Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1
und alle anderen Berge der Alaska Range um ein Vielfaches überragte. Majestätisch thronte er über den verschneiten Tälern. Sein Gipfel, nur für Sekunden sichtbar, verschwand sofort wieder hinter den dichten Wolken, die sich im Norden zusammengeballt hatten, doch selbst jetzt ahnte man noch seine majestätische Größe. Ein Berg, wie es ihn nicht einmal im Himalaya gab, rauer und abweisender, für viele Betrachter aber auch faszinierender als der Mount Everest.
»Ist das nicht ein toller Anblick?«, fragte Carol. »Wenn man den Gipfel nicht sehen kann, finde ich den Berg noch beeindruckender und geheimnisvoller. Deshalb habe ich mich um eine Stelle im Denali National Park beworben. Ich halte jedes Mal hier, obwohl ich schon seit ein paar Jahren hier arbeite.«
»Und wo warst du vorher?«
»Yosemite«, antwortete die Rangerin, »unten in Kalifornien. Auch so ein Park, der sich vor Bewerbungen nicht retten kann, aber ich habe mich dort nie so richtig wohlgefühlt. Kalifornien ist nichts für mich. Ich bin in Alaska aufgewachsen und würde dieses Land für kein Geld der Welt eintauschen. Als die Stelle im Denali frei wurde, habe ich mich sofort beworben.« Sie lächelte zufrieden. »Meine Vorfahren stammen aus Deutschland, da gibt es überhaupt keine Berge, jedenfalls keine so hohen wie hier. Sie kamen während des Goldrausches am Klondike. Reich wurden sie nicht, aber das Land muss sie so fasziniert haben, dass sie hierblieben und einen Laden in Willow eröffneten. Ich bin in der Wildnis aufgewachsen, hier draußen fühle ich mich wohl.«
»Mir geht es ähnlich«, stimmte Julie ihr zu. »Ich könnte nie in einer Stadt wie New York oder Los Angeles leben. Wir kommen aus Montana. Mein Vater war Chirurg an einem Krankenhaus in Billings, da lernte er auch meine Mutter kennen, die ebenfalls dort arbeitete. Doch als das neue Krankenhaus in Fairbanks gebaut und meinem Vater der Posten als Chefarzt angeboten wurde, zogen wir nach Alaska. Ich war damals zwölf. Das Beste, was mir passieren konnte, denn Huskys hatten es mir schon in Montana angetan, und ich nahm sogar an einem Rennen teil. Ich wurde Zweite. Auf einem Hundeschlitten fühle ich mich am wohlsten, deshalb habe ich mich auch für das Winterhalbjahr gemeldet. Es ist einfach wunderbar hier … wie in einem Märchen.«
Sie fuhren auf die Park Road zurück und ließen ihren Huskys, die schon ungeduldig geworden waren, wieder freien Lauf. Im fahlen Licht des beginnenden Tages steuerten sie ihre Schlitten über die verschneite Straße, vorbei an weit ausladenden Fichten, deren Zweige unter dem Gewicht des Schnees weit nach unten hingen. Außer dem Scharren der Schlittenkufen war kaum ein Laut zu hören, nur manchmal drang das Krächzen eines Raben aus dem Wald. Ein Schneehase huschte durch den hellen Bodennebel ins Unterholz.
Am Savage River lenkte Carol ihr Gespann zu einer Blockhütte, die zwischen den Bäumen kaum zu sehen war. Sie sicherte ihren Schlitten, begrüßte einen älteren und lahmenden Husky, der neben der Hütte im Schnee lag und dankbar winselte, als Carol ihm das Fell kraulte, und verschwand in der Hütte. Mit einem Eimer Hundefutter kehrte sie zurück. »Candy hat sich vor einem Jahr den rechten Vorderlauf gebrochen und kommt seitdem nicht mehr auf die Beine.« Sie füllte den Trog des Huskys, stellte den leeren Eimer ab und stieg auf ihren Schlitten. »Shorty sorgt dafür, dass es ihm gut geht.«
»Shorty?«
»Paul Short«, erklärte Carol, »einer unserer Ranger. Alle nennen ihn Shorty, obwohl er der zweitgrößte Ranger im Park ist.« Sie zog lachend den Anker aus dem Schnee. »Er hält die Stellung am Savage River und fährt jede Woche einmal zum Wonder Lake und nimmt dort am ›Projekt Vielfraß‹ teil. Einige Ranger beschäftigen sich mit dem Jagdverhalten dieser Tiere. Du lernst ihn sicher bald kennen. Ein wortkarger Bursche, der am liebsten allein ist, deshalb hat er sich auch freiwillig für den Savage River gemeldet.« Sie lachte wieder. »Woher sollte er auch wissen, dass er so bald Gesellschaft bekommt.«
Julie zog fragend die Augenbrauen hoch, bekam aber schon bald eine Antwort auf ihre unausgesprochene Frage. Auf dem Campingplatz am Flussufer erhob sich ein orangefarbenes Zelt. Ein Mann und eine Frau hielten sich vor dem Zelt auf und waren gerade dabei, sich Schneeschuhe anzuschnallen.
»Mike und Ruth Linaker, nehme ich an«, sagte Carol, als sie vor dem Zelt hielten. »Ranger Carol Schneider und Julie Wilson. Alles okay bei
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