Verschollen
angriffen und ihre Gegner so davon abhielten, in diese Gasse zu fliehen. Tristan beobachtete das Treiben eine Weile und bald erkannte er, dass es keine echten Echsen waren, die er da sah. Mehrmals schien es, als würden sie durch einen Wolfsmenschen hindurchlaufen und vor allem hätte doch die Erde beben müssen, wenn die sicher tonnenschweren Echsen über den Platz donnerten. Der Boden zitterte jedoch nicht, es war alles nur eine Illusion.
Selbst wenn das auch den Wolfsmenschen und Ogern klargeworden wäre, es hätte keine Rolle gespielt. In ihrem ungeordneten Rückzug fielen sie zu Dutzenden Katmar und seinem Trupp zum Opfer und schon in Kürze würden alle in der Gasse sein. Höchste Zeit vorzurücken.
»Kommt jetzt«, rief Simiur und führte seine Gruppe auf die Gasse zu. Dabei mussten sie über das Schlachtfeld laufen, stiegen über Leichen und gingen durch Pfützen von Blut. Tristan zwang sich, stur geradeaus zu blicken, um nicht in die Gesichter der Toten sehen zu müssen.
»Haltet euch bereit, auf drei«, befahl Simiur. »Zielt die Schockwelle auf Brusthöhe der Wolfsmenschen. Schildzauber ausführen.« Sie kamen heran, Katmar, Ilgar und Martin trieben in vorderster Front die Wolfsmenschen zurück, die sich aber nun, da die Lorbos plötzlich spurlos verschwunden waren, neu formierten und wieder Gegenwehr leisteten.
»Eins«, rief Simur, Tristan berührte das größte Stärkemal, zögerte kurz, und berührte es dann noch zweimal, »zwei, Katmar, Vorsicht!« Tristan wählte die Male für die Schockwelle und hob die Hand, die heftigst kribbelte. Ein kurzer Blick auf seine Mitstreiter, auch sie standen mit erhobenen Händen bereit. » Drei !«
Was dann geschah, bekam Tristan nicht mit. Als er den Zauber abfeuerte, war ihm, als würde er ausgesaugt, er brach in die Knie und übergab sich. Alles drehte sich, sein Blickfeld verschwamm und wurde schmal. Halt suchend streckte er die Hände aus, um nicht mit dem Kopf auf das Pflaster zu schlagen, denn der schien plötzlich Tonnen zu wiegen. Vage spürte er eine stützende Hand, hörte Kriegsgebrüll und Schwertgerassel, ein ohrenbetäubendes Getöse, das ihm den Schädel zerplatzen zu lassen drohte.
Nur langsam wurde es besser, der Schwindel ließ etwas nach, sein Blick wurde wieder klarer. Tristan setzte sich auf die Hacken und spuckte die letzten Reste Erbrochenes aus. Martin war bei ihm und sah besorgt aus. »Es geht schon«, murmelte Tristan schwach. »Hilf mir hoch.«
Martin musste ihn stützen, damit er nicht gleich wieder in die Knie brach. Alle anderen waren in die Gasse gestürmt, die Kämpfer metzelten die Oger und Wolfsmenschen nieder, andere gaben ihnen mit Schildzaubern Schutz.
Die Gasse hatte sich verändert. Schutt lag auf dem Boden, Fensterläden waren abgerissen, die Häuser direkt am Eingang der Gasse schienen sogar leicht eingedrückt. Und überall Kadaver von Ogern und Wolfsmenschen, teilweise mit abgerissenen Gliedmaßen.
»Meine Güte«, entfuhr es Tristan, eine neue Welle von Übelkeit kam in ihm hoch.
»Das war schon eine ordentliche Schockwelle, du machst deinem Vater alle Ehre«, pflichtete Martin grinsend bei. »Ich glaube, wenn du halb so viel Energie reingesteckt hättest, hätte es auch gereicht.«
Tristan schüttelte sich. Wie konnte Martin im Angesicht all dieser Gräuel noch solche Bemerkungen machen? Ihm war jeder Humor abhanden gekommen und er sehnte sich nur danach, endlich von hier weg zu kommen. Aber noch war es nicht vorbei, vielleicht wurden sie noch gebraucht.
Die Schlacht tobte gut 30 Meter vor ihnen und sie wankten ihren Kameraden hinterher, mit jedem Schritt wurde Tristan wieder sicherer. Plötzlich hörten sie Triumphgebrüll und erkannten, dass die ersten Kreaturen die Flucht antraten. »Ihnen nach!«, schrie jemand, und alle setzten den Monstern hinterher. Das Gewinsel der Wolfsmenschen war deutlich zu hören, sie alle wandten sich Richtung Bergwerk, dessen Eingang bereits zu sehen war. Dabei drängten sie die noch kampfeswilligen Oger einfach mit zurück, die nun wütend auf ihre fliehenden Verbündeten eindroschen. Noch dazu geriet die Flucht ins Stocken, als die ersten den engeren Teil des Stollens erreichten, und so kamen die Verfolger näher und wüteten weiter unter ihnen.
Tristan und Martin blieben stehen, der Sieg schien nun sicher. Sie standen an der letzten Kreuzung vor dem Tunneleingang, rechts zweigte eine Sackgasse ab, die Gasse links führte Richtung Stadttor.
»Mein Gott«, murmelte Martin
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