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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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gewesen, stünde gegenüber dem Hotel ein renovierungsbedürftiges Haus mit einem Baugerüst davor. Da bräuchte er nachts bloß hochzuklettern, gucken, ob Michailovitsch noch Kontakt zu seinem Double pflegte, und abdrücken. Das hatte er schon mal so gemacht, vor Jahren in Grosny, als er dem dortigen Herausgeber einer von Moskau gesteuerten Wochenzeitschrift die Lichter auspustete. Ganz einfach war das gewesen. Keine Zeugen, keine Scherereien, nichts. Zwar hatte es auch hier ein Abrißhaus auf der gegenüberliegenden Seite, an der Ecke zum Fritschengäßchen, doch zu seinem Leidwesen war es nur einstöckig. Die Fassade stand noch, über der Tür prangte der verwitterte Name eines gewesenen Nachtclubs und innen war es ausgekernt. Maxim wartete, bis niemand mehr zu sehen war, dann stieß er mit der Schulter gegen die morsche Tür des Nebeneingangs im Fritschengäßchen. Sie quietschte beim Öffnen. Damit man ihm aus keinem der umliegenden und aufragenden Häuser sehen konnte, schmiegte er sich eng in den Schatten der Wand. Bierflaschen, Zigarettenschachteln und allerlei Abfall lagen auf dem unter den restlichen Bautrümmern noch zu erkennenden Linoleumboden verstreut. Ein rostiger Kühlschrank der Marke Miele stand in einer Ecke. Die Tür war herausgebrochen und lag davor. Maxim mußte grinsen. Das wäre doch was, er liegt hier auf der Lauer und um sich die Zeit zu vertreiben, ab und an ein kühles Bier aus dem Kühlschrank. Den hölzernen Fensterladen, der zur Wallstraße und damit zum Hotel King ging, unterzog er einer genausten Untersuchung. Die Hälfte der Latten war am unteren Ende witterungsbedingt vermodert. Bedauerlicherweise waren die dadurch entstandenen Schlitze nicht groß genug für eine Schießscharte. Mit den Fingern versuchte er, sie zu vergrößern. Aber nur wenige Splitter ließen sich lösen. Er suchte das Innere der Ruine nach einem brauchbaren Werkzeug ab. Vergeblich. Ein Taschenmesser wäre jetzt nicht schlecht, dachte Maxim und machte sich auf den Weg zurück. Auch ohne Deutschkenntnisse müßte es ihm doch gelingen, irgendwo in Sachsenhausen ein solches Messer zu erwerben. An so einer Kleinigkeit zu scheitern, widerspräche seiner Terroristenehre. „Lieber Anatoli“, sagte er in Gedenken an seinen toten Kumpel im Taunus, „du wirst sehen, dein Tod war nicht umsonst. Erst knall ich auftragsgemäß diesen Doppelgänger ab, dann als Zugabe Michailovitsch.“
    Herr Schweitzer hatte sich nützlich gemacht. Ermattet lag er darnieder. Sein Kreislauf war schwach wie der eines Reptils nach einem plötzlichen Wintereinbruch. Der ungewohnte Biermißbrauch von gestern war auch nicht gerade hilfreich. Doch er mußte sich aufraffen. Seine Majestät wurde im Polizeipräsidium gebraucht.
    Obwohl die Krücke weithin sichtbar neben dem Bett stand, hatte er deren Sinn und Zweck völlig vergessen, als er die Hufe in einer fast schon als elegant zu bezeichnenden Bewegung über den Bettrand schwang. Dieses rächte sich, als sein kaputter Fuß auf dem Boden aufschlug. „Autsch“, fluchte Herr Schweitzer wie ein Rohrspatz.
    „Was ist? Immer noch Schmerzen?“ wollte Maria wissen.
    „Und wie. Ich denke, ich gehe heute doch mal besser zum Onkel Doktor.“
    „Warte, ich habe da was“, sagte seine Freundin und verließ die Bettstatt.
    Zurück kam sie mit einer weißen Tube mit einem roten Schriftzug.
    „Was ist das?“ fragte Herr Schweitzer.
    „Pferdesalbe. Macht müde Männer munter.“
    „Ich bin munter. Außerdem bin ich kein Gaul.“
    „Stimmt, die haben nämlich mehr Ausdauer als du.“
    Diese Aussage bezog er auf seine vorausgegangene Sexualleistung und lag damit goldrichtig. „Ha, ha, ha. Dich möchte ich sehen mit einem dreifachen Fußbruch.“
    „Ein dreifacher Fußbruch, so, so. Armer Simon.“ Maria tätschelte seinen Kopf. „Und jetzt legt der große Detektiv bitte sein Füßchen auf das Bett, damit ich die kleine Prellung endlich behandeln kann.“
    Irgendwie hatte Herr Schweitzer das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden. Kleine Prellung … Doch es kam noch dicker.
    „Übrigens, du holst dir doch heute die restlichen fünftausend Euro von diesem Michailovitsch. Kannst du dich noch erinnern, als wir letztens diesen Film über die Postschiffe in Norwegen gesehen haben. Die wunderschönen Fjorde … Da hast du gesagt: ‚Das würde ich auch mal gerne machen.‘ Natürlich ist es momentan sehr teuer, weil ja Sommerferien sind, und da gehen natürlich die Preise nach oben.“ Maria verrieb die

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