Verschwörung im Zeughaus
sehr begrenzt zu sein schienen. Doch eines war Beede ganz gewiss – nämlich gefährlich.
Miras Blick wanderte weiter zu Harro, der seine Herrin mit treuherzigem Blick anstarrte. Wo war sie hier hineingeraten?
«Ihr wisst also nicht, dass Euer Gemahl mit Ailff van Wesel gemeinsame Sache macht?», wagte sie nun doch zu fragen, weil sie nicht glauben wollte, dass die Frau, die vor ihr stand, derart einfältig sein konnte.
«Was redet Ihr denn da? Evert und der Graf? Das ist ja lachhaft. Wie kommt Ihr nur darauf?»
«Tilmann …» Mira stockte. «Hauptmann Greverode und Clais van Dalen hatten Beweise gegen Euren Mann gesammelt.»
«So, haben sie das?» Beedes Stimme hatte sich fast unmerklich verändert, doch Mira hatte es sofort gemerkt. «Schau an, das hätte ich meinem Waschlappen von Ehemann gar nicht zugetraut.» Mit zwei Schritten war Beede wieder bei Mira und zerrte erneut heftig an ihren Haaren. «Seit wann nennt Ihr meinen Tilmann denn beim Vornamen, Kindchen?»
Mira verdrehte die Augen und versuchte gleichzeitig, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen. «Er ist nicht Euer Tilmann.»
«Aber Eurer vielleicht?»
Mira schrie auf, als Beede noch fester am Zopf zog.
«Ich dachte, Ihr hättet ihn voller Abscheu abgelehnt. Aber es kam mir gleich verdächtig vor, dass Ihr Euch derart ins Zeug legt, ihm zu helfen. Habt Ihr Eure Meinung vielleicht inzwischen geändert? Eins verspreche ich Euch, Ihr bekommt ihn nicht. Eher schneide ich Euch eigenhändig die Kehle durch.» Sie kicherte und wandte sich an Harro. «Wäre das nicht interessant? Wir könnten es vor seinen Augen tun.»
Harro grinste zurück. «Wenn’s sich einrichten lässt, Herrin. Alles, was Ihr wollt.»
«Mein guter Harro! Auf dich ist Verlass, nicht wahr?» Beede warf ihm einen irren Blick zu, der Mira einen Schauder über den Rücken jagte. Noch immer vermochte sie nicht einzuordnen, was hier wirklich vorging. War am Ende nicht nur Beede verrückt, sondern dieser Knecht ebenfalls? Und was war mit der Magd Dora?
Plötzlich begriff Mira, was Beede soeben gesagt hatte. Sie fuhr auf. «Was meint Ihr damit – vor seinen Augen?»
Beede kicherte wieder. «Kindchen, weshalb glaubt Ihr, haben wir Euch hier eingesperrt? Er wird Euch natürlich suchen kommen. Eigentlich wollte ich seine neunmalkluge Schwester haben. Ich dachte mir, dass ihm vermutlich an ihr am meisten liegen würde. Aber so ist es vielleicht noch besser. Könnte ja durchaus sein, dass ihr ihm noch immer ins Auge stecht. Aber selbst wenn nicht, wird er seiner Schwester den Gefallen tun und versuchen, Euch zu retten. Eurem Vater gegenüber dürfte er sich ebenfalls verpflichtet fühlen, nicht wahr, Mira? Soweit ich weiß, sind die beiden ja befreundet.»
«Ihr wollt ihn in die Falle locken?»
«So ist es.»
«Er wird nicht allein kommen», gab Mira zu bedenken.
«Nun …» – Beede lächelte schmal – «wir sind ja auch nicht allein.»
In diesem Moment öffnete sich die Tür zu einem Hinterzimmer. Dora trat ein, in den Händen ein Leinentuch, an dem sie sich gerade die Hände abwischte.
«Ich hab Heins Beinwunde noch mal verbunden. Sieht ganz gut aus. Er wird noch ein bisschen humpeln, aber ansonsten ist er wieder ganz der Alte.»
Wie zur Bestätigung ihrer Worte trat hinter ihr ein hünenhafter blonder Kerl in zerknitterten Kleidern der Bonner Söldner ein. Er trug ein Schwert an der Hüfte und einen Dolch am Gürtel.
Beede ging zu ihm und strich ihm freundlich über die Schulter, bevor sie sich wieder an Mira wandte. «Seht Ihr, Hein ist wohlauf. Tilmann hatte ihn ganz schön zugerichtet, aber ich vermute, er selbst hat auch ordentliche Wunden abbekommen. Ach, hätte er nicht an seinen Verletzungen sterben können?» Sie rang kurz die Hände. «Aber nun gut. Nach der kurzen Zeit dürfte er noch nicht wieder ganz genesen sein, nicht wahr, Jungfer Mira? Und ein geschwächter Hauptmann ist ein leichter Gegner für einen Söldnerknecht, ebenso wie ein Medicus oder ein einfacher Baderchirurg.» Sie lächelte geziert. «Ihr seht, ich weiß genau über Euch und Eure Freunde Bescheid.»
Miras Blick wanderte von Harro zu Hein und dann zu Beede. Die beiden überaus großen und kräftigen Männer glichen einander bis auf die Haarfarbe so sehr, dass an ihrer nahen Verwandtschaft keinerlei Zweifel bestehen konnte. Auch Dora trug ähnliche Gesichtszüge.
Also hatte sich Beede mit diesen drei Geschwistern umgeben, die sie wohl seit ihrer Kindheit kannte und die ihr treu ergeben
Weitere Kostenlose Bücher