Verschwoerung gegen Baron Wildenstein
bevor er es zurückhalten konnte. Dieser verfluchte Verräter!, durchschoss es Wolfram siedend heiß.
Hatte der Kerl seine Drohung also wahr gemacht und sich für die Faustschläge und die Niederlage im Tricktrack gerächt. Wolfram konnte sich schon denken, dass Thomas seinen Bericht wahrscheinlich noch ausgeschmückt hatte.
Wolfram wollte etwas sagen, aber eine Handbewegung seiner Burgherrin brachte ihn augenblicklich dazu, die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, herunterzuschlucken. Es wäre unhöflich und fast unverzeihlich gewesen, seiner Herrin ins Wort zu fallen. So schwer es Wolfram in diesem Augenblick auch fallen mochte, er musste sich beherrschen.
“Hör zu, Junge. Ich möchte dir dazu etwas sagen. Diese Maria mag ein nettes Mädchen sein, aber es ist etwas anderes, wenn Kleinkinder sich ihre Spielkameraden aussuchen, als wenn man das in deinem Alter tut.” Worin dieser Unterschied bestand, verstand Wolfram nicht so recht. Aber er wagte auch nicht nachzufragen. Wahrscheinlich wird mir die Herrin jetzt eine elend lange Standpauke halten!, ging es dem Jungen durch den Kopf. Aber er wusste genau, dass jeder Widerspruch vollkommen sinnlos war. Sie war die Burgherrin, er ein zu Dienst verpflichteter Page. Die Rollen waren klar verteilt und es gab keine Möglichkeit, daran auch nur das Geringste zu ändern.
Die Burgherrin machte eine Pause, ehe sie schließlich fortfuhr: “Wie gesagt, ich habe über diese Maria nie etwas Schlechtes reden gehört. Aber sie passt einfach nicht zu deinem Stand, Wolfram. Du bist der Sohn eines Ritters, dem mein Mann das Versprechen gab, für deine Erziehung und Ausbildung zu sorgen. Das weißt du!”
“Ja, meine Herrin”, murmelte Wolfram ziemlich kleinlaut.
“Einen jeden hat Gott an seinen Platz im Leben gesetzt. Hast du darüber schon einmal nachgedacht?”
“Der Burggeistliche hat in der Messe wiederholt darüber gesprochen”, gab Wolfram zu.
“Der Sohn eines Ritters wird ein Ritter, der Sohn eines Bauern wird ebenfalls Bauer und die Töchter von Mägden werden auch Mägde. So ist die Ordnung, die unser Zusammenleben gewährleistet. Du solltest darauf achten, diese Grenzen nicht zu überschreiten. Es gibt genug Kinder adeliger Herkunft in dieser Burg. Und du bist alt genug, um diesen Unterschied zu begreifen.”
Die Wahrheit war, dass Wolfram nicht so recht einsah, weshalb jemand etwas dagegen haben sollte, dass er sich mit Maria traf. Die allgemeine Ordnung brach davon sicherlich nicht zusammen. Aber Wolfram hütete sich davor, etwas gegen die Worte der Burgherrin zu sagen. Das hätte die unangenehme Situation, in der er sich befand, nur noch verlängert.
“Es gibt noch einen anderen Grund, weshalb ich dir dringend anrate, dich nicht mit den Küchenkindern abzugeben. Ich erwähnte bereits das Versprechen, das mein Mann deinem Vater gab, für deine Erziehung und Ausbildung zu sorgen, als wärst du sein eigener Sohn.”
“Gewiss.”
“Genauso haben wir unseren Sohn in die Obhut des Grafen Gernot gegeben, damit er dort das nötige Handwerkszeug eines Ritters erlernt. Wenn deinem Vater nun zu Ohren käme, dass du nicht standesgemäßen Umgang hast, könnte er daran zweifeln, dass wir wirklich in der Lage sind, für deine höfische Ausbildung zu sorgen. Verstehst du das?”
“Ja”, murmelte Wolfram. Aber es war eine Lüge. Er verstand es kein bisschen, musste sich aber unterordnen. Sich allerdings wirklich vorschreiben zu lassen, mit wem er Umgang hatte – daran dachte er nicht einmal im Traum. Ich werde also vorsichtiger sein müssen!, ging es ihm durch den Kopf. Vor allem vor Thomas musste er sich zukünftig in Acht nehmen. Schließlich hatte niemand der Ritter daran Anstoß genommen, die in der Nähe gestanden hatten, dass er mit Maria gesprochen hatte.
“Du darfst jetzt gehen”, entließ ihn Burgherrin.
Wolfram verneigte sich und ging zur Tür. Nachdem er sie geöffnet hatte, drehte er sich noch einmal halb um.
Er erschrak fast, als die Burgherrin ihn ansah. “Vergiss nie, wer du bist und wohin du gehörst, Wolfram!”
“Das tue ich bestimmt nicht”, versprach er. Aber er meinte es anders, als die Burgherrin es verstand. Freunde verriet man nicht einfach. Das war Wolframs Ansicht.
Das galt für Maria genauso wie für den Streuner Kaspar, der auch kein wertvoller Jagdhund, sondern nur eine schmutzige Promenadenmischung war.
*
Später ritt Wolfram zusammen mit Ansgar, dem frisch gebackenen Knappen, zur Mühle am Kleintal, um sich zu
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