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Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1

Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1

Titel: Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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lange aus dem Training, um einen solchen Marsch locker wegstecken zu können. »Wir wollen schließlich keine Rekorde brechen, sondern uns an der Schönheit der Natur freuen«, sagte Carol. Wie aus Angst, die Natur könnte jeden Laut in dieser Abgeschiedenheit als Störung auffassen, sprach sie sehr leise. »Essen Sie ein wenig Schokolade oder einen Kraftriegel. Nachher in der Hütte gönnen wir uns was Warmes.«
    Julie knipste ihre Stirnlampe aus, auch um die Batterie zu schonen, und stellte ihren Backpack in den Schnee. Sie streckte und reckte sich und rieb mit der flachen Hand über ihre schmerzenden Schultern. Mit einem Kraftriegel in der Hand ging sie zu Carol. Ihr war die verkniffene Miene der Rangerin aufgefallen, als würde ihr etwas nicht in den Kram passen. »Was ist?«, fragte Julie so leise, dass es die anderen nicht hörten. »Wird das Wetter schlechter?«
    »Das auch«, antwortete Carol. »Hier sind wir in einem Funkloch, aber sobald wir in der Hütte sind, rufe ich in der Zentrale an und lasse mir den neuesten Bericht geben. Zur Not müssen wir ein paar Stunden in der Hütte aushalten. Aber das ist es nicht …« Sie druckste ein wenig herum und überlegte wohl, ob sie Julie einweihen sollte, dann fuhr sie noch leiser fort: »Ich hab Magenschmerzen. Ziemlich heftige sogar. Wahrscheinlich hab ich gestern Abend was Falsches gegessen. Ich hab mir ein Thunfisch-Sandwich mit reichlich Mayonnaise und Zwiebeln gegönnt, das hätte ich wohl sein lassen sollen. Manchmal brauche ich so was. Je mehr Mayonnaise, desto lieber.«
    »Hast du keine Tabletten dabei?«
    »Schon genommen. Ich hoffe, sie helfen.«
    »Und wenn nicht?«
    »Keine Angst, so schnell lasse ich mich nicht unterkriegen. Ich kann ja schlecht den Helikopter kommen lassen. Dann könnte ich auch gleich kündigen. Eine Rangerin, die ständig predigt, während einer Wanderung keine schwere Kost zu sich zu nehmen, macht sich doch lächerlich, wenn sie am Abend vor der Wanderung ein fettes Sandwich in sich hineinstopft. Nein, ich halte durch! So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Aber du könntest mir einiges abnehmen … auf den letzten Meilen bis zur Hütte vorausgehen, das Essen kochen …«
    »Kein Problem«, versprach Julie. »Endlich kriege ich was zu tun.«
    Zehn Minuten später rief sie zum Weitermarsch. Sie wartete geduldig, bis alle ihre Backpacks auf den Rücken geschnallt hatten, und übernahm die Führung. »Sieh an«, verfiel Gary schon wieder in alte Verhaltensmuster, »jetzt darf Julie auch mal vorausgehen. Hoffentlich leistet sie sich keinen Fehltritt.«
    »So wie Sie?«, erwiderte Julie bissig.
    Alle lachten.
    »An Ihrer Stelle wäre ich vorsichtig«, rief ihm Mike zu. »Wenn ich mich recht erinnere, sind sie vorhin aus der Reihe getanzt und nicht Julie. Ich wollte, ich hätte ein Foto von Ihnen beiden gemacht, als Sie wie zwei hilflose Käfer auf dem Rücken lagen. Hätte sich gut in unserem Schaufenster gemacht.«
    »Schon gut«, sagte Gary, »ich halte die Klappe.«
    Julie kannte den Trail nicht, wusste aber von Carol, dass er dicht an der Felswand entlangführte. Der Lichtkegel ihrer Stirnlampe bewegte sich unruhig über den Schnee, vermischte sich mit dem silbernen Schein des Mondes und der Sterne. Nur gelegentlich huschte der grüne Schatten des Nordlichts über den Trail und die angrenzende Felswand, verblasste aber zusehends und verschwand schon bald hinter dunklen Wolken. Das Schneetreiben wurde immer stärker, zwang Julie, die Schutzbrille aufzusetzen, die sie auch auf den Hundeschlittenfahrten dabeihatte. Sie hatte den Reißverschluss ihres Anoraks bis unter den Hals geschlossen und ihren Schal über die Nase geschoben, ein wirksamer Schutz gegen den zunehmenden Schnee und den eisigen Wind.
    Alle paar Minuten drehte sich Julie nach Carol und den anderen Wanderern um. Im trüben Licht wirkten ihre Gesichter noch müder und angespannter, und Carol sah man an, dass sie unter zunehmenden Schmerzen litt. Doch als sich Julies und ihre Blicke kreuzten, lächelte sie und gab Julie zu verstehen, dass sie sich keine Sorgen zu machen bräuchte. »Es geht schon«, glaubte Julie an ihren Lippen abzulesen. »Ein heißer Tee und ich bin wieder gesund.«
    Der Marsch durch die lang gestreckte Schlucht kam Julie unheimlich vor, auch weil sie jetzt vorauslief, und sich der Lichtkegel ihrer Stirnlampe durch unbekanntes Dunkel tastete. Am Himmel schoben sich immer mehr Wolken vor den Mond und die Sterne und ließen dunkle Schatten über die

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