Verschwörung beim Heurigen
zusammengeschoben
und lernten, auf den schwankenden Brettern ihr Gleichgewicht zu finden, wobei jeder Sturz ins Wasser von lautem Gejohle begleitet
wurde. Wer die wenigsten Bretter schaffte, musste für alle Eis holen.
Ihre gepolsterte Liege war belegt, Johanna begnügte sich mit einem klapprigen Liegestuhl, den sie neben den Eingang des Pavillons
stellte, und breitete ihr grün-blaues Pareo-Tuch über den unansehnlichen Stoff. Gelangweilt blätterte sie in einer alten ›Vogue‹,
und sehr zu ihrem Ärger kehrten ihre Gedanken zu Carl zurück. Der Gedanke, dass er sie hierher gelotst hatte, um mit dieser
Maria was anzufangen, saß wie ein Stachel in ihrem Fleisch. Wie lange ging das schon mit den beiden? Aber er hatte sich getäuscht,
sein Plan war nicht |158| aufgegangen. Dass sie den Spieß umdrehte, geschah ihm recht. Und wenn sich mit Hansi eine Perspektive abzeichnete und mit
seinem Projekt Surfen & Siegen? Den ganzen Tag sich mit dem beschäftigen, was sie am liebsten tat? Im Winter sollte
das ein europäisches Trainingszentrum für Eissegler werden, maximale Auslastung, das war nicht nur sportlich, sondern auch
wirtschaftlich gedacht. Wer käme da als Sponsor in Betracht?
Hatte sich diese Winzerin gegen Carls Zudringlichkeiten gewehrt, und er hatte sie ...? Das war einer dieser Gedanken, der sein grausames Eigenleben begann, sofern er sich erst einmal eingenistet hatte. Ein
Ei, das eine Schlupfwespe in ihr Opfer gelegt hatte, das sich von ihm ernährte und es von innen auffraß. Wie dumm, dass sie
selbst das Opfer war. Sie durfte sich nicht auffressen lassen. Dieser Chefinspektor aus Wien war die Schlupfwespe gewesen,
er hatte die Möglichkeit erwogen, dass Carl diese Maria aus genau dem Grund ... Hatte er das bewusst getan? Und wenn Herrndorffs Annahme zutraf? Er hielt es gleichfalls für möglich, dass Carl sich die
Sache mit dem weglaufenden Mann ausgedacht hatte, um den Verdacht von sich abzulenken.
Dass der Chefinspektor derartigen Vermutungen nachging, war verständlich, aber er war trotz dem impertinent, ein Aufsteiger,
ein Intrigant. Johanna kannte diese Typen, sicher war ihm jedes Mittel recht, seinen Fall aufzuklären. Wenn Carl der Täter
war – wieso ist er nicht einfach verschwunden? Hatte ihn jemand gesehen? Ach, die Polizei hatte sein Handy gefunden und beschlagnahmt.
War denn überhaupt geklärt, ob es nun Mord oder ein Unfall gewesen war? Johanna erschrak. Das, was in dem Ei der Wespe war,
begann sie anzufressen.
Was war das für eine Frau, in die Carl sich verguckt hatte, deretwegen er seine Ehe aufs Spiel setzte und sich zu diesem langfristig
eingefädelten Betrug hatte hinreißen lassen. War das ihre Idee gewesen? Wollte er dieses Mädchen gegen sie, |159| Johanna, eintauschen? Alle Männer waren gleich, diese Maria war bedeutend jünger als sie. Aber so ganztraute Johanna ihren
stillen Vorwürfen selbst nicht, da blieb ein Zweifel, ein Gefühl der Unsicherheit, das sie nicht ergründen konnte. Sie würgte
diesen Zweifel ab, sie durfte sich nicht beirren lassen, Carl war nicht der Mann, der nach jüngeren Frauen schielte. Weder
fand sie sich alt noch hässlich, sie war sportlich, hatte eine gute Figur. Sicherlich nicht wie eine der jungen Surferinnen,
die um Hansi herumscharwenzelten. Außerdem besaß sie Energie, im Gegensatz zu dieser Maria, die sich mit Frauen zusammentun
musste, um sich zu behaupten. Da war was anderes im Spiel.
Was waren das für Frauen, diese Sieben? Sicher als Einzelne kaum stark genug, um sich durchzusetzen. Sie versteckten ihre
Unsicherheit hinter vermeintlicher Frauensolidarität, mit dem lila Etikett wurde vieles überklebt, Überbleibsel eines längst
überholten Feminismus. Genauso gut war es möglich, dass sie nicht qualifiziert genug waren, um sich als einzelne Winzerinnen
einen Namen zu machen.
Dieser Mann war dazu zweifellos in der Lage: Hansi Petkovic! Sie erkannte ihn von weitem an seiner Art zu gehen, geschmeidig,
durchtrainiert wie er war, die Schultern zurückgenommen, aufrecht, braun gebrannt. Sein blondes Haar machte ihn verwegen,
er wirkte souverän, sympathisch, war charmant, ein Mann, an dem man nicht vorbeikam und an den sie sich gern stärker anlehnen
würde.
Auch im Anzug machte er eine gute Figur, ein offenes weißes Hemd, eine dunkle Hose, die Jacke hatte er über die Schulter geworfen.
Wo mochte er gewesen sein? Er hatte ihr gestern gar nichts von einem wichtigen
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