Verschwoerung der Frauen
er.
»Oder«, antwortete Kate und hob ebenfalls ihr Glas, »auf dieses Schiff und alle, die auf ihm segeln, wie John le Carré sagen würde.«
»Vielleicht hätte ich ihn überreden sollen, die Biographie zu schreiben«, sagte Simon lachend.
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»Zu spät. Jetzt haben Sie mich«, sagte Kate Fansler.
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Teil II
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2
Anne Gringolds Memoir
»E r ist der größte Schriftsteller seiner Zeit«, sagte Dorinda in dem Ton, in dem Kinder die Weisheiten ihrer Eltern nachplappern. »Vielleicht«, fügte sie hinzu, »aller Zeiten. Und er ist ein Verwandter von uns.«
»Aber nur ein angeheirateter«, betonte ich. Das war nicht besonders großherzig von mir. Dorinda war über alle Maßen vom Leben mit Luxus und Reichtum verwöhnt worden. Daß sie nun auch noch den größten Schriftsteller für sich reklamierte, kam mir, gelinde ausgedrückt, vor, als wenn man die Lilie vergolden wollte (letzteres war ein Ausdruck meiner Mutter, dessen Bedeutung ich eher durch seine Verwendung als durch Analyse seiner Metaphorik oder Wissen um seinen Ursprung erfaßt hatte).
»Aber seine Enkelin ist direkt mit uns verwandt«, sagte Dorinda; sie wollte offensichtlich die Diskussion beenden. Da der Sohn des großen Schriftstellers die Schwester von Dorindas Vater geheiratet hatte, gab es nichts mehr zu disputieren. Dorinda war ein Einzelkind wie ich, besaß aber eine gleichaltrige Kusine, die noch dazu eine romantische, vom Krieg gezeichnete Vorgeschichte hatte. Diese Kusine nun konnte jeden Moment aus dem Blauen (dem Ozean, nicht dem Himmel) auftauchen und würde Dorindas Leben um eine weitere interessante Note bereichern, obwohl sie, für meinen Geschmack, schon mehr als genug davon besaß. Der einzige überwälti-gende Nachteil, den ich aber aus Loyalität zu meinem Geschlecht nicht zu erwähnen wagte, auch wenn er Dorindas Prahlerei zweifellos untergraben hätte, war, daß der Abkömmling des großen Dichters ein Mädchen war. Wie so oft hatten alle auf einen Jungen gehofft.
Trotzdem, dieses Mädchen trug den magischen Namen des großen Schriftstellers und würde sich, wie Margaret Mead, eine meiner Heldinnen, vielleicht weigern, ihn bei der Heirat abzulegen, oder, noch gewagter, sich überhaupt weigern zu heiraten. In diesem Augenblick fuhr der Wagen vor, der Chauffeur hupte, und wir stürmten hinaus, um uns zum Strandclub und zu unseren Spielen im Meer fahren zu lassen.
Diese Erinnerung stammt aus der Zeit unmittelbar vor dem Eintritt Amerikas in den Zweiten Weltkrieg. Meine Erinnerungen, die 23
mich in den letzten Jahren immer öfter und unerwartet überfallen, blitzen auf wie ein an die Wand projiziertes Foto. In meinen jungen Jahren, und auch später noch, war ich eine leidenschaftliche Fotografin. Ich hatte eine exzellente Kamera, auch sie verdankte ich Dorinda und ihrer Familie; Dorinda hatte mir beigebracht, Fotos, damals noch schwarzweiß, durch einen großen Projektor an die Wand zu werfen.
Und so sehe ich uns auf der riesigen Veranda des Sommerhauses an der Küste von New Jersey sitzen und wild auf unseren Schaukelstühlen wippen. Unsere Unterhaltung ist nicht in dem Bild, nicht einmal (meiner Erinnerung nach) als Luftblase über unseren Köpfen. Die Sprache liegt vielmehr in der Szene selbst, in dem, was sie, was jener erinnerte Moment hervorruft. Ein Film aus späteren Jahren mit dem Titel ›Hiroshima Mon Amour‹, war meiner Meinung nach der letzte, der Erinnerungen angemessen einfing. Heute sieht man in den Filmen nur noch Gegenschnitte, plumpe Effekte, Schreie, Bewegung.
Im Gegensatz zu Traumata und verdrängten Szenen sind Erinnerungen voller Ruhe; nur die Worte sprechen. Meiner Erfahrung nach sind es aber immer belanglose Szenen, die unser Gedächtnis ohne ersichtlichen Grund speichert und die durch eine zufällige Begebenheit oder Bemerkung wachgerufen werden. (Einmal, als Dorinda und ich mit ihren Eltern ausfuhren, der Chauffeur steuerte den Wagen und Dorinda und ich saßen auf den Notsitzen, summte eine Fliege in der Sommerhitze um unsere Köpfe. »Und ich dachte«, erzählte mir Dorinda später, »daß ich mich nie an diese Fliege erinnern würde, aber jetzt, wo ich es ausgesprochen habe, werde ich mich natürlich immer erinnern.« Als wir uns später, inzwischen beide über vierzig, wiedertrafen, vergaß ich, sie danach zu fragen. Aber schließlich erinnerte ich mich für sie.)
1941 kam Dorindas Kusine in die Vereinigten Staaten. Als am Ende jenes Jahres Pearl Harbor bombardiert wurde, waren wir drei
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