Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1
lächerlich, rief sie sich im gleichen Augenblick zur Ordnung, du kennst den Kerl doch gar nicht. Kaum hattest du ihn gerettet, fing er an, auf den Putz zu hauen, von wegen, er würde das Iditarod gewinnen, und schon wenige Stunden, nachdem er sich mit dir verabreden wollte, ist er mit einem anderen Mädchen um die Häuser gezogen. Auf so einen kannst du verzichten!
Julie hielt ihr Gesicht in den Fahrtwind. Die eisige Kälte vertrieb die unbequemen Gedanken und half ihr, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Der Job im Nationalpark erforderte ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit, und sie durfte sich auf keinen Fall dabei stören lassen, weder von einer Beziehung noch von sonst irgendwas.
Hinter dem Savage River war die Park Road für Besucher gesperrt, es sei denn, sie befanden sich in Begleitung eines Rangers. Aber die Straße war auch hier geräumt, und sie kamen zügig vorwärts. Das Tageslicht, das nur durch wenige Wolken gedämpft wurde, erleichterte ihnen das Fahren. In der Ferne war der Mount McKinley inzwischen fast vollkommen hinter Wolken und Nebelschwaden verschwunden, ein Zeichen dafür, wie schnell sich das Wetter in diesen Breiten ändern konnte, und wie widerwillig der Berg sich zeigte. Selbst lang gediente Ranger konnten die Tage, an denen der Mount McKinley seine ganze Pracht zur Schau stellte, an den Fingern einer Hand abzählen. Wie die Landschaft in einem geheimnisvollen Märchen breiteten sich die Ausläufer der Alaska Range vor ihren Augen aus, nur unterbrochen von dunklen Fichten, die sich wie Scherenschnitte gegen den Schnee abhoben.
Hinter dem Sanctuary River bogen sie nach Süden ab. Über eine schmale Straße, die den Rangern vorbehalten war, fuhren sie am Ufer des zugefrorenen Flusses entlang. Die Straße war nur notdürftig geräumt, und ihnen blieb nichts anderes übrig, als alle paar Schritte von den Kufen zu springen und den Hunden durch hohe Schneeverwehungen zu helfen. Hier blieb Julie keine Zeit mehr, über Josh nachzudenken, der Trail erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit, und sie musste sich gewaltig anstrengen, um in den Augen der erfahrenen Carol nicht als Anfängerin zu gelten. Mit lauten Zurufen dirigierte sie ihre Hunde über die verschneite Straße und an den Hindernissen vorbei, stets darum bemüht, mit dem Schlitten nicht aus der Spur zu kommen und im Tiefschnee zu landen. »Weiter so, Chuck! Ihr schafft das … so ist es gut! Weiter!«
Nach ungefähr einer Stunde hielt Carol im Schatten einiger Bäume. Sie warf Julie einen anerkennenden Blick zu und sagte: »Du kannst mit einem Gespann umgehen. Besser als die meisten anderen …« Sie stutzte und blickte misstrauisch nach Südwesten. Ihre Augen verengten sich. »Hörst du das?«
Julie lauschte angestrengt. Aus der Ferne wehte der Wind das Motorengeräusch zweier Snowmobile heran. Noch war es kaum zu hören, doch als der Wind auffrischte, wurde es lauter, und sie glaubte sogar, die dunklen Schatten der beiden Jugendlichen im schwindenden Tageslicht zu erkennen. »Die beiden Jungs«, sagte sie leise, als hätte sie Angst, dass sie jemand hören könnte, »dort unten auf der Lichtung!« Sie seufzte. »Die holen wir doch nie ein!«
Carol zog einen Feldstecher aus ihrer Anoraktasche und blickte genauer hin. »Ganz im Gegenteil«, widersprach sie, »einer der beiden ist gestürzt! Wenn wir uns beeilen, brauchen wir die beiden Strolche nur einzusammeln.«
Die Rangerin trieb ihre Hunde über die Böschung und schob den Schlitten durch den Tiefschnee am Waldrand, fuhr im Schutz der Bäume am Wald entlang und über einen vom Wind kahl gefegten Hang ins Tal hinab. Julie blieb ihr dicht auf den Fersen, musste ihre ganze Kraft aufwenden, um durch den Tiefschnee zu kommen, und war froh, als sie endlich den Hang erreichte.
Von dort waren die beiden Jungen deutlich zu erkennen. Einer der beiden war mit seinem Snowmobil gestürzt und lag hilflos im Schnee, das rechte Bein unter der schweren Maschine. Der andere Junge hatte angehalten, gab aber sofort Gas, als er sie kommen sah, und wollte zur Straße entkommen. Doch schon nach wenigen Metern stürzte auch er und landete kopfüber im Schnee. Sein Snowmobil fuhr allein weiter und blieb in einer Schneewehe stecken. Der Motor verstummte, und gespenstische Stille legte sich auf die Senke.
»Mein Fuß!«, jammerte der Junge, der versucht hatte, zur Straße zu entkommen. »Ich hab mir den Fuß verletzt! Helfen Sie mir! Ich glaube, er ist gebrochen!« Er versuchte sich zu bewegen und
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