Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
Schritt auf der Wiese herum, als auf dem Feldweg eine mächtige Staubwolke herannahte. Ambrus Kendy war es, der ankam, der vorzügliche Onkel Ambrus. Voran fuhr eine Kalesche, in der er selber saß, zusammen mit dem jüngsten Alvinczy, mit Ákos, beide pafften hochherrschaftlich ihre Zigarren. Auf dem Bock ein Diener, er hielt auf den Knien einen großen Korb voller Blumen, die Ambrus für Adrienne mitgebracht hatte. Die Frauen, so sagte er sich, mögen dergleichen, und selbst wenn sie sich nicht dankbar erweisen, so schadet es nicht, wenn die Leute sehen, dass er »der feinen kleinen Frau« Blumen mitbringt. Die Leute werden am Ende doch nicht glauben, dass er dies vergeblich tue. Und wenn er es schon vergeblich tut, dann soll es wenigstens ein Gemunkel geben.
Hinter Kendys Gespann folgten zwei Fiaker, im nächsten eingeklemmt Laji Pongrácz mit der Hälfte seiner Kapelle, während man ins dritte Fahrzeug einen Tisch, Stühle, Champagnerkistchen und allerlei andere Getränke geladen hatte, die ein Kellner begleitete; neben dem Kutscher ragte eine Bassgeige hoch, ängstlich umfasst von einem Diener der Zigeuner.
Onkel Ambrus fluchte vorerst einmal saftig und laut, nachdem er abgestiegen war; hernach begab er sich zu Adriennes Landauer. Der Diener schritt mit den Blumen hinter ihm her.
»Himmelsakra, diese früh aufstehenden Schönheiten!«, rief er lachend, während er den Frauen die Hand küsste. »Ja, da ziehe ich bei Morgengrauen los, lasse mich auf Feldwegen durchrütteln, fahre über Stock und Stein, nur um Sie hier würdig mit Blumen und Musik zu empfangen, und man sehe sich an, wie Sie mich beschämen, Sie sind vor mir da! Hii-ii-ii! Möge doch der Satan in mein bösartiges Herzeleid fahren!« Und während er sich tief verbeugte, stampfte er kurz, um dann nach hinten dem Primas zuzurufen: »Spiel meine traurige Weise, du Tölpel! Siehst du nicht, wie betrübt ich bin?«
»Ein liebenswerter Verrückter, das bist du wirklich!«, lachte ihm Frau Laczók entgegen, Ambrus’ Cousine, die ihn für ein goldenes Gemüt hielt. Auch Adrienne lachte, freilich ein wenig frostig, auf die Wahrung von Abstand bedacht. Sie wusste wohl, dass Kendys Ausflug ihr galt, dass er auf seine Art tatsächlich in sie verliebt war, dass aber alles auch dazu diente, über Ambrus und sie Klatsch entstehen zu lassen. Dass es ihm daran lag, sie ins Gerede zu bringen, so wie er es bisher schon getan hatte, dazu waren die Blumen da und die Zigeuner, die hier früher bei der Hubertus-Jagd noch nie etwas verloren hatten und über die nun natürlich alle tuscheln würden. All dies wusste sie sehr wohl, doch sie ließ sein Getue zu und ermunterte Ambrus sogar ein wenig. Es war nützlich, wenn man über sie Dinge solcher Art verbreitete.
Unwahre Dinge. Klatschte man auf diese Weise, dann sprach man nicht über die Wahrheit. Darüber, dass Bálint tags zuvor von Budapest angekommen und schon am Nachmittag bei ihr gewesen war und auch später … in der Nacht … Einzig auf solche Art, wenn die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung abgelenkt wurde, konnte sie das gefährliche Spiel spielen, an dem sie mit ihrem ganzen Wesen hing. Darum lachte sie kühl, darum steckte sie sich eine Blume aus Ambrus’ Korb an die Brust.
Unterdessen kamen aus der Stadt und der Umgebung mehr und mehr Gespanne an – allerlei Fahrzeuge, von den Gondeln unserer Großmütter bis zum verrücktesten Tarantas. Die Damen blieben bei der Ankunft in den Kutschen und winkten einander nur so zu, doch die Männer stiegen aus, gingen herum und grüßten. Der von Ambrus mitgebrachte Tisch, wo Wein ausgeschenkt wurde, hatte natürlich ebenso großen Erfolg wie die Zigeuner, obwohl jedermann wusste, dass der Master, der Jagdherr, sich wegen dieser Neuerung sehr ärgern würde. Es war in der Tat höchst unsportlich, zum Meet Zigeuner und Champagner mitzubringen, doch das verlieh dem Vergnügen erst recht Würze, denn es gehört nun einmal zur Natur der Siebenbürger, sich am Ärger anderer zu ergötzen.
Nun kamen Reiter an, manche auch in Gruppen. Sie kamen, als sie auf die Wiese trabten, alle von jenseits der Straßenkehre, denn der Sitz der Jägervereinigung, das sogenannte Hubertus-Heim, ferner der Hundezwinger, der kennel , das Clubhaus und die Stallungen, wo die Mitglieder ihre Pferde hielten, befanden sich gegenüber der Bahnhaltestelle von Alsózsuk.
Auch etliche ältere Herren waren nun da, so Szaniszló Gyerőffy, Lászlós einstiger Vormund; er ritt auf einem
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