Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1
den Schluss der kleinen Gruppe. Sie beobachtete schon nach wenigen Schritten, wie sicher und gleichmäßig sich die Linakers bewegten, und dass auch die Clarke-Brüder eine gute Figur machten, sehr zum Leidwesen von Josh, der sich sichtlich schwertat und von Glück sagen konnte, dass er hinter den Brüdern lief. Jacobsen strengte sich an, wirkte beinahe verbissen, und Kati Wilcott stolperte mehr, als dass sie lief, und stürzte schon nach ein paar Schritten.
Julie half ihr auf und hielt sie eine Weile fest. Kati machte den Eindruck, als würde sie jeden Moment losheulen. »Was ist los mit Ihnen, Kati?«, fragte Julie besorgt. »Haben Sie Kummer?« Und als Kati energisch den Kopf schüttelte, ihr Blick aber etwas ganz anderes verriet: »Sie haben noch nie auf Schneeschuhen gestanden, stimmt’s? Wollen Sie wirklich mitkommen?«
»Ich will weg!«, flüsterte Kati. »Ich will nur weg!«
Julie ließ sie los und wechselte einen raschen Blick mit Carol, die stehen geblieben war und besorgt auf Kati blickte. »Alles okay bei euch?«, rief sie.
»Kati muss sich erst an die Schneeschuhe gewöhnen«, antwortete Julie.
»Wir fangen langsam an«, rief Carol.
Nach einer Weile kam Kati besser zurecht. Sie war zwar immer noch etwas wacklig auf den Beinen, ging aber breitbeiniger und stieß nicht mehr mit den Schneeschuhen gegeneinander. Ihre Stimmung besserte sich nicht. Sie ging mit gesenktem Kopf, hatte kaum Augen für ihre Umgebung und zuckte lediglich die Achseln, als Julie sie fragte, ob sie ein Problem hätte und sie ihr irgendwie helfen könnte. Wie ein Fremdkörper wirkte sie in der Gruppe, ähnlich wie Jacobsen, der ebenfalls schweigend marschierte, aber mehrmals stehen blieb und in Ehrfurcht vor dem Mount McKinley zu erstarren schien. Erst wenn einer der Clarke-Brüder ihm auf den Rücken klopfte, ging er weiter, ohne sich um das Gelächter der jungen Männer zu kümmern.
Ein seltsamer Haufen, überlegte Julie. Sie hatte sich die Wanderung einfacher vorgestellt, hätte nicht gedacht, wie anstrengend es sein würde, sich um Aufschneider wie die Clarke-Brüder, eine empfindliche Frau wie Kati Wilcott und einen geheimnisvollen Mann aus Chicago zu kümmern. Auch auf Josh hätte sie gern verzichtet. Mit seinem wankelmütigen Verhalten hatte er sie vollkommen aus dem Konzept gebracht, und in ihr wuchs das beängstigende Gefühl, es könnte während der langen Wanderung noch schlimmer werden. Lediglich die Linakers verhielten sich normal, erfahrene Wanderer und Sportler, die vor allem gekommen waren, um die grandiose Natur zu genießen.
Wie großartig die Wildnis südlich des Wonder Lake war, zeigte sich nach ungefähr einer Stunde, als die Sonne aufging und die Berge und Täler in pinkfarbenes Licht tauchte. Als hätte es die Natur darauf abgesehen, sie zu Beginn ihrer Wanderung mit einem gewaltigen Schauspiel zu verwöhnen, begann der Schnee zu glühen, die Schwarzfichten leuchteten dunkelgrün, und die Felswände der fernen Berge schienen sich im rötlichen Dunst aufzulösen. Ein Adler flog krächzend über sie hinweg und suchte nach Beute, schien unbeeindruckt von dem Naturschauspiel, das die Wildnis des Nationalparks der Wirklichkeit entrückte und sie in ein flimmerndes Fantasieland verwandelte.
Die Wandergruppe verharrte auf einem verschneiten Hügel und genoss die Veränderung sprachlos, viel zu beeindruckt, um etwas zu sagen oder auch nur ein »Wow!« auszustoßen. Nur ein leiser Seufzer war zu hören, als der Wind die letzten Wolken vom Gipfel des Mount McKinley vertrieb, und sich der pinkfarbene Schleier des beginnenden Tages über die felsigen Wände legte.
Erst hier, aus ungefähr zwanzig Meilen Entfernung, wurde deutlich, was für ein gewaltiger Berg der Mount McKinley war. Nicht umsonst hatten ihn die Indianer »Denali« getauft, den »Hohen«. Majestätisch und würdevoll erhob er sich aus der Alaska Range, umgeben von zahlreichen anderen Gipfeln, die alle vor seiner Größe verblassten. Ein König und seine Diener, die ihm aber lediglich den weißen Umhang halten durften. Der Herrscher der Wildnis.
Besonders Jacobsen schien der Berg in seinen Bann gezogen zu haben. Ohne sich um die anderen zu kümmern, stapfte er davon, den Blick unaufhaltsam auf den fernen Berggipfel gerichtet, und bevor ihn einer der anderen zurückhalten konnte, verlor er das Gleichgewicht und stürzte einen Hang hinab.
Julie lief ihm nach und zog ihn aus dem Schnee. »Haben Sie sich wehgetan, Scott?«, fragte sie besorgt. Er
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