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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Salbe. „Aber Geld will ausgegeben werden. Außerdem ist es für den kleinen Simon hier gerade viel zu heiß. Du schwitzt ja schon bei der kleinsten Nummer.“
    Herr Schweitzer guckte immer grimmiger.
    „Und weißt du, was deine beste Freundin gestern abend noch im Internet gebucht hat?“
    Er konnte es sich denken.
    „Zwei Wochen. Mit dem Schiff hoch nach Hammerfest und dann die ganze Strecke wieder zurück. Du wirst sehen, Schatz, wie gut uns das tun wird. An Deck sitzen, lesen, Sonnenuntergänge, frischen Fisch essen, die Landschaft genießen …“ Maria rollte die Mullbinde auf und setzte die Schere an.
    Herr Schweitzer überlegte, ob man sich mit der Binde auch erhängen konnte. Renés Schießeisen hatte er ja gestern abgelehnt.
    „Wann holst du dir das Geld? Soll ich mitkommen?“
    „Ich mach das schon“, erklärte er lapidar und überlegte, woher er sich Geld leihen konnte. Aktien verkaufen kam bei dem momentanen Kurs nicht in Frage. Michailovitsch aber auch nicht. Wenn René sagt, der Typ ist kreuzgefährlich, dann ist der Typ auch kreuzgefährlich. Basta!
    „So kenn’ ich dich“, goß Maria weiterhin unbewußt Öl ins Feuer. „Am Samstag geht’s los. Freust du dich?“
    Ebensogut hätte sie ihn fragen können, ob er gerne gevierteilt wird. „Oh, natürlich, das wollte ich doch schon immer, mit dem Postschiff durch die Fjorde und dann gleich zwei Wochen. Was gibt’s Schöneres auf der Welt?“ Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern, bemühte er gedanklich seine altbewährte Beschwörungsformel.
    „Oh Simon, Schatz. Ich liebe dich.“
    Schmidt-Schmitt. Ob Schmidt-Schmitt mir Geld leihen kann? „Ich dich auch.“
    Das Taschenmesser war ziemlich teuer gewesen. Auf jeden Fall mal teurer, als der Topterrorist erwartet hatte. Dafür war es ein Schweizer Messer. Die halten ewig, waren sozusagen eine Zukunftsinvestition. Die Zeitung, die Maxim unbedingt kaufen mußte, weil Alexander Michailovitsch von der Titelseite prangte, war da schon wesentlich billiger.
    Er saß vor einem Café und überlegte fieberhaft, woher er auf die Schnelle eine Übersetzung des Textes bekommen konnte. Eintracht Frankfurt und ein paar andere Worte hatte er sich zusammenreimen können, aber der Kontext war undechiffrierbar. Und für heute, 16 Uhr war irgendwas angesagt, soviel hatte er verstanden. Aber was? Das zu wissen konnte immens wichtig sein. Nicht daß Michailovitsch sich noch heute wieder in die Obhut seiner Privatarmee nach Sankt Petersburg verabschiedete und keine Spur mehr zu dessen Double führte. Da fiel Maxim die russische Prostituierte von gestern ein. Die Telefonnummer lag auf seinem Nachttisch im Hotel. Er schaute auf die Uhr und fluchte. Schon so spät … Er mußte sich sputen. Zwischen Unterteller und Tasse klemmte er einen Zehn-Euro-Schein. An der Ampel wartete ein Taxi bei Rot. Er erwischte es gerade noch.
    Herrn Schweitzers Schwächen lagen eindeutig im künstlerischen Bereich. Die Gene seiner begabten Mutter hatten einen großen Bogen um ihn gemacht. Seine Stärken lagen woanders: Mathematik, Mittagsschläfchen, Müßiggang, Kneipengänge, Apfelwein, Joints und so Sachen halt. „Nein, nein, die Haare waren länger. Glaub ich …“
    Der Polizeizeichner war mit den Nerven am Ende. „Das hatten wir doch gerade. Vielleicht etwas gekräuselt?“
    „Nein, nein, nicht gekräuselt. Mehr so glatt. Vielleicht …“ Herr Schweitzer fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Unruhig rutschte er auf dem Stuhl hin und her. Die Inneneinrichtungen von Kneipen hätte er ohne weiteres beschreiben können, aber nie und nimmer Gesichter. Schon in seiner Kindheit hatte die ganze Klasse vor Lachen kopfgestanden, wenn die Lehrerin seine unbeholfenen Strichmännchen, die sehr an Pinocchio nach einem Unfall mit einer Dampfwalze erinnerten, herumgezeigt hatte.
    „Aber daß es ein Mann war, steht fest?“ Der Sarkasmus in des Polizisten Stimme war unüberhörbar.
    „Natürlich, ich bin ja nicht blöd.“
    Doch genau darin lagen seine Zweifel begründet. „Sicher?“
    „Was sicher?“
    Dem Zeichner lag das ‚Daß Sie nicht blöd sind?‘ auf der Zunge. Doch als Beamter konnte er sich das nicht erlauben. Sicherheitshalber verfiel er in Schweigen und spielte ein wenig mit der Haarlänge des Phantombilds. Wenn das hier so weitergeht, dachte er, wird das Phantom wohl ewig ein Phantom bleiben.
    Herrn Schweitzer war natürlich sehr daran gelegen, seinen zweiten Entführer dingfest zu sehen. Obwohl er sich alle

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