Verschollen
nachher.«
Tristan stellte seinen Ellenbogen neben Ilgars und packte seine Hand.
»Los!«, rief einer der Soldaten und sofort begann Ilgar zu drücken. Seine Kraft war enorm und hätte Tristans Arm normalerweise in Millisekunden auf die Tischplatte genagelt, doch mit seinen Paladinenkräften konnte der Junge standhalten. Dennoch kamen Zweifel in ihm auf, ob er Ilgar wirklich besiegen konnte. Ein Blick in Ilgars rot angelaufenes Gesicht zeigte ihm, dass der seinerseits schon alle Kräfte mobilisierte. Tristan konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, was Ilgars Verbissenheit nur noch steigerte, doch ihre Hände bewegten sich kaum einen Millimeter, nur Ilgars Arm fing an zu zittern.
Unvermittelt riss Ilgar seine Hand weg, stand auf und stampfte ohne ein Wort davon. Seine Kumpanen sahen sich kurz ratlos an und folgten ihm dann, nicht ohne dass der eine oder andere Tristan einen bewundernden Blick zuwarf.
Er verließ die brechend volle Taverne kurz nach ihnen, da der Gestank nach Alkohol, Rauch und Schweiß unerträglich wurde. Draußen war es bereits dunkel geworden und obwohl an den Straßenecken Fackeln in speziellen Halterungen brannten, hatte er einige Mühe sich zurechtzufinden und den richtigen Weg einzuschlagen.
Vor der Stadt stand mittlerweile das Lager aus Dutzenden von Zelten. Für die Soldaten waren große aufgebaut worden, für Offiziere und die Paladjur standen kleinere bereit. Um die Lager herum hielten Soldaten Wache, es war bereits relativ ruhig. Wer noch nicht schlief, suchte wohl Zerstreuung in der Stadt.
Tristan erkundigte sich bei einer der Wachen nach seinem Zelt. Die Ehrfurcht, mit der der Soldat ihm den Weg zeigte, war ihm peinlich. Er bereute es schon, das Armdrücken vorgeschlagen zu haben. Wenn das die Runde machte, würden ihn nur noch mehr Soldaten mit solchen Blicken anstarren.
Im Zelt wartete eine einfache Decke, die mehrfach gefaltet auf dem Boden lag, aber kaum Polsterung bot. Schon die letzten Nächte waren hart und unbequem gewesen und Tristan hatte sich mehrmals gewünscht, die Isomatte und der Schlafsack wären auch in Nasgareth schon erfunden. So lag er auch heute noch lange wach und wälzte sich hin und her, um eine halbwegs bequeme Stellung zu finden.
11
ALS TRISTAN AM MORGEN AUS SEINEM ZELT KAM, war der Himmel zugezogen. Bislang war das Wetter ihnen auf ihrem Marsch hold gewesen, doch angesichts der finsteren Wolkenmassen am Himmel, war Tristan sich sicher, dass es damit vorbei war. Um ihn herum herrschte geschäftiges Treiben. Die Soldaten hatten einen Großteil der Zelte schon abgebaut und machten sich zum Aufbruch bereit. Offenbar war das Bataillon aus dem Norden noch in der Nacht eingetroffen, sodass sie schon heute weiterreisen konnten. Die Aussicht auf einen Marsch bei strömendem Regen war nicht dazu angetan, Tristans ohnehin schon schlechte Laune zu verbessern. Er rieb sich die schmerzende Hüfte und streckte sich, um die Verspannungen loszuwerden, die ihm das harte Nachtlager beschert hatte.
Tristan blickte sich nach einem bekannten Gesicht um, doch es waren nur Soldaten zu sehen. Die Zelte um seines herum waren zum Teil auch schon abgebaut und so nahm er seinen Rucksack und sein Schwert an sich und schlenderte in Richtung Stadttor.
»Tristan!«
Er zuckte zusammen, als er Tiana rufen hörte. Für einen Moment war er versucht, einfach so zu tun, als hätte er sie nicht gehört und weiter zu gehen, blieb dann aber doch stehen und wartete.
»Na?«, fragte sie und hatte einmal mehr dieses Lächeln auf den Lippen, das Tristan jetzt aber nur noch einen schmerzhaften Stich versetzte. »Ich habe dich während des Marsches gar nicht gesehen.«
»Kann schon mal vorkommen unter 1000 Menschen«, brummte er.
Ihr Lächeln erlosch. »Du bist immer noch …?«
»Immer noch was?«, blaffte er so laut, dass einige umstehende Soldaten sich zu ihnen umdrehten. »Enttäuscht? Ja. Verletzt? Ja. Noch was?«
Sie blickte beschämt zu Boden. »Aber ich dachte, wir könnten …«
»Freunde sein?«, ätzte er. Dieser Standardspruch hatte ihm gerade noch gefehlt.
»Wir sind viel mehr als Freunde!« Sie begann zu schluchzen. »Ich würde es dir so gern erklären …« Sie konnte die Tränen nicht länger zurückhalten und lief davon.
Tristan blieb ratlos und mit schlechtem Gewissen zurück. Viel mehr als Freunde, was sollte das nun wieder bedeuten?
»Alles bereit?«, fragte Jessica hinter ihm.
Tristan fuhr herum und wurde rot. Ob sie die Szene beobachtet
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