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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Fuß sah schlimm aus. Er schimmerte in der gesamten Farbpalette des Regenbogens. Mit geübten Fingern hatte sie ihn nach einem Bruch untersucht, der Unbekannte hatte dabei immerfort aufgestöhnt. Aber gebrochen war nichts, allenfalls handelte es sich um eine üble Bänderdehnung. Fingerbreit hatte die Spätaussiedlerin Pferdesalbe aufgetragen und ihn dann mit einer Bandage ruhiggestellt.
    Nun machte sie sich daran, den Verband zu wechseln. Dazu saß sie auf einem kleinen Schemel. Das erste Mal seit ihrer Ankunft in Deutschland hatte sie den sonntäglichen Frühgottesdienst versäumt. Aber Gott würde es schon vergelten, wenn er sah, wie sie sich um den Fremden kümmerte.
    Dieser wiederum hatte seinen Traum noch nicht endgültig verabschiedet. Herr Schweitzer befürchtete, von Angela Merkel eine schmerzhafte Fußmassage verabreicht zu bekommen. Und rechnete damit, die Massage könnte sich auch auf andere Körperteile ausweiten. Was immer er sich vom Leben erhoffte – das mitnichten. Der Detektiv kalkulierte auch, er könne tot sein. Falls dem so sei, müsse er sich in der Hölle befinden. Im Himmel waren Engel und keine Bundeskanzlerinnen für das Wohlergehen der Verstorbenen zuständig. Er mußte sich ganz dringend vergewissern, denn so konnte es nicht weitergehen. Wer weiß, was gleich noch alles kam? Mit einem Schlag öffnete er die Augen. Wenn’s drauf ankam, konnte Herr Schweitzer hart gegen sich selbst sein.
    Als würden parapsychologische Schwingungen im Flur umherwabern, trafen sich ihre Blicke gleichzeitig. Ihre Reaktionen jedoch waren widerläufig. Während die alte Frau erleichtert aufatmete, hatte Gott doch ihre Gebete erhört, erschrak Herr Schweitzer. Doch nicht allzu sehr. Immerhin hatte sich der Super-GAU nicht erfüllt. Gott sei Dank keine Kanzlerin. Aber Engel auch nicht. Die waren doch weiß, jung und anmutig von Gestalt. Außerdem war der Himmel doch nicht von Wänden und einer Decke begrenzt. Gab es denn etwas zwischen Himmel und Hölle, das man vergessen hatte, in der Bibel zu erwähnen? Ein Wartezimmer etwa, weil der Andrang so groß war? Oder ein Untersuchungsgericht, weil noch nicht ganz klar war, wohin Herrn Schweitzers weitere Reise ging?
    Doch bevor er seine Überlegungen fortführte, kam durch die geöffnete Haustür ein kleiner schwarzer Schatten herein, ging ohne Umschweife direkt zu seinem Haupt und schleckte ihn am Ohrläppchen. „Pepsi“, sprach Herr Schweitzer voll des Glücks. Nun wußte er, er war nicht tot.
    Pierre Angler war Präsident von Eintracht Frankfurt. Wie in unzähligen anderen Vereinen Deutschlands auch, wurde er von den Clubmitgliedern nur der Präsi genannt. Er war alleine in den Geschäftsräumen im Riederwald. Heute wollte er Freunden sein im Westhafen liegendes, generalüberholtes Motorboot vorführen. Am Freitag hatte er vergessen, den Schlüssel mitzunehmen, nur deswegen war er hier. Unten wartete das Taxi.
    Nachdem er den Schlüssel eingesteckt hatte, tat er einen Blick in seine Geldbörse, um nachzusehen, ob er noch an einen Geldautomaten mußte, um den Fahrer zu bezahlen. Dabei fiel ihm eine Notiz in die Hände. Ach ja, das hätte er fast vergessen. Der Präsi ging an seinen Terminkalender, der auf dem glattpolierten Schreibtisch lag und noch den heutigen Sonntag am rechten Rand aufzeigte, und blätterte ihn auf die nächste Woche um. Die Seiten waren noch jungfräulich, schließlich war Sommerpause und nichts zu tun. Für die Sichtung neuer Spieler und Talente für die kommende Saison waren der Trainer und Manager Buch zuständig. Er selbst hatte mehr oder weniger nur repräsentative Aufgaben zu bewältigen.
    Als er den Termin mit Alexander Michailovitsch eintragen wollte, hielt er inne. Dienstag, 16. Juli, 10 Uhr, stand auf dem Zettel, den er von dem ehemaligen Eintracht-Spieler und Autoschieber Giovanni Gondalo nach einem Spiel der Traditionsmannschaft in Hanau ausgehändigt bekommen hatte. „Präsi, ich glaub, das ist ein ganz heißes Ding. Der Typ sucht einen Verein, bei dem er seine Mäuse investieren kann. Is’ so ’n russischer Multimillionär. Du weißt schon, so wie der Penner von Chelsea. Weiß aber nicht, was da genau dran ist, der Typ hat mich vor zwei Wochen in Prag angesprochen, weißt du, als wir da bei dem Turnier waren, in Prag da. Hör dir’s einfach mal an. Und wenn’s was wird, du weißt, Giovanni kann immer Geld gebrauchen. Nennen wir es Vermittlungsgebühr“, hatte Gondalo gesagt und abschließend gezwinkert. Pierre Angler

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