Verschwiegen: Thriller (German Edition)
uns durch das Gedränge der Journalisten, die uns jetzt beglückwünschten und gerade noch rechtzeitig für die Morgenshows ihre Videos drehen wollten. Am Ende rannten wir die Thorndike Street entlang zur Parkgarage. Wir rannten lachend – wir waren frei!
Wir gingen zum Auto und suchten nach passenden Worten, um Jonathan zu danken. Er lehnte Dank freundlich ab, denn er habe nichts zu diesem Ausgang beigetragen. Wir bedankten uns trotzdem überschwänglich, und ich drückte ihm kräftig die Hand, und Laurie umarmte ihn. »Wir hätten auch so gewonnen«, sagte ich. »Da bin ich mir sicher.«
In diesem Tumult, war es Jacob, der sie als Erster bemerkte. »Oh«, rief er.
Sie kamen zu zweit. Vorne Dan Rifkin. Er trug einen modischen Trench, der behangen war mit Knöpfen, Schulterstücken und Taschen. Er hatte immer noch diese unbewegte Puppenmiene, und es war unmöglich zu erkennen, was er wollte. Sich entschuldigen?
Hinter ihm ging Father O’Leary, der im Vergleich wie ein Riese wirkte. Er hatte seine Hände in den Hosentaschen und seine Schiebermütze in die Stirn gezogen.
Wir wandten uns langsam zum Gruß um. Der Ausdruck auf unseren Gesichtern muss identisch gewesen sein – überrascht, aber auch erfreut, diesen Mann zu sehen, der jetzt wieder unser Freund sein konnte, trotz des Schmerzes, den er durchlebt hatte. Ein Freund, der gekommen war, um uns wieder in der Gemeinschaft willkommen zu heißen. Aber sein Gesichtsausdruck war merkwürdig. Voller Härte.
»Dan?«, sagte Laurie fragend.
Er gab keine Antwort. Stattdessen zog er aus einer der großen Taschen seines Trench ein gewöhnliches Küchenmesser, das ich merkwürdigerweise als ein Steakmesser eines bestimmten Herstellers erkannte, denn wir hatten einen entsprechenden Messerblock auf unserer Ablage in der Küche stehen. Doch blieb mir keine Zeit, darüber nachzudenken, welch merkwürdiger Zufall es wollte, dass ich mit einem ebensolchen Messer erstochen werden sollte. Noch bevor Rifkin näher kommen konnte, hatte Father O’Leary ihn bereits am Arm ergriffen. Er schlug Rifkins Hand einmal kurz gegen die Kühlerhaube des Wagens, und das Messer schlug mit einem metallischen Klang auf dem Betonboden auf. Dann schob er ihm einen Arm auf den Rücken und drückte Rifkin so mühelos, als wäre er eine Puppe, über die Kühlerhaube. »Immer mit der Ruhe, mein Lieber«, meinte er zu Rifkin.
Er führte seine Gesten mit professioneller Eleganz aus. Das Ganze hatte sich in wenigen Sekunden abgespielt, und wir starrten die beiden Männer einfach nur an.
»Wer sind Sie?«, fragte ich.
»Ein Freund von Ihrem Vater. Er bat mich, auf Sie aufzupassen.«
»Von meinem Vater? Woher kennen Sie ihn? Nein, sagen Sie lieber nichts, ich will es gar nicht wissen.«
»Was soll ich mit diesem Typen machen?«
»Lassen Sie ihn laufen! Was wollen Sie denn von ihm?«
Er ließ Rifkin los.
Der richtete sich auf. In seinen Augen standen Tränen. Er sah uns mit ohnmächtiger Hilflosigkeit an – offenbar war er immer noch davon überzeugt, dass Jacob der Mörder seines Sohnes war, konnte aber nichts mehr unternehmen –, und dann stakste er davon. Unerlöst.
Father O’Leary ging mit ausgestreckter Hand auf Jacob zu. »Glückwunsch, mein Junge. Das war schon was, heute Morgen. Hast du die Miene vom Staatsanwalt, diesem Mistkerl, gesehen? Das war die Sache wert.«
Jacob schüttelte ihm verwirrt die Hand.
»Nicht schlecht! Wirklich nicht schlecht!«, kommentierte Father O’Leary. Er lachte. »Und Sie sind der Sohn von Billy Barber?«
»Ja.« Auf dieses Geständnis war ich nie stolz gewesen. Ich bin nicht einmal sicher, dass ich es jemals öffentlich gemacht habe. Aber es schaffte Nähe zu Father O’Leary, und so lächelten wir beide.
»Sie sind größer, das ist mal sicher. Der würde zweimal in Sie reinpassen, der kleine Scheißer.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und so schwieg ich.
»Grüßen Sie Ihren Alten von mir, okay?«, meinte Father O’Leary. »Mein Gott, ich könnte Ihnen Geschichten erzählen!«
»Bitte nicht.«
»Glück gehabt, Junge«, verabschiedete er sich von Jacob. Und dann spazierte er von dannen, und ich habe Father O’Leary bis heute nicht wiedergesehen.
Vierter Teil
»Wie die unaufhörlichen elektrischen Signale und chemischen Reaktionen in unserem Körper sich in Gedanken, Handlungsmotive und Impulse verwandeln, das heißt, wo die rein physische Existenz des Menschen aufhört und der Geist in der Maschine, das Bewusstsein, seinen Anfang
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