehe der sich wieder aufrichten konnte.
    Neben ihm brüllte Martin aus Leibeskräften und seine Axt zuckte auf und ab und richtete ein Blutbad unter den Ogern an, die schwerfällig versuchten, wieder auf die Beine zu kommen. Die Schützen nahmen fast jeden Wolfsmenschen aufs Korn, der sich in den vielen Reihen der Umgefallenen wieder regte. In der Mitte des Platzes sah Tristan weitere Oger straucheln und die zweite Gruppe brach mit Ilgar an der Spitze zu ihnen durch, auch einige Gardisten waren bei ihnen.
    »Drängt sie vom Tor weg, wir müssen zum Palast«, rief Johann mit noch immer brüchiger Stimme und mit frischen Kräften kämpften sich die beiden Gruppen in Richtung Tor vor. Wolfsmenschen flohen jaulend, Oger droschen ziellos um sich, ehe sie fielen, und eine Salve von Armbrustbolzen von der Palastmauer tat ihr Übriges. Die Kreaturen, die es nicht mehr schafften, aus der Zange der beiden auf das Tor zustürmenden Gruppen zu entkommen, wurden gnadenlos niedergemacht, bis der Palasteingang erreicht war.
     
    Als die Monster sich zurückzogen, setzten die Paladjur ihnen nicht nach, sondern bildeten einen schützenden Halbkreis um das Palasttor. Ihre Gegner zogen sich bis zum Brunnen zurück, wo sie außer Reichweite der Armbrustbolzen waren, und machten keine Anstalten, wieder anzugreifen.
    Nachdem sein Hass verebbt war, fühlte Tristan sich nun wie betäubt. Sein Schwert war wie Ballast an seiner schlaff herabhängenden Hand und er starrte mit offenem Mund auf das Schlachtfeld, dessen blutiger Untergrund erst jetzt voll zutage trat. Zu Dutzenden lagen die Leiber von Ogern, Wolfsmenschen und Gardisten übereinander, ihr Blut vermischte sich zu einem glitschigen Belag, der das Pflaster bedeckte, und man schmeckte den metallischen Geschmack von Blut im Mund. Hier und da regte sich noch jemand, schrie um Hilfe oder wimmerte leise. Auch an Tristans Klinge lief das Blut herab und er musste sich zusammenreißen, um das Schwert nicht angeekelt fallen zu lassen. Es war ein Mordwerkzeug, er hatte damit getötet, mein Gott. Tränen stiegen ihm in die Augen, er fühlte sich entsetzlich.
    »Bist du in Ordnung, Tristan?« Es war Martins Stimme. »He Junge? Bist du verletzt?«
    Tristan schüttelte matt den Kopf.
    Martin fasste ihn bei den Schultern und zog ihn sanft, aber bestimmt vom Schlachtfeld weg.

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