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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Kunden, hörte sich unter den Bäumen den
     Theoriekurs eines neuen Hilfslehrers an, als Nächstes musste er seine Segel inspizieren.
    Hatte sie ihn zu sehr bedrängt? War ihm ihr gestriges Zusammensein zu eng gewesen? Nein, er hatte sie vom Brett gezogen –
     und selbstquälerische Fragen waren ihr zu dumm, das Warten ebenfalls. Sie zog sich um, schnappte sich Brett und Segel und
     fuhr raus. Es war richtig, dass sie das große Segel genommen hatte, es wehte dafür fast zu viel Wind. Nach einer Stunde war
     der Kopf klar, und es wurde höchste Zeit, das Segel zu wechseln. Doch der Wunsch nach einer Melange und einer »Mehlspeise«
     überwog.
    Hansi brachte ihr beides an den Tisch im Pavillon, die Melange und den Milchrahmstrudel. Sie hielt sich zurück, wegen der
     Kalorien zu protestieren, vielmehr lobte sie seine |210| Fürsorglichkeit und fragte ihn ganz direkt, weshalb er so zerknirscht sei.
    Er betrachtete sie, als sähe er sie auf einmal in einem anderen Licht, zurückhaltender, aber auch, als nähme er sie ernster
     als bisher. »Du bist der Grund. Du und dein Mann«, sagte er leise und bekam schmale Augen. »Du heißt doch Breitenbach, nicht
     wahr? Hier ist von einem Carl B. die Rede, das ist er, oder?« Hansi zog die Kronenzeitung hinter dem Rücken hervor. »Deutscher
     Tourist, augenblicklich am Neusiedler See und Weinliebhaber. Um den Tod an der Maria Sandhofer geht’s. Es war Mord. Deshalb
     also hast du mich neulich ausgequetscht, hast die Depperte gespielt – und mich als Trottel behandelt.«
    Johanna beschlich ein ungutes Gefühl, sie kannte es von Sitzungen her, wenn ein Gegner plötzlich Argumente vorbrachte, von
     denen nie die Rede gewesen war. Heute verlor sie nicht mehr den Boden unter den Füßen, damit hatte sie umzugehen gelernt.
     Aber Hansi gegenüber fühlte sie sich unsicher, sie hatte ihn unterschätzt. Das durfte nicht passieren. Außerdem war es ein
     Irrtum zu glauben, der Tod der Winzerin würde sie nichts angehen. Wieder war es Carl, der ihr etwas verdarb. Er war an allem
     schuld. Eine Mordswut packte sie.
    »Ich werde es dir erklären, Hansi«, sagte sie, ihre Unruhe überspielend. »Ich möchte nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht.«
    »Das hoffe ich«, entgegnete Hansi unwirsch. Lag da eine Drohung in seiner Stimme? Bei aller Zuneigung – hatte er das Recht,
     irgendetwas zu verlangen oder zu fordern? Er konnte Offenheit von ihr verlangen, wenn sie Partner werden würden. Also musste
     sie klarstellen, worum es ging.
    Doch sie musste sich ausschließlich an ihren Interessen orientieren, und so stellte sie Carl als weltfremden Träumer und spinnerten
     Intellektuellen dar, der aus seiner Bücherwelt hervorgekrochen war, den Kopf staunend in die Welt gesteckt |211| hatte und gleich auf diese Winzerin hereingefallen war, die erstbeste Frau, die ihm den Kopf verdreht hatte. Mit dem Mord
     hätte er nichts zu tun, kein Gedanke daran, aber das Durcheinander sei ihr sehr recht, wie sie jetzt begreife, sie habe sich
     verändert, und mit so einem Mann könne sie nicht weiter zusammenleben. Die Scheidung sei lediglich eine Frage der Zeit. Und
     jetzt, wo sie ihn, Hansi, getroffen hatte und sich sowohl eine Romanze ergebe wie auch eine berufliche Perspektive, die sie
     faszinierte, in die sie auch bereitwillig Wissen und Geld investieren würde, sei dieser Zustand für sie nicht länger haltbar.
    Sie hörte sich reden, lauschte ihren eigenen Argumenten und Schlussfolgerungen. Alles klang völlig logisch und klar, was sie
     da so gefühllos von ihrem Ehemann erzählte. Sie breitete Carls Charakter vor Hansi aus wie den eines Fremden, mit dem sie
     längst fertig war. Sie sei immer die treibende Kraft gewesen. Carl sei antriebslos und entscheidungsschwach, unsportlich,
     geradezu wasserscheu, was Hansi schmunzeln ließ, und beruflich habe er jede Herausforderung gemieden. Bezüglich seines Interesses
     am Wein stehe sie vor einem Rätsel. Alles in allem sei er ein ziemlich lebensunfähiger Typ. Unbegreiflich, dass sie es so
     lange mit ihm ausgehalten habe, »   ... denn im Bett,   ... na ja, schmutzige Wäsche sollte man nicht waschen.«
    Eine Andeutung reichte, besser hier abbrechen, es gab einen Punkt, an dem Männer sich plötzlich solidarisierten oder hellhörig
     wurden. Sie musste von dem Thema wegkommen, aber Hansi ließ nicht locker.
    »Ganz deppert kann er nicht sein, wenn er dich wegen dieser Winzerin hierhergebracht hat. Und seine Kontakte zu den anderen
    

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