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Verschwörung im Zeughaus

Verschwörung im Zeughaus

Titel: Verschwörung im Zeughaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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hätten wir dich vermutlich bereits begraben müssen. Sie hat mit ihren Heilkünsten dafür gesorgt, dass der Wundbrand dich nicht in den Tod riss.»
    Tilmann runzelte überrascht die Stirn. «Das alte Weib hat mich also gerettet? Wie hat sie das gemacht?»
    «Mit Maden.» Adelina wusste selbst nicht, warum sie es tat, aber wenn sich eine Gelegenheit bot, konnte sie sich nicht beherrschen, ihn ein wenig zu reizen. Gleichzeitig hoffte sie, dass das seine Lebensgeister noch weiter wecken würde.
    «Mit Maden?», echote er prompt entsetzt. «Was soll das heißen?»
    Betont beiläufig zuckte Adelina die Achseln. «Sie hat dir einen Umschlag mit lebenden Maden gemacht», erklärte sie und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als sie den entgeisterten Gesichtsausdruck ihres Bruders wahrnahm.
    In einer Mischung aus Entsetzen und Abscheu wollte er nach seinen Verbänden greifen, sie lösen.
    Sogleich umfasste sie seine Handgelenke, um ihn daran zu hindern.
    «Nicht», ermahnte sie ihn. «Ludmilla sagt, die Maden müssen noch ein wenig länger an Ort und Stelle bleiben. Es kann sein, dass du ein leichtes Kribbeln verspüren wirst.»
    «Heiliger Vater im Himmel!», krächzte Tilmann. «Ihr lasst mich bei lebendigem Leibe von Maden auffressen? Welche teuflischen Mächte haben euch das denn eingegeben?»
    Adelina kräuselte die Lippen. «Keine teuflischen Mächte», korrigierte sie in hochmütigem Ton, «sondern die alten Griechen und Araber. Denn schon sie haben schwärende Wunden mit Hilfe von Maden geheilt. Ludmilla hat uns erklärt, dass die Maden nur das entzündete und kranke Fleisch fressen. Wie es aussieht, hat sie damit recht gehabt. Dein Fieber ist gesunken, und wie es scheint, ist die Gefahr, dass du stirbst, nicht mehr so groß wie noch vor wenigen Tagen.»
    Ein unverständliches Knurren ausstoßend drehte Tilmann den Kopf auf die andere Seite und starrte eine Weile lang vor sich hin. Dann wandte er sich wieder seiner Schwester zu.
    «Ich kann nicht behaupten, dass mir ihre Methoden gefallen. Aber sei es drum. Da mein Ableben zu diesem Zeitpunkt denkbar ungünstig gewesen wäre, darf ich mich wohl kaum beschweren, dass sie ihre gottlosen Heilkünste an mir ausprobiert hat. Aber Adelina …» Er hielt für einen Moment inne und schluckte. «Maden?»
    Adelina ging nicht weiter darauf ein, sondern tauchte ein sauberes Tuch in den Wassereimer, der wie immer neben dem Krankenlager stand, wrang es aus und rieb damit vorsichtig über sein Gesicht. Er ließ es sich gefallen, obgleich sie an seinem Blick erkennen konnte, dass es ihm nicht recht war. Kein Wunder. Ein starker, unabhängiger Mann wie Tilmann Greverode, Hauptmann der Stadtsoldaten und gewiss noch niemals von jemandem abhängig gewesen, konnte es nur schwer ertragen, auf Hilfe angewiesen zu sein. Auch hierin waren sie sich denkbar ähnlich, erkannte Adelina. Vielleicht hatte Mira recht, und sie verstanden sich nur deshalb nicht besonders gut, weil sie einander in vielen Dingen auffallend glichen.
    «Wer hat dir das angetan?» Sie tauchte das Tuch noch einmal ins Wasser und tupfte sanft über seine Schultern und den Brustkorb.
    Tilmanns Miene verfinsterte sich. «Ich weiß es nicht. Alles, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich spätabends das Zeughaus betreten habe. Ich wollte mich dort mit Clais treffen.» Er hustete wieder. Rasch half ihm Adelina, noch ein paar Schlucke Wasser zu trinken. Dann sprach er weiter: «Er war nicht dort. Oder noch nicht dort. Vielleicht war er aber auch schon tot.» Ein Ausdruck tiefsten Bedauerns glitt über seine Miene. Für einen Moment schloss er die Augen. «Hat man ihn schon begraben?»
    Adelina nickte betrübt. «Gleich am Tag, nachdem der Mord geschehen war.»
    «Er war ein guter Freund.» Seufzend blickte Tilmann hinauf zur Decke. «Wenn ich die Bastarde finde, die ihm das angetan haben …» Er schüttelte den Kopf, schien sich nur mit Mühe beherrschen zu können.
    Besorgt musterte Adelina ihren Bruder. Es war ganz sicher nicht gut, wenn er sich in seinem Zustand zu sehr aufregte.
    «Im Eingangsbereich des Zeughauses standen mehrere Kisten mit Büchsen und Armbrüsten», erzählte er weiter. «Eine davon schien geöffnet worden zu sein. Sie enthielt Armbrustbolzen.»
    «Bolzen?», fragte Adelina verwundert nach.
    Tilmann nickte. «Einer der Gründe, weshalb wir uns im Zeughaus hatten treffen wollen. Kaum, dass ich den Deckel der Kiste wieder verschlossen hatte, tauchten hinter mir zwei Fremde auf. Beide groß,

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