Verschollen in der Pyramide
Männer mit seinen kräftigen Armen beiseite. Als er endlich bei Setha stand, stotterte er: »Setha, es ist furchtbar, es fällt mir schwer, es dir zu sagen, aber dein Vater ist heute nicht mit uns in der Sargkammer gewesen.«
»Was heißt das? Ist er krank? Liegt er krank in eurer Hütte? Sag schon!« Angsterfüllt schüttelte Setha Esas Arm.
»Nein, Mahnud ist nicht krank. Er war heute früh gar nicht in der Hütte.«
»Was soll das heißen? Warum sollte er denn nicht in der Hütte gewesen sein?« Setha starrte Esa fassungslos an.
»Habt ihr feststellen können, ob Mahnud in der Hütte geschlafen hat?«, fragte Meketre, der auf einmal neben ihnen stand. Er hatte sich mit dem Esel einen Weg durch das Gedränge bahnen können und war seiner Freundin gefolgt.
»Ja«, antwortete Esa, »ich glaube, er hat auf seiner Matte gelegen. Sie sah heute Morgen sehr unordentlich aus. Er muss aus irgendeinem Grund aufgestanden und vor uns in die Pyramide gegangen sein.«
»Wie meinst du das?«, fragte Setha tonlos. Ihr Gesicht war aschfahl und ihre Erregtheit war einer Starre gewichen, die Meketre Angst machte. Er nahm Setha in den Arm und drückte sie an sich.
»Ein Arbeiter hat sein Stirnband in dem großen Gang gefunden, der in den unteren Bereich der Pyramide führt.«
Esa zog ein braunes Stirnband hervor. Setha nahm es in die Hand, besah es von allen Seiten. »Ja, das gehört meinem Vater! Ich kann mich erinnern, dass die beiden Knoten schmutzig und verklebt waren. Aber wieso lag das Stirnband im unteren Bereich der Pyramide?«
»Ich kann es mir nicht erklären, denn für diesen Gang sind eigentlich andere Arbeiter zuständig.«
Sethas Beine gaben nach. Meketre fasste sie unter die Arme, damit sie nicht in die Knie sank. »Warum habt ihr ihn nicht gesucht?«, fragte er und versuchte seine Unruhe zu unterdrücken.
»Wir haben ja gesucht, aber uns blieb kaum Zeit. Wir mussten die Arbeit am Sarkophag des Pharaos doch rechtzeitig beenden. Er wird sich nachher selbst davon überzeugen, ob alles nach seinen Wünschen ausgeführt wurde. Wenn der König dann aus seinem Ewigen Haus herauskommt, werden wir die Saper beauftragen, alles noch einmal abzusuchen.«
»Aber Nufri haben sie doch auch nicht gefunden. Oder ist er inzwischen wieder aufgetaucht?«
»Nein, leider nicht. Von Nufri gibt es nach wie vor nicht die geringste Spur.«
Setha hatte das Gespräch zwischen Esa und Meketre mit stumpfem Blick verfolgt. Jetzt schluchzte sie laut los: »Den Sapern ist es scheinbar egal, ob jemand verschwindet, es gibt ja genügend Arbeiter, da kommt es ihnen wohl auf einen mehr oder weniger nicht an.«
»Ich werde mit euch den Befehlshaber der Saper aufsuchen und ihn bitten, seine Männer in der Pyramide nach Mahnud suchen zu lassen. Das ist die einzige Chance.« Esa blieb noch einen Augenblick bei Setha und Meketre stehen, dann begab er sich zur Ausgabestelle, wo er seine Belohnung abholen wollte.
Inzwischen hatte sich der Pharao angeschickt, dem Flussgott Hapi feierlich seinen Dank auszusprechen. Während der Herrscher einen beschriebenen Papyrus mit Lobpreisungen in den Nil warf, beteten die Priester laut. Dannging der König mit seiner Leibgarde in das Haus der Ewigkeit. Als er wieder herauskam, wogte die Menschenmenge in einer Welle des Jubels. Die Fröhlichkeit um sie herum stieß Setha ab.
Während der Pharao mit seinem Hofstaat das Pyramidengelände verließ und sich die Menschenmenge allmählich auflöste, kam Esa mit einem Beutel in der Hand zurück. »Wir haben Schmucksteine bekommen, mehrere Getreidesäckchen und sogar zwei Alabastergefäße.«
Als Esa feststellte, dass Setha und Meketre dafür keinen Sinn hatten, beeilte er sich zu sagen: »Lasst uns jetzt zu den Sapern gehen. Vorher bringe ich aber den Sack zu unserer Hütte.«
Setha erhob sich mühsam, als hinge ein schweres Gewicht an ihren Beinen. An der Hütte gab Esa ihr eine Schale mit Wasser. Sie trank schweigend, wie sie überhaupt den Weg zur Hütte wortlos zurückgelegt hatte. Die anderen Hüttenbewohner wussten bereits, dass Mahnud nicht aus der Pyramide herausgekommen war. Sie wirkten bedrückt und hilflos.
»Zunächst werden wir die Saper aufsuchen«, sagte Meketre.
Irukaptah nickte kummervoll. »Mit ihrem Oberhaupt Paheri ist nicht zu spaßen«, warnte er sie, als sich Esa, Setha und Meketre auf den Weg zur anderen Seite des Pyramidendorfes machten.
4
P aheri bewohnte eine geräumige Hütte mit Fensterschlitzen. Er hatte sich die Perücke vom
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