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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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letzten Tagen schon rar geworden, das Brot alt und trocken und das Pökelfleisch zäh wie Gummi. Verglichen damit war das saftige Fleisch hier ein Hochgenuss und das Brot war frisch, weich im Innern und knusprig am Rand und mit der Creme als Aufstrich einfach köstlich. Tristan und Martin ließen es sich schmecken und beachteten die anderen Gäste nicht weiter.
    Erst als sie fast fertig waren, ließ aufgeregtes Gemurmel sie aufblicken. Die Sicht auf die Eingangstür war durch die mittlerweile dicht gedrängt stehenden Gäste verdeckt, aber offenbar war jemand hereingekommen, der für einiges Aufsehen sorgte. Es kam Bewegung in die Menge und sie teilte sich, um jemandem Platz zu machen, den Tristan und Martin aber nicht sehen konnten. Über das Gemurmel hinweg hörte man einige hart gesprochene Worte, die kaum zu verstehen waren, aber wie Flüche klangen, und schließlich stand die Ursache der Aufregung fast direkt vor ihrem Tisch.
    Es war eine Gnomin, knapp größer als die Tische, und sie fuchtelte in Richtung der Soldaten. Die Aufregung war verständlich, denn die Gnomin hatte fast keine Kleider am Leib, nur so etwas wie Shorts, ihr Oberkörper aber war nackt. Als sie sich Martin und Tristan zuwandte, verschluckte sich der Junge und starrte sie an. Die Gnomin hatte drei Brüste, die sie offen zur Schau trug.
    Sie bemerkte Tristans Blick und schaute selbst auf ihre Brüste. Dann trat sie mit vorgerecktem Kinn zu ihrem Tisch. »Was guckst?«, bellte sie mit tiefer Stimme und nickte zu der Magd hin, die gerade aus der Küche kamen. »Eure Weiber auch haben, oder?«
    Tristan bemerkte, wie er knallrot anlief und vor allem, dass ihm der Mund offen stand, obwohl er noch einen Bissen Fleisch darin hatte. Hastig kaute er weiter und blickte demonstrativ woanders hin.
    Martin grinste und winkte der Gnomin, näher zu treten. »Bist du mit den Feuerfässern gekommen?«, fragte er neugierig, nahm einen Schluck aus seinem Krug und ignorierte dabei ihre Blöße völlig.
    Die Gnomin legte den Kopf schief. »Feuerfässer hier? Ich nicht weiß. Kaiser geschickt, Rani gekommen, suchen Paladine.«
    Diesmal war es an Martin, sich vor Überraschung zu verschlucken. Er hustete heftig, Rani ging zu ihm und trat ihm heftig gegen das Schienbein.
    »Aua.« Martin funkelte sie zornig an. »Was sollte das denn?«
    »Nicht helfen? Wenn verschlucken, Gnome treten.«
    Martin starrte sie einen Augenblick ungläubig an und fragte sich offenbar, ob sie das ernst meinte oder ihn verschaukeln wollte. »Aha«, machte er nur. »Menschen schlägt man besser auf den Rücken, wenn sie sich verschlucken«, fügte er nach einer Weile hinzu. »Und Menschen ziehen sich normalerweise was an, wie du siehst.«
    Rani blickte sich um und hob die Hände mit den Flächen nach oben auf Schulterhöhe. »Ich nicht Menschenkenner.«
    Martin grinste wieder. »Na, das merkt man.« Er winkte die Magd herbei und tuschelte kurz mit ihr. Sie nickte, warf Rani einen missbilligenden Blick zu und verschwand dann. Kurz darauf kam sie mit einem Kinderhemd zurück und reichte es Rani.
    Die Gnomin betrachtete es eine Weile stirnrunzelnd und schnaufte in ihrer Sprache vor sich hin, dann zog sie es über und knöpfte es notdürftig über ihren Brüsten zusammen. »Zufrieden?«, keifte sie zu den anderen Gästen hinüber, von denen ihr noch immer Blicke zugeworfen wurden.
    »Setz dich doch«, bot Martin ihr den dritten Platz an.
    Rani warf ihm einen langen Blick zu, vollführte dann wieder die Geste mit ihren Händen, die wohl so etwas wie ein Schulterzucken bei Gnomen war, und kletterte auf den Stuhl. Sie deutete auf die Fleischreste auf Tristans Brett. »Totes Großtier, das?«
    Tristan schluckte den letzten Bissen krampfhaft herunter und nickte.
    Rani verzog den Mund. »Wie essen können? Keine Würmer, Schnecken, Asseln?«
    Tristan legte das Besteck weg und unterdrückte ein Würgen.
    »Du hast wohl wirklich noch nicht viel mit Menschen zu tun gehabt«, bemerkte Martin. »Woher kommst du?«
    Rani runzelte die Stirn, was aufgrund der fleischigen Haut dort zu einer regelrechten Gebirgslandschaft führte. »Tunnel, was glauben du?«
    »Und du bist die Heldin Rani, die der Kaiser geschickt hat, um den Paladinen zu helfen?«
    Sie legte den Kopf schief. »Woher wissen?«
    Martin gab Tristan einen unauffälligen Wink und der zog den Ärmel seines Hemdes ein wenig nach oben, sodass man die Zaubermale sehen konnte.
    Rani begutachtete sie kurz und musterte Tristan mit kritischem Blick.

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