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Verschwiegene Schuld

Verschwiegene Schuld

Titel: Verschwiegene Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bacque
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der Zeit, da Murphy dies schrieb, zwischen 22 und 45. Wir haben nirgends Belege dafür gefunden, daß irgendwo in Deutschland in größerem Maßstab und über einen längeren Zeitraum eine Sterblichkeitsrate von 45 Promille oder mehr herrschte. Die höchste Sterbeziffer, die wir fanden, war diejenige von Berlin mit 41. Außerdem hätte Murphy dann davon ausgehen müssen, daß bereits nach einem Jahr, also 1948, die letzten Vertriebenen und Kriegsgefangenen in Deutschland eingetroffen sein würden, was natürlich nicht der Fall war, zumal Franzosen und Sowjets, die 1947 die meisten Kriegsgefangenen hatten, deutlich machten, daß sie nicht daran dachten, alle ihre Gefangenen noch im gleichen Jahr in die Heimat zu entlassen. Da diese hohe Sterbeziffer von 45 sowieso fast unmöglich ist, sollten wir großes Gewicht auf die Tatsache legen, daß Sowjets, Briten und Franzosen allesamt angaben, sie würden ihre Kriegsgefangenen bis 1949 entlassen. Und so geschah es auch, bis auf einige sehr wenige Kriegsverbrecher.
    Auch sollten wir großes Gewicht auf die Tatsache legen, daß die Rate des Zustroms von Flüchtlingen und Vertriebenen im Jahr 1947 bedeutete, daß die meisten von ihnen bis 1950 in Deutschland angekommen sein würden. Und daß die Alliierten damit rechneten, daß sich die Lage in Deutschland bis 1950 so weit stabilisiert hätte, daß ein weiterer begrenzter Zustrom von Vertriebenen keinen erheblichen Einfluß mehr auf die Wirtschaft haben würde. Und so war es dann auch.
    Die Sterbeziffer, die sich ergibt, wenn man als Ende der Zuwanderungen das Jahr 1950 ansetzt, ist dann auch die wahrscheinlichste. Diese Sterbeziffer beträgt 24. Dabei handelt es sich um eine vorsichtige, das heißt eher weniger Tote implizierende Schätzung innerhalb eines Rahmens zwischen 22 und 29,8.
    Da wir aus dem Vergleich der Volkszählungsergebnisse von 1946 und 1950 wissen, daß Murphy tatsächlich eher vorsichtig schätzte, indem er weniger Todesfalle vorhersagte, als tatsächlich eintraten, so können wir wohl auch davon ausgehen, daß er seinen Zeitrahmen zur Bestimmung der Sterblichkeitsrate mit Bedacht setzte. Das heißt, wir können getrost annehmen, daß seine Schätzung der Sterblichkeitsrate eher auf der vorsichtigen Seite innerhalb des Rahmens von 20 bis 30 Promille lag. Auch hiermit steht die angenommene Sterbeziffer von 24 im Einklang.
    Diese Sterbeziffer soll uns nun als Bezugsgröße zur Überprüfung der Volkszählungsergebnisse dienen.
    Die Sterberate von 24 bedeutet, daß in ganz Deutschland in den 15 Monaten zwischen Juli 1945, dem Zeitpunkt der Potsdamer Konferenz, und Oktober 1946, dem Zeitpunkt der ersten Volkszählung, 1 950 000 Einwohner starben. Den heutigen offiziellen Angaben der Bundesregierung zufolge starben während dieser 15 Monate in den drei Westzonen etwa 786 000 Menschen. 2  Für die Sowjetzone wurden keine entsprechenden statistischen Angaben veröffentlicht, doch herrschten dort ähnliche Bedingungen – Lebensmittelzuteilungen etc. – wie in den drei Westzonen. Die Einwohnerzahl der Sowjetzone betrug etwa 39 Prozent der Einwohnerzahl der drei Westzonen, daher setzten wir hier die Zahl der Gestorbenen entsprechend auf etwa 306 000 an. Die offiziellen Schätzungen für den Zeitraum Juli 1945 bis Oktober 1946, für den Murphys Zahlen belegen, daß etwa 1 950 000 Einwohner gestorben sein müssen, belaufen sich also auf lediglich 1 100 000 Gestorbene. Wiederum verschwinden hier viele Menschen einfach aus der Statistik, diesmal über 800 000.
     
    Anmerkungen
     
    1  Brian R. Mitchell, International Historical Statistics: Europe, 17 501 988, S. 102, 109.  (zurück)
    2  Die Bundesregierung veranschlagte die Gesamtzahl der im Jahr 1945 Gestorbenen auf 710 000. Der proportionale Anteil für die Zeit von Anfang August bis Ende Dezember beträgt somit 296 000. Für das gesamte Jahr 1946 betrug die offizielle Zahl der Gestorbenen 58 8331, auf den Zeitraum Januar-Oktober 1946 entfielen danach rund 490 000. Für den gesamten Zeitraum von Anfang August 1945 bis Ende Oktober 1946 beträgt die amtliche Zahl der Gestorbenen somit etwa 786 000. Die Zahl für 1946 wird heute vom Statistischen Bundesamt so dargestellt, als beruhte sie auf einer tatsächlichen Zählung im Jahr 1946. Bei der Zahl für 1945 handelt es sich nach amtlicher Angabe um eine Schätzung.  (zurück)

 
    Anhang 2
    Analyse der Bevölkerungszugänge zwischen den Volkszählungen vom Oktober 1946 und September 1950
     
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