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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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hielt die Brötchentüte hoch, „geht’s erst richtig los. Ich dachte da an einen kleinen Ironman. Vielleicht über Wiesbaden oder Darmstadt. Ganz wie du willst.“
    Der Sportjournalist spielte mit: „Klar. Aber heute ausnahmsweise nicht auf Zeit, sondern ganz gemütlich. Ab Griesheim können wir ja den Main zurückschwimmen.“ Roland Stipp betrachtete den Himmel. „Und schönes Wetter gibt’s auch wieder. Nichts steht dem also im Wege.“ Demonstrativ legte er fünfzig Liegestütze aufs Parkett.
    Nun ging dem Schmidt-Schmitt aber doch der Arsch auf Grundeis: „Ach komm, laß es uns auf nächste Woche verschieben. Frühstücken wir erst mal.“
    „Gebongt, Alter.“
    Und noch bevor der letzte Bissen getan, sprach Roland Stipp: „Du, hör mal.“
    „Ich höre.“
    „Alexander Michailovitsch. Meinst du, der ist hier in Frankfurt, um bei Unser Eintracht einzusteigen? Ich weiß, das klingt jetzt ziemlich absurd, aber …“
    „Oh, nichts aber.“ Der Oberkommissar war nun eifrig bei der Sache. „Weißt du, darüber habe ich auch schon nachgedacht.“
    „Und?“
    „Nix und.“ Schmidt-Schmitt warf alle Bedenken über den Haufen. „Warum sollte er wohl sonst in Frankfurt sein? Außerdem sollte Simon ihn doubeln.“
    Roland Stipp forderte Aufklärung: „Erzähl!“
    Und der Oberkommissar legte los.
    Dagmara Lakomy, geprägt von Kriegen und Entbehrungen, stand mit einer hellgrauen Unterhose in der Hand, die an zahlreichen Stellen gestopft war, im Schlafzimmer ihres Enkels. Mit Herrn Schweitzers Unterstützung war es ihr gelungen, ihn ins Bett zu legen. „Hier sein frischer Schlüpfer. Du besser anziehen, alter sehen aus wie Schweinestall. Du mir geben, ich waschen.“
    Voller Horror betrachtete der Detektiv das Ungetüm. Es würde ihm passen, das schon, aber … seine Freundin Maria. Träfe sie ihn damit an, mit Sex wär’s aus für alle Zeiten. Er sah an sich herunter und entschloß sich doch für einen Wechsel, allein der Geruch der alten Unterhose erinnerte an wochenlanges Verweilen im Schützengraben. Sogar ein welkes Eichenblatt lugte zwischen Schamhaar und Gummiband hervor. Herr Schweitzer zupfte es heraus. Apropos Maria: „Sie haben nicht zufällig ein Telefon im Haus?“
    „Telefon kommen nächste Woche. Post schon seit Wochen sagen, Telefon kommen nächste Woche. Enkel haben Handy, aber Enkel sein in Polen. Du wollen telefonieren?“
    Streng genommen oblag der Telefonanschluß natürlich nicht mehr der Post, sondern der Telekom. Doch Herrn Schweitzer war’s schnurz: „Oh ja, telefonieren.“
    „Dann wir müssen gehen zu Nachbar. Du aber erst frische Unterhose anziehen. So du mir nicht gehen aus das Haus.“
    Das kannte er von früher von seiner Mutter. Als eher verklemmter Typ zog er sich die Decke bis zum Bauchnabel hoch, ehe er umständlich die Unterwäsche wechselte. „Und jetzt?“ Herr Schweitzer fiel in den Sprachduktus der alten Dame ein: „So ich auch nicht können gehen aus dem Haus. Nur mit Unterhose …“
    „Richtig. Aber hier noch hängen Bademantel von Enkel. Du nachher anziehen. Jetzt erst mal gutes Frühstück. Du brauchen viel Kraft.“ Sprach’s und war auch schon zur Tür heraus.
    Seine nächste Frage, wo er denn hier eigentlich sei, mußte Herr Schweitzer also verschieben. Was seinen Geist anging, war er wieder voll auf dem Damm. Er reckte ein paar Glieder und befand, schon schlechtere Zeiten erlebt zu haben. Lediglich sein rechter Fuß machte ihm noch zu schaffen. Er sah sich im Zimmer um.
    Neben dem Bett stand ein Nachttisch, der wohl bei jedem Sperrmüll bis zum bitteren Ende übriggeblieben wäre. Von der Decke hing eine milchigweiße Porzellanlampe, handbemalt mit rosa Blumen und hellblauen Engelsfiguren. Der klobige Bauernschrank füllte das restliche Zimmer und schrie nach einer Lackauffrischung. Neu war nur das zweiteilige Kunststoffenster, an dem noch der gelbe Aufkleber des Herstellers prangte. Über dem Kopfende des Bettes hing ein mit feinem Blattgold gerahmtes Ölgemälde. Dreizehn biblische Gestalten labten sich am Weine, nur einer hatte einen griesgrämigen, ja fast schon heimtückischen Gesichtsausdruck. Als einziger weiterer Wandschmuck hing links von Herrn Schweitzer ein mit Goldfäden gesticktes Platzdeckchen. Der Spruch darauf gehörte in deutschen Wohnstuben zu den Rennern zwischen Nord- und Bodensee: Trautes Heim, Glück allein. Der Detektiv mußte lachen, denn über seinem eigenen Bett in Sachsenhausen hing seit ein paar Wochen auch ein Spruch:

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