Verschwörung im Zeughaus
Lachen vernahm.
«Na, das hat ja hervorragend funktioniert», befand Adelina trocken. «Wenn du so weitermachst, wird sie dir wirklich alsbald ein Messer zwischen die Rippen jagen.»
«Mach dich gefälligst nicht lustig», blaffte er sie an. «Ich hatte nicht vor, sie gegen mich aufzubringen.»
«Nein, vermutlich nicht.» Adelinas Miene wurde wieder ernst. «Aber trotzdem hast du es getan.»
«Ich weiß nicht, was mit ihr los ist», gab er resigniert zu. «Sie lässt mich nicht einmal mehr aussprechen. Es ist, als ob sie …»
«Ja?» Erwartungsvoll blickte sie ihn an.
Er zuckte die Achseln. «Ich weiß es nicht.»
«Tilmann.» Kopfschüttelnd trat Adelina auf ihn zu. «Du siehst es wirklich nicht, oder?»
Erstaunt runzelte er die Stirn. «Was sehe ich nicht?»
«Mira hat Angst.»
«Vor mir?»
Adelina gluckste erheitert. «Nun tu nicht so, als wüsstest du nicht, wie furchteinflößend du wirken kannst.»
«Ich wollte nicht …»
«Ich weiß.» Sie trat näher und legte ihm sanft eine Hand auf den Arm. Merkwürdigerweise machte ihm diese vertrauliche Geste seiner Schwester gar nichts mehr aus. Im Gegenteil – er empfand sie als tröstlich. Anscheinend wurde er wirklich allmählich zu einem Weichling.
Adelina lächelte ihm zu. «Ich kann nicht genau sagen, was in Mira vorgeht, aber ich sehe, wenn jemand Angst hat. Und das ist bei ihr der Fall. Sie fürchtet sich vor etwas – oder jemandem.»
«Und nun?» Er fühlte sich ratlos wie nie zuvor.
«Du wirst nicht umhinkommen, ihr diese Angst zu nehmen», antwortete Adelina mit einem Schulterzucken.
«Wie soll ich das machen, wenn ich noch nicht einmal weiß, worum es überhaupt geht?»
Adelina nahm sich Zeit mit ihrer Antwort – so lange, dass er beinahe ungeduldig wurde.
«Warte auf die rechte Gelegenheit, Tilmann», riet sie schließlich. «Du bist doch ein guter Soldat, kennst dich mit Kriegsmanövern und Taktiken aus, nicht wahr?»
Befremdet blickte er sie an. «Wir befinden uns doch nicht in einem Krieg!»
«Nein, aber entwaffnen musst du Mira dennoch irgendwie, denn sonst kannst du deine Zukunftspläne vergessen.»
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21. KAPITEL
A delina legte einen Kanten Brot in den Korb neben die Schüssel mit Hirsebrei und packte auch noch einen Krug mit honiggesüßter Dickmilch dazu. Sie hatte Clara bei der Geburt des Kindes geholfen, und nun fühlte sie sich verantwortlich für das Mädchen. In Gedanken war sie schon verschiedene Möglichkeiten durchgegangen, wie sie Clara helfen konnte, wenn diese wieder ganz genesen war. Es ging ihr jetzt schon stündlich besser, das Fieber war verschwunden. Ludmillas Vorschlag, die Kleine für eine Weile bei sich aufzunehmen, kam wie gerufen, auch wenn noch nicht sicher war, ob Clara damit einverstanden sein würde. Inzwischen hatte Adelina erfahren, dass das Mädchen die Tochter eines durchaus angesehenen Kürschners war. Misswirtschaft und der Hang zum Würfelspiel hatten ihn um sein Geld und beinahe sogar um seine Werkstatt gebracht. Als seine Schulden immer erdrückender wurden, verpfändete er seine Frau und Tochter an das Hurenhaus. Es wollte Adelina nicht in den Kopf gehen, wie ein Mann seiner Familie so etwas zumuten konnte. Fest stand, dass Clara um keinen Preis mehr nach Aachen zurückkehren wollte, und das war wohl mehr als verständlich.
Mittlerweile hatte auch Neklas den Gast in dem unterirdischen Gewölbe begrüßt. Zunächst war er wenig begeistert von der zusätzlichen Belastung gewesen, doch nachdem er Clara kennengelernt hatte, sprach er sich ebenfalls dafür aus, ihr zu helfen. Griets Schicksal hatte ihn damals sehr erschüttert, deshalb regte sich bei ihm nun Mitleid für dieses Mädchen, dem es ähnlich wie seiner Tochter ergangen war. Auch er war dafür, dass Clara erst einmal bei Ludmilla Unterschlupf finden sollte, bis man möglicherweise etwas anderes für sie fand.
Kurz warf Adelina einen Blick in die Apotheke, doch der Verkaufsraum war leer, die Haustür verschlossen. Griet war unten bei Clara und Mira noch nicht von ihrem Gang zu Dietmar Overstolz zurück. Was die Gesellin mit dem Sohn des Rentmeisters verband, wollte Adelina nicht recht einleuchten. Sie hatte gar nicht gewusst, dass die beiden einander kannten. Vielleicht war es ratsam, nach Miras Rückkehr zunächst einmal mit ihr zu sprechen. Nicht nur wegen Dietmar, sondern auch, um Miras Verhalten Tilmann gegenüber auf den Grund zu gehen.
Adelina hatte auch diesmal eher unfreiwillig dem Gespräch der
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