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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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darstellen. Und er ist im Glauben, er könne auf diese Art Kraft sammeln zu seiner zweifellos ungewohnten, aber sehr interessanten Arbeit.«
    Etwas anderes lasse sich vorläufig nicht tun. Man müsse warten, bis diese unterschwellige Erregung abklinge. Und zur Erklärung legte er kurz dar, dass bei Individuen wie Uzdy Perioden der Exaltation und der Ruhe einander ablösten. Letztere könnten sogar mehrere Jahre umfassen. Auch eine endgültige Heilung sei nicht ausgeschlossen. Und nun folgte der entscheidende Satz, den Adrienne unter Herzklopfen erwartete. Wolf Hermann Kischs Stimme gewann an Tiefe, als er die letzten Worte gedehnt aussprach: »Bei dieser heute latenten Erregung könnte jede seelische Erschütterung irgendeiner Art eine heftige Krise zum Ausbruch bringen, die nicht ohne ernste Folgen bliebe …« 86
    Klare Sprache. Sie meinte ihre Scheidung. Das, was sie erwartet und erhofft hatte, wonach sich ihr ganzes Frauenwesen sehnte. Daran, dass Dr. Kisch danach beim Abschied noch einige ermunternde, Hoffnung verheißende Worte ausgesprochen hatte, erinnerte sie sich erst später. Jetzt und hier überwältigte sie einzig der Schmerz der Enttäuschung, das Bewusstsein abermaligen Zwangs zur Verzögerung.
    Sie blieb am Fuß des Baums zurück. Sie blickte geradeaus auf den so wohlbekannten Kahlschlag, vor dem sie so oft gestanden war, auch auf die Windschneise in der Nähe und auf den Pfad, der zu der Hütte führte, die Bálint für ihre Liebe als Obdach hatte erbauen lassen. Ihr war, als schwebten langsam Nebelschleier auf sie zu, als engten sie zunehmend ihre Sicht ein, immer mehr, immer dunkler, bis dann die ganze Welt schwarz wurde. Ihre Knie knickten ein, lautlos glitt sie den Stamm entlang und blieb, von den Wurzeln des Baumriesen umklammert, bewusstlos liegen.
    Ihre Ohnmacht musste lange gedauert haben. Sie kam erst zu sich, als ihr die Mittagssonne ins Gesicht schien. Sie fand sich auf dem Moosbett wieder, wo sie einst an jenem Maiabend einander in die Arme gesunken waren.

III.

    Bálint erhielt Adriennes ersten Brief in Dénestornya. Den zweiten schon in Budapest. Dazwischen wurden ihm nur zwei Zeilen übergeben, die Addy dem Vizeförster, András Mézes Zutor, hatte zukommen lassen. Darin stand nur so viel: »Wir können einander nicht sehen. Noch lange nicht. Ich schreibe an Dich nach Budapest.« Bálint hatte sie nämlich auf ihre erste, recht karge Mitteilung hin um ein Treffen gebeten und sie wissen lassen, er sei bereit, den Weg zur Waldhütte zu machen.
    Zwar bereitete es ihm eine gewisse Erleichterung, dass er dem Bruch mit der Mutter einstweilen ausweichen konnte, schwer aber belastete ihn der traurige Ton, der in Adriennes Sätzen mitklang. Deshalb hauptsächlich reiste er nach Kalotaszeg. Er wollte mündlich mitgeteilte Einzelheiten hören und die Zukunft besprechen; zu Hause hielt er es ohnehin kaum mehr aus, so frostig und gespannt war das Verhältnis zwischen Frau Abády und ihrem Sohn geworden. Die im täglichen Leben gebrauchten Wendungen setzten sich trotz ihrer Selbstdisziplin aus lauter gekünstelten Wörtern zusammen, als unterhielten sich zwei Nachtwandler; die gemeinsamen Mahlzeiten, die Spaziergänge zur Besichtigung der Pferde, im Park oder in der Gärtnerei – alles war nur Verstellung; ihre Gesten trugen die Erwartung in sich, dass der Sturm jeden Augenblick losbrechen könnte. Trotzdem beachteten sie die äußeren Formen.
    Bálint las vor seiner Abreise der Mutter den Bericht vor, den ihm der Forstingenieur Winkler geschickt hatte. Darin hieß es, dass sich in diesem Sommer im Hochgebirge Hirsche gezeigt hätten. Vermutlich stammten sie aus den Bergen von Gyalu oder aus Dobrin, wo man auf dem Andrássy-Gut schon Jahrzehnte zuvor Großwild ausgesetzt hatte. Zwei Gruppen von Hirschkühen waren festgestellt worden, zu denen einige jüngere Männchen gehörten, man hatte aber einige Male auch Hirsche mit reich verzweigtem Geweih gesehen, und es galt als unsicher, ob es sich jeweils um das gleiche Exemplar oder um mehrere alte Bullen gehandelt hatte.
    Bálint legte dieses Schreiben vor und setzte auseinander, wie erfreulich es wäre, wenn es gelänge, die Hirsche zum Bleiben zu veranlassen. Deshalb reise er hin, er habe die Absicht, größere Salzlecken und für den Winter Futterkästen aufstellen zu lassen. Róza Abády glaubte ihm natürlich kein Wort. Sie wusste, dass von Almáskő ein Brief gekommen war. Für sie stand fest, dass ihr Sohn dieses Reiseziel hatte. Sie schaute

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