Verschwörung im Zeughaus
mir zu sprechen. Und das war, nachdem sie bereits von meinem Sohn erfahren hatte, dass ich mitnichten gegen Euch intrigiere.» Er zwinkerte Mira zu, woraufhin sie sichtlich verlegen den Blick auf ihre Hände senkte. Dann fuhr er in aufgeräumtem Ton fort: «Wie ich schon gegenüber Frau Adelina erklärt habe, ist auch in mir seit längerer Zeit der Verdacht gewachsen, dass wir es mit einer Verschwörung zu tun haben. Ich habe mich in der Angelegenheit lange bedeckt gehalten – und vielleicht mag es auf Euch, Hauptmann, wie ein Vertuschungsversuch gewirkt haben –, aber es geschah einzig aus Vorsicht und um mögliche Mitverschwörer im Rat nicht aufzurütteln. Ich beobachte die Aktivitäten des Grafen Ailff van Wesel schon seit fast einem Jahr. Ihr, Greverode, seid mehr als einmal in seiner Gesellschaft gesehen worden. Ich weiß, dass Ihr geschäftliche Beziehungen mit ihm gepflegt habt, und gehe davon aus, dass Ihr diese für Eure Bemühungen nutztet.»
Tilmann kräuselte die Lippen, zögerte, dann nickte er. «Mein Vorgehen war mit Clais abgesprochen. Wir haben ursprünglich durch Arnold von Raderberg einen Hinweis auf van Wesels Machenschaften erhalten.»
«Raderberg, ja?» Wieder lächelte Overstolz breit und warf Mira einen neugierigen Blick zu. «Ich nehme an, Ihr wart erfolgreich mit Euren Ermittlungen, andernfalls hätte man Euch nicht im Zeughaus angegriffen.»
«Wir hatten genügend Beweise gesammelt, um wenigstens einen Mitverschwörer anzeigen zu können.»
«Lasst mich raten – es handelt sich dabei um meinen Schwager Evert Palm.»
Tilmanns Kopf ruckte hoch. «Die Beweise gegen ihn und van Wesel sind an jenem Abend im Zeughaus abhandengekommen.»
«Was ein unglaubliches Ärgernis ist.» Der Rentmeister seufzte. «Ich muss gestehen, dass ich Evert auch schon länger im Verdacht habe. Allerdings weiß ich nicht, wie und über wen er mit dem Grafen konspiriert.»
«Veit Liesborn», mischte sich Adelina ein. «Wir haben guten Grund zu der Annahme, dass er mit van Wesel im Bunde steht. Die beiden wurden mehrfach zusammen in Aachen gesehen und –»
«Liesborn?», unterbrach Reese sie. «Ich dachte, er habe sich auf die Suche nach dem Hauptmann begeben. Und hat er nicht auch eine Aussage vor dem Vogt gemacht?»
«Veit Liesborn ist seit einigen Tagen verschwunden», erklärte Neklas.
Overstolz rieb sich nachdenklich übers Kinn. «Da soll mich doch … Jetzt begreife ich erst! Als ich davon erfuhr, habe ich mir zuerst nichts weiter dabei gedacht, aber jetzt –»
«Ihr sprecht in Rätseln, Herr Overstolz», unterbrach Adelina ihn.
Der Rentmeister hob den Kopf. «Verzeiht, das war nicht meine Absicht. Mir fällt nur gerade ein, dass nicht Liesborn seine Aussage vor dem Vogt gemacht hat, sondern seine Frau Fygen. Sie überbrachte dem Vogt eine schriftliche und gesiegelte Aussage ihres Gemahls. Nicht ungewöhnlich im Grunde, doch falls er tatsächlich in die Verschwörung verstrickt ist, war das vielleicht nur eine Finte, um von sich abzulenken.»
«Wahrscheinlich war er zu dem Zeitpunkt schon längst über die Stadtgrenze hinaus und hat sich im Schutz des Grafen verborgen», ergänzte Tilmann verärgert.
«Das steht zu befürchten», pflichtete der Rentmeister ihm bei. «Stellt sich nun noch die Frage, welche Personen noch in den Verrat verstrickt sind.»
Adelina, Neklas und Tilmann wechselten mehrere Blicke miteinander, dann ergriff Adelina wieder das Wort. «Christine van Dalen hat sich verdächtig verhalten. Zwar hat sich für einige ihrer Handlungen mittlerweile eine plausible Erklärung gefunden, dennoch steht weiterhin im Raum, dass sie mit van Wesel verwandt ist und darüber hinaus nicht mit den Ermittlungen ihres Gemahls einverstanden war.»
«Christine van Dalen?» Overstolz verzog überrascht das Gesicht. Fragend blickte er zu Reese, der sich daraufhin unbehaglich räusperte.
«Ich fürchte, hier muss ich einiges aufklären. Wie ich kürzlich erfahren habe, scheint sich mein Vetter Heinrich um Frau Christine zu bemühen. Dass er dies so kurz nach Clais’ Tod tut, kam mir sehr pietätlos vor, also habe ich ihn mir diesbezüglich zur Brust genommen.» Er hielt inne und wischte sich mit dem Ärmel ein paar Schweißtropfen von der Stirn. «Eine äußerst delikate Angelegenheit eröffnete sich mir daraufhin, bei der ich gern verhindern möchte, dass sie öffentlich wird. Ganz auszuschließen ist der Skandal zwar nicht, denn die Leute werden zwei und zwei zusammenzählen, aber
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