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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ihr die unverfrorenen Blicke lästig, mit denen Günther Wollknecht ihr das
     wenige, was sie trug, noch auszog. Sie entschuldigte sich, um sich umzuziehen.
    Hansi atmete auf. »Wir gehen in den Hänger!«, rief er ihr nach. »Du kommst auch?«
    Er wird diesen Knecht sicherlich instruieren, wie er mit mir umzugehen hat, vermutete Johanna, wenn er es nicht längst getan
     hatte. Hansis T-Shirt überzuziehen dauerte eine Minute, doch für Haar und Gesicht brauchte sie eine Viertelstunde, und als sie den Wohnwagen betrat,
     hatten die Männer die Köpfe über der Blaupause zusammengesteckt, daneben lag ein Stapel Mappen. Der Anwalt hielt die Hand
     darauf.
    Er spielte den Überraschten. »Super, super sehen Sie aus. Mit Hansis Shirt gehören Sie ja quasi zur Familie. Also kommen wir
     zur Sache.«
    Er füllte ein Glas mit einem Sauvignon blanc und reichte es Johanna. »Er ist super. Von einer unserer Besten, Rosi Schuster.
     Obwohl hier Hannes Schuster auf dem Etikett steht, schmeißt sie den Laden. Sie trinken gern Wein?«
    Johanna verkniff sich die Frage, ob diese Rosi auch zu den Sieben gehörte. Winzerin war mittlerweile ein Reizwort für sie.
     »Ich verstehe nichts davon, ich weiß lediglich, was mir schmeckt.« Und sie dachte an die Jungs, die in teuren Klamotten cool
     in teuren Bars herumstanden, unbezahlbare Weine tranken und mit Fachbegriffen aus Weinführern um sich warfen.
    »Das ist gut«, sagte der Anwalt, »das ist super, Geschmack ist eine wichtige Voraussetzung. Wenn Sie bleiben, was in der EU
     gar kein Problem mehr ist, und Sie bei ›Surfen & |215| Siegen‹ mit uns siegen, dann sollten Sie einiges darüber wissen. Hier am See geht nichts ohne Wein. Dieser Sauvignon blanc
     kommt aus St. Margarethen, ein bisschen südlich, von hier aus hinter dem Römer-Steinbruch, sicher sind Sie dort vorbeigekommen?
     Auch der Stephansdom in Wien wurde mit Steinen von dort   ... «
    Johanna erinnerte sich, sie hatte an der Landstraße von Eisenstadt kommend auf der Spitze eines Hügels entsprechende Hinweise
     gesehen. Aber da sich auf der Kuppe der Blick über das Seepanorama öffnete, hatte sie Gas gegeben, um aufs Wasser zu kommen.
    Günther Wollknecht hielt das Glas ins Licht. »Blassgold, sehr frisch, sehr spritzig, eine lebhafte Säure, trotz der Reife,
     und schöne Aromen, finden Sie nicht? Maracuja, Johannisbeere   ... «
    Der Wein interessierte Johanna genauso wenig wie der Steinbruch. Interessanter war, was der Anwalt für Unterlagen mitgebracht
     hatte.
    »Was können Sie mir zeigen, damit ich ein genaues Bild von der Surfschule bekomme?« Es fiel ihr auf, wie wenig Hansi sagte,
     seit der Knecht aufgetaucht war. So hatte er sich in ihrem Kopf festgesetzt – als Woll-Knecht. Er war nicht der König, und
     er war kein Bauer. Er war ein Turm, ein Läufer, aber wer war der Chef?
    »Wir sollten sie zum Thomas mitnehmen, Hansi«, meinte der Anwalt und fuhr dann, an Johanna gewandt, fort: »Thomas Thurn ist
     einer der ganz Großen hier.«
    »Auch Mitglied in einer dieser Winzervereinigungen?«, fragte Johanna dazwischen.
    »Nein.« Der Anwalt machte eine theatralische Geste. »Der Starke ist am mächtigsten allein. Friedrich Schiller!« Selbstgefällig
     schauten er und Hansi sich an. »Thomas Thurn ist ein Trendsetter, ein Newcomer zwar, aber ein rasanter, obwohl sein Vater
     auch Winzer war. Thomas hat aus der maroden Kellerei diesen Vorzeigebetrieb gemacht, die Arbeit |216| im Weinberg revolutioniert, neue Verfahren, Sie verstehen? Der Glykol-Skandal, der Österreich erschütterte und viele Winzer
     in den Ruin trieb, war ein heilsamer Schock. Der Quasi-Zusammenbruch unserer Weinwirtschaft hat den Aufstieg unserer Weine
     in die Weltspitze erst ermöglicht. Haben Sie von dem Skandal gehört?«
    »Lange her, nicht wahr?«, sagte Johanna ausweichend, obwohl sie sich erinnerte, »Konkret weiß ich nichts. Glykol soll ein
     Frostschutzmittel sein, wenn ich nicht irre   ... «
    »Ich war damals sehr jung«, erklärte Wollknecht, nach Gemeinsamkeiten suchend. »Man hat es verwendet, um Weißweine und Süßweine
     gefälliger zu machen. Harmlos, gestorben ist niemand daran. Glykol gibt dem Weißwein eine schöne goldgelbe Farbe   ... «
    Harmlos war das Zeug überhaupt nicht, erinnerte sich Johanna. Glykol verursachte Durchfall, Übelkeit und Krämpfe und wirkte
     von einer bestimmten Konzentration an sogar tödlich. Aber die Wirkung auf den Wein kannte sie nicht. Sie könnte Carl   ... auf was für

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