Verschwörung im Zeughaus
einem Finger angerührt habt, werdet Ihr Euch wünschen, niemals geboren worden zu sein.»
«Mira von Raderberg?» Palm starrte ihn verblüfft an. «Wer ist das?» Fahrig kratzte er sich am Kopf, der von schütterem, braunem Haar bedeckt war. «Halt, ist das nicht dieses adelige Mädchen, das in der Apotheke Eurer Gattin arbeitet?», wandte er sich an Neklas. «Was ist mit ihr?»
«Das solltet Ihr uns verraten, und zwar rasch», blaffte Tilmann.
«Ich? Aber was in aller Welt habe ich mit ihr zu schaffen? Ich kenne sie ja nicht einmal.»
Neklas verstärkte den Druck auf Tilmanns Arm.
«Ihr kennt sie also nicht», sagte er bedeutend ruhiger, jedoch in nicht weniger drohendem Tonfall. «Vielleicht könnt Ihr uns dann stattdessen erklären, was der Knecht Harro, der, wie Euch bekannt sein dürfte, von Vogt und Schöffen wegen eines brutalen Überfalls gesucht wird, in Gesellschaft Eurer Gemahlin in Eurem Haus am Waidmarkt zu suchen hatte.»
«Wie bitte?» Der Ratsherr wurde nun aschfahl. «Was sagt Ihr da?»
«Nun tut nicht so!», schnauzte Tilmann ihn an. Er schäumte vor Zorn und hielt sich nur mit Mühe zurück, Palm an die Gurgel zu gehen. «Wollt Ihr etwa leugnen, dass Ihr Harro angestiftet habt, die Familie meiner Schwester zu bedrohen?»
«Aber … das habe ich wirklich nicht getan», beteuerte Palm sichtlich verstört. «Weshalb sollte ich?»
«Weil Ihr wusstet, dass wir Euren Missetaten auf die Schliche gekommen sind», erklärte Tilmann und fixierte Palm mit stechendem Blick. «Ihr habt erfahren, dass Clais van Dalen und ich Beweise für Eure Beteiligung an der Verschwörung gegen den Rat gesammelt hatten, die Ailff van Wesel angezettelt hat. Daraufhin ließet Ihr Clais im Zeughaus überfallen und ermorden, und mich sollte das gleiche Schicksal ereilen. Zu dumm nur, dass ich den Angriff überlebt habe, nicht wahr? Deshalb musstet Ihr Euch etwas Neues einfallen lassen. Ihr habt Harro aufgehetzt, die Familie meiner Schwester zu bedrohen, damit sie meinen Aufenthaltsort verrät. Es sollte so aussehen, als hätte ich Clais umgebracht, denn wenn ich schon nicht sein Schicksal teilte, so würdet Ihr wenigstens dafür sorgen, dass man mich wegen Mordes anklagt und verurteilt. Ist es nicht so?»
«Hauptmann Greverode …» Palm japste erschrocken, als Tilmann ihn am Kragen seines Wamses packte und durchschüttelte.
Neklas und Jupp fassten Tilmann rasch an den Armen und zogen ihn von dem Ratsherrn fort, jedoch nur so weit, dass sich Palm wieder ein wenig fangen konnte.
«Ihr irrt Euch», keuchte Palm und zerrte fahrig an der Verschnürung seines Hemdes. «Nein, bitte», wehrte er hastig ab, als Tilmann erneut auf ihn losgehen wollte. «Ich … ich wusste nicht … wollte nicht … Lieber Gott, ja, ich habe mit dem Grafen ein Geschäft abgeschlossen, aber dabei ging es nur um Geld, das müsst Ihr mir glauben. Mit dem Verschwinden dieses Mädchens habe ich nichts zu tun.»
Neklas und Jupp sahen einander kurz an und gaben Tilmann ein Zeichen, zurückzutreten.
«Ich schlage vor, wir setzen uns in Eure Stube, Herr Palm, und Ihr erzählt uns alles von Anfang an.» Neklas suchte den Blick des Ratsherrn, und dieser nickte nach kurzem Zögern. Er führte die drei Männer in einen kleinen, jedoch mit wertvollen Möbeln ausgestatteten Raum. Schweigend ließen sie sich an dem dunklen Eichentisch nieder.
Evert Palm fingerte noch immer nervös an seinem Hemd herum und schien nicht zu wissen, wie er beginnen sollte.
Tilmann musterte ihn mit deutlicher Abneigung.
«Nun, sprecht endlich! Was hat van Wesel Euch für Eure Betrügereien geboten?»
Palm räusperte sich. «Eine Beteiligung an den erbeuteten Geldern, natürlich. Er hat eine Räuberbande gedungen, all jenen Reisenden aufzulauern, die aus Köln stammen und über sein Land kommen.»
«Weil er nicht auf die Einnahmen durch den Zoll verzichten wollte, der normalerweise beim Durchqueren seiner Ländereien fällig wird?», ergänzte Tilmann. «Als er Edelbürger von Köln wurde, hat er den Kölner Bürgern Zollfreiheit versprechen müssen.»
«Ja.» Wieder nickte Palm.
«Ihr wart aber nicht der einzige Helfer innerhalb der Stadtmauern.»
«Ähm …» Der Ratsherr lief rot an und wand sich.
«Wer ist noch an der Verschwörung beteiligt?» Tilmanns Stimme wurde wieder eine Spur lauter.
«Ich kann nicht …»
«Veit Liesborn?»
Die Augen des Ratsherrn weiteten sich.
«Wer noch?»
«M-Mats Thönen, d-der Gerichtsschreiber» stammelte Palm. «Aber das
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