Verschollen
halfen ihnen, ihre Zaubermale zu erforschen. Doch es stellte sich bald heraus, dass ihre Zauber ganz anders waren als die unseren. Heil- und Schutzzauber beherrschten sie so gut wie gar nicht, konnten dafür aber vernichtende Angriffszauber wirken, anderen Lebewesen ihren Willen aufzwingen und sogar tote Lebewesen mit neuem, wenn auch kurzzeitigem Leben erfüllen. Bald wurde ihnen die enorme Macht bewusst, die ihnen zu Gebote stand, und sie wollten nicht länger bewahren und beschützen, wie wir Paladine es tun, sondern herrschen. Es kam zum Konflikt und wir wenigen Paladine waren beinahe machtlos gegen ihre rücksichtslose Brutalität. Zwar konnten wir ihr Herrschaftsgebiet begrenzen und ihnen Einhalt gebieten, doch sie zu besiegen, gelang uns nicht, und so terrorisierten sie einen Teil der westlichen Insel mit ihren Untoten. Sie nannten sich Nekromanten und Markus, ihr Anführer, gab sich den Namen König Mardra. Es war eine schreckliche Zeit mit vielen Opfern.
Zum Glück ging der Zweite Weltkrieg wenige Wochen nach Ausbruch des Konfliktes mit den Nekromanten zu Ende und viele Paladine kehrten zurück. Es gelang uns, die Nekromanten mit einem überraschenden Schlag zu stellen.« Er schüttelte den Kopf. »Solch eine Zaubererschlacht habe ich seither nie mehr gesehen. Obwohl wir ihnen zehn zu eins überlegen waren, wurden viele Paladine von den Untoten erschlagen, die die Nekromanten beschützten. Erst nach langem Kampf gelang es uns, Robert und Alfred zu töten. Mardra wurde mit einem Lähmzauber außer Gefecht gesetzt.
Nun standen wir vor der schweren Entscheidung, was wir mit ihm machen sollten. Er war für den Tod von Paladinen und vielen Nasgarethianern gleich welchen Volkes verantwortlich, vor allem unter den Gnomen hatten sie gewütet und ihnen Teile der Unterwelt abgetrotzt. Daher beschlossen wir, Mardra den Gnomen zu übergeben. Die Todesstrafe gab es bei ihnen nicht und so verurteilten sie ihn dazu, den Rest seines Lebens in einem der tiefsten Verliese ihrer Unterwelt zu fristen. Da Mardra, wie wir Paladine, kaum alterte und er damals nicht viel älter war als ich, diente eine der letzten Gnomensiedlungen Nasgareths nur noch dazu, den Halbgott des Todes, wie sie Mardra nannten, zu bewachen. Dennoch – ich hätte eigentlich gedacht, er wäre mittlerweile gestorben.«
»Das glaube ich immer noch«, sagte Brenda. »Ich vermute eher, dass wir es mit neuen Nekromanten zu tun haben, die durch die dunkle Pforte gekommen sind.«
Johann schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen, aber letztlich bleibt uns die Gewissheit, dass ein oder mehrere Nekromanten hinter den Angriffen stecken und sie offenbar die alten Stollen der Gnome nutzen. Die Frage ist nun, wie wir ihnen begegnen.«
»Wir müssen die anderen Paladine befreien«, sagte Jessica mit Nachdruck. »Wer weiß, was man ihnen dort antut.«
»Aber der oder die Nekromanten sind mit einer Armee von dreißig Paladinen fertig geworden«, gab Pierre zu bedenken. »Wir sind nur noch zu dritt, zu viert, wenn wir Tristan mitzählen, dessen Ausbildung aber nicht abgeschlossen ist.«
»Darius und seine Paladine ritten ins Unbekannte. Sie wussten nicht um die Gefahr, um die Macht ihrer Gegner. Wir erahnen sie nun wenigstens«, erwiderte Johann. »Und wir wissen, dass sie in den Stollen sind. Mit Hilfe der Gnome sollte es uns möglich sein, herauszufinden, wo sie sich verbergen und vor allem, wo die Paladine gefangen gehalten werden. Ich werde den Gnomenkaiser Lasus benachrichtigen und ihn bitten, herzukommen oder einen Abgesandten zu schicken. Wir sollten zusammen mit Fürst Sildar, Hochlord Malron und den Gnomen die Lage erörtern und einen Plan schmieden, denn diese Gefahr geht alle an.
Es wird wohl einige Zeit dauern, bis der Kaiser oder ein anderer Gnom hier eintrifft, aber die können wir nutzen, um uns und die Paladjur für den Kampf gegen die Untoten zu wappnen. Verliert aber kein Wort über Mardra und die Nekromanten. Das wird noch früh genug für Unruhe sorgen.«
Nach dem Treffen suchte Tristan nach Tiana und fand sie allein hinter der Scheune. Sie weinte heftig. Bestürzt trat er zu ihr und legte sanft seine Hand auf ihre Schulter. »Was ist denn, Tiana?«
»Voruk«, schluchzte sie. »Voruk ist gefallen, gestern, in Nephara. Sie haben ihn gerade hergebracht.«
Voruk, der schweigsame Schüler. Tristan erinnerte sich, ihn kurz während des Kampfes gesehen zu haben. Er hatte Voruk kaum gekannt, doch die Nachricht traf ihn dennoch und
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