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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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grobknochigen Rappen. Dann hatte sich der andere Sándor Kendy eingefunden, den man zur Unterscheidung von »Kajsza«, dem schiefen Maul, »Zindi« nannte, sowie Major Bogácsy, seit seiner Pensionierung Assessor beim Waisenhaus, der auf einem mächtigen, ins Hellbraune spielenden Falben einhersprengte. Auch von den Jüngeren waren schon viele da, unter ihnen Farkas Alvinczy, Isti Kamuthy, Pityu Kendy und Bálint. Während Bálint Adrienne nur aus der Ferne grüßte und die Gesellschaft um die Kutschen mied, drängten sich die anderen um die Kaleschen.
    Bogácsy stolzierte neben dem Wagen der Milóths. In der Mädchenzeit der Gräfin Ida war er deren Tänzer gewesen, und seit zwanzig Jahren gefiel er sich in der schmeichelhaften Annahme, dass Ida Kendy seine Frau geworden wäre, wenn er damals um ihre Hand angehalten hätte. Unter seinem Katerschnurrbart, den er sich mächtig groß hatte wachsen lassen, und durch sein keckes Monokel hindurch lächelte er darum im Zeichen der rührseligen Erinnerung, obwohl er sonst immer eine ungeheuer gestrenge Visage zur Schau trug, galt er doch als der vollendete Duellsekundant und der gelehrte Sachverständige in Fragen der Ehre. Sein Schmerbauch nahm sich übrigens recht eindrücklich aus hinter den gerippten Goldtressen, denn er hatte heute Uniform angezogen: Möge man doch sehen, dass sein gegenwärtiges bürgerliches Amt im Grunde von einem strammen Kriegsmann verwaltet wurde.
    Bei Adrienne war bisher einzig Onkel Ambrus gestanden. Als sich aber Reiter einstellten, begab er sich zurück zum Weintisch und zur Zigeunerkapelle, da er spürte, dass sich einer, der zu Fuß ging, gegenüber Männern hoch zu Ross im Nachteil befand. Selbst gegenüber Pityu oder Isti Kamuthy, die zu Pferd daherkamen und den Damen aus dem Sattel den Hof machen durften. Und einen Vorteil genossen sie nur schon wegen ihrer Jagdkleidung. Die meisten trugen einen grünen Rock mit Goldknöpfen, wie es sich bei der Jagd mit Harrier-Hasenhunden gehörte, der eine oder andere erschien aber heute auch in roter Jacke, was laut dem Gesetz nur bei der Fuchs- oder Hirschjagd erlaubt war. Der Hubertustag aber galt als Ausnahme, zumindest bei uns in Siebenbürgen hielt man es so.
    Alle präsentierten sich in weißen breeches und mit Kappenstiefeln, und alle trugen eine schwarze, runde Samtmütze. Isti allein hatte sich einen Zylinder auf den Kopf gesetzt, und nun machte er um die Kutschen die Runde, um den Damen lispelnd zu erklären: »Die runde famtene Mütfe ift regelwidrig. In Englönd gebührt fie nur dem Mafter und dem Huntfman … fie ift regelwidrig …«
    Aber niemand achtete auf seine Erklärungen. Der Anblick war wunderbar, er fesselte alle. Die vielen Farben im hellen herbstlichen Sonnenschein, grün und rot gekleidete Reiter, glänzend gestriegelte Pferde und in der Runde die wartenden Paradegespanne und darin die bunten Gewänder der Mädchen – all dies zusammen ergab ein wahrhaft schönes Bild, einem englischen Stich ähnlich.

    Einzig die Modernität eines Autos störte das Bild. Dodó war damit angekommen, hergereist mit ihrem frischgebackenen Ehemann, Udo von der Maultasch, dem vortrefflichen Deutschen. Seitdem Udo vor sechs Wochen das reichste Siebenbürger Mädchen geheiratet hatte, tat er nicht mehr so bescheiden wie während der Zeit der Brautwerbung. Er stieg aus dem Auto gleich aus, machte in alle Richtungen einen Rundgang, und wen er sich vorknöpfen konnte, den belehrte er laut, man müsse das alles anders anstellen, denn »bei uns in Pommern« 72 mache man das eben anders. Ein Glück, dass Maultasch zu Fuß daherkam, sodass es den Reitern leichtfiel, ihn stehenzulassen; folglich landete er beim Weinausschank. Hier fiel ihm einzig Ákos Alvinczy zum Opfer, denn Onkel Ambrus, der ebenso dort saß, wehrte ihn mit einem volkstümlichen Spruch ab. Die arme Dodó blieb auf solche Weise allein in ihrem neu gekauften riesigen Mercedes, und niemand kümmerte sich um sie, niemand näherte sich ihr.
    »Das stinkende Auto!«, sagten die Leute. »Sie haben es hergebracht, um die Pferde verrückt zu machen!«
    Die kleine Margit allein erbarmte sich Dodós. Sie entstieg ihrem Amerikaner und ging zu ihr zu einem Schwatz hinüber. Denn die kleine Margit hatte ein gutes Herz, und im Übrigen besaß Dodó ein kleineres Gut neben Tóhát, wo Margit künftig wohnen würde, Klugheit gebot folglich, mit ihr auf gutem Fuß zu stehen, vielleicht könnte Ádám später einmal das Gut zu einem Freundschaftspreis

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