Verschwörung im Zeughaus
zufällig, worüber sie gesprochen haben?»
«Nein.» Bedauernd schüttelte Clara den Kopf. «Aber ich habe sie auch nie … bedient.» Ihre Stimme wurde noch leiser als üblich. «Ich war ihnen zu dünn und zu, ähm …»
«Brav?», half Ludmilla aus.
Clara errötete noch mehr und nickte mit gesenktem Blick. «Sie sind immer mit mehreren Frauen und Männern gemeinsam in eine der Kammern gegangen. Da wollte ich nicht mitmachen, und der Wirt durfte mich nicht dazu zwingen …»
«Schon gut.» Griet legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm und rückte näher an sie heran. «Die Zeiten sind für immer vorbei. Du brauchst dich nicht zu ängstigen.»
«Ich schäme mich», gab Clara sichtlich bedrückt zu.
«Auch dazu besteht kein Anlass», mischte sich Ludmilla ein. «Scham sollte dein Vater empfinden, dass er dir und deiner seligen Mutter ein solches Leben zugemutet hat. Aber sei’s drum. Vergangen ist vergangen.» Sie klatschte in die Hände. «Adelina, ich denke, du solltest diese neuen Informationen deinem Bruder kundtun.»
Mit einem zustimmenden Nicken erhob sich Adelina von dem Deckenlager und strich ihr Kleid glatt. «Das mache ich, Ludmilla, und zwar sofort.»
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22. KAPITEL
E s ist also Veit!» Aufgebracht ging Tilmann in Adelinas Küche auf und ab. «Dieser treulose Hund, das wird ihm nicht gut bekommen!»
Adelina, die die Kinder und das Gesinde hinausgeschickt hatte, um mit Tilmann und Neklas über die neuesten Erkenntnisse zu sprechen, beschäftigte ihre Hände mit dem Kneten eines Brotteigs. Ihre Arme waren bis zu den Ellbogen mit Mehl bestäubt. Mit dem Zeigefinger der rechten Hand schob sie vorsichtig eine Haarnadel zurück an ihren Platz, wobei sie sich bemühte, ihre zartgelbe Haube nicht mit Teigresten zu verunzieren.
«Wenn Veit Liesborn tatsächlich zu den Verschwörern gehören sollte, wird es wahrscheinlich nicht leicht, seiner habhaft zu werden», gab sie zu bedenken. «Im Moment gilt er als spurlos verschwunden.»
«Er hat aber Frau und Kinder hier in Köln», widersprach Neklas. «Das Mindeste, was die Schöffen tun sollten, ist, sie unter Arrest zu stellen. Liesborn wird dann früher oder später hierher zurückkehren.»
«Arrest.» Adelina schauderte. Zu genau erinnerte sie sich noch daran, wie es war, im eigenen Hause gefangen gehalten zu werden. «Selbst wenn er zurückkehrt, heißt das nicht, dass sich ihm etwas beweisen lässt. Dass Clara seinen Namen kannte, war reiner Zufall, und sie wird gewiss nicht als Zeugin zugelassen.»
«Als Zeugin?» Tilmann blieb stehen und warf Adelina einen bezeichnenden Blick zu. «Ganz sicher nicht.»
Adelina funkelte ihn an – mehr aus Gewohnheit, denn weil sie gereizt war. «Selbst wenn, würde sie nicht aussagen wollen. Sie hat viel zu viel Angst, dass ihr Vater oder der Hurenwirt aus Aachen sie finden könnten.»
«Du hättest sie nicht aufnehmen sollen», befand Tilmann kopfschüttelnd. «So etwas nimmt selten ein gutes Ende.»
«Selten bedeutet nicht niemals», antwortete Adelina milde. «Clara wird bei Ludmilla gut aufgehoben sein.»
«Bei der alten Krähe?», Tilmann lachte spöttisch. «Da wird sie schon das Rechte lernen.»
«Vergiss nicht, dass die alte Krähe dir das Leben gerettet hat!»
Er zog die Brauen zusammen und musterte Adelina eingehend. Sie erwiderte seinen Blick herausfordernd. Nach einem langen Moment entspannte er sich und winkte ab.
«Schon gut, Schwester, fahr die Krallen wieder ein. Ich hab ja gar nichts gegen das Weib. Solange sie mir nicht zu nahe kommt.»
Ehe Adelina etwas erwidern konnte, hob Neklas die Hand. «Ich höre etwas», sagte er.
Schon Augenblicke später öffnete sich die Küchentür, und Mira trat ein, gefolgt von Griet und Thönnes Overstolz. Zuletzt erschien auch Georg Reese.
Tilmann erstarrte. Adelina sah seine Hand an den Griff seines Schwertes wandern. Erschreckt wollte sie nach seinem Arm greifen, um ihn zurückzuhalten, doch da hatte er die Klinge bereits gezogen. Die Besucher blieben wie angewurzelt stehen.
Mira blickte mit weit aufgerissenen Augen zu Tilmann, der den Rentmeister schweigend fixierte. Als er einen Schritt vorwärts machte, schob sie sich zwischen ihn und die Besucher.
«Mira!» Adelina versuchte, die junge Frau aufzuhalten, doch diese beachtete sie gar nicht, sondern trat auf Tilmann zu und legte ihre Hand auf seinen Schwertarm.
«Haltet ein, Hauptmann Greverode!»
Zunächst reagierte Tilmann nicht, doch als Mira weder zurückwich noch
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